Urlaub in Greetsiel So viel Arbeit steckt hinter den Ortsführungen

| | 16.05.2024 14:06 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Die neuen Gästeführer Jürgen Lichtsinn, Gerd Uken, Christine Trei, Johann Willms (von links) mit ihrer Koordinatorin Doris Voss (Mitte). Fotos: Ortgies
Die neuen Gästeführer Jürgen Lichtsinn, Gerd Uken, Christine Trei, Johann Willms (von links) mit ihrer Koordinatorin Doris Voss (Mitte). Fotos: Ortgies
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Greetsiel hat vier neue Gästeführer, die das Fischerdorf in ihren Führungen von seiner schönsten Seite präsentieren. Uns erzählen sie, wie ihre Ausbildung ablief und was eine gute Führung ausmacht.

Greetsiel - Die Ausbildung als Touristenführer haben sie gerade erst abgeschlossen, aber Greetsiel kennen sie wie ihre eigene Westentasche: Jürgen Lichtsinn, Gerd Uken, Christine Trei und Johann Willms führen von nun an interessierte Besucher durch „ihr“ Greetsiel. Wir haben sie bei einer kurzen Probeführung begleitet und nachgefragt, was man eigentlich alles können muss, um Besucher durch das Dorf zu führen.

Die Touristik GmbH Krummhörn-Greetsiel bietet eine Vielzahl an Gästeführungen an. Neben den Ortsführungen, die ganzjährig stattfinden, kann man unter anderem auch an Nachtführungen, Schöpfwerksführungen oder einer kulinarischen Entdeckungstour teilnehmen. Die vier neuen Gästeführer helfen nun dabei, dieses Angebot zu erweitern. Die Touristik GmbH geht davon aus, in diesem Jahr wieder mehr als 100 Führungen anbieten zu können.

Eigene Schwerpunkte setzen

Doch bei so vielen Führungen braucht man vor allem eins: die nötige Vorbereitung. „Jede Gruppe hat eine andere Dynamik“, bestätigen alle vier Gästeführer um die Koordinatorin der Führungen, Doris Voss. Darum sei es manchmal auch eine Herausforderung, die Gruppen mit einer Größe von bis zu 25 Teilnehmern beisammenzuhalten. Um das zu schaffen, müssen die Führungen vor allem interessant und abwechslungsreich für die Gäste sein. Dafür haben die Gästeführer eine passende Lösung gefunden. „Jeder darf gerne eigene Schwerpunkte aussuchen“, sagt Voss. Sie laufen nicht immer alle die gleiche Route entlang. Die verschiedenen Stops während der Führungen, von der Touristik als Module bezeichnet, werden von den unterschiedlichen Gästeführern in variierender Intensität behandelt.

So bringt Trei den Gästen gerne die Geschichte der Kirche im Ortskern näher, während Lichtsinn sich besonders mit dem alten Steinhaus auskennt. Uken und Willms befassen sich hauptsächlich mit der Geschichte des Schöpfwerkes und den namensgebenden Sielen im Fischerdorf. Sie bestätigen alle, dass es nicht ausreiche, im Dorf oder in der Region geboren zu sein. Dieser Fakt allein mache noch lange keinen guten Gästeführer aus. „Man lernt es erst in der Praxis so richtig, wenn man bei vielen Führungen mitgeht oder auch schaut, wie die anderen ihre Führungen gestalten“, sagt Voss. Generell lernen sie alle viel voneinander, sagt die Gruppe. „Wir haben ja auch alle unsere Lebenserfahrung, die spielt da auch mit rein“, so Trei.

Die vier Krummhörner freuen sich auf ihre neue Aufgabe als Gästeführer in Greetsiel.
Die vier Krummhörner freuen sich auf ihre neue Aufgabe als Gästeführer in Greetsiel.

Deutliche Aussprache muss erlernt werden

Ihre Ausbildung haben sie alle bei der Ländlichen Erwachsenenbildung in Niedersachsen (LEB) absolviert. Vor Ort in Bad Zwischenahn lernten sie in verschiedenen Modulen, was zu den Aufgaben eines Gästeführers gehört. Dabei ging es vor allem um grundlegende Themen, zum Beispiel um die Frage: Wie führt man Gäste überhaupt? „Da gibt es viele Punkte, auf die man während einer Gästeführung allgemein achten muss. Man muss die Leute so platzieren, dass sie das Objekt gut sehen können und auch so, dass sie nicht in die Sonne schauen müssen“, sagt Trei. Auch das Erlernen von anderen praktischen Fähigkeiten wie etwa die deutliche Aussprache und eine angepasste Sprechlautstärke gehörten zur Ausbildung zum Gästeführer dazu.

Zudem wurde den Gästeführern beigebracht, wie sie eine solche Führung am besten strukturieren können, so dass sich ein roter Faden thematisch durch die Führung zieht. Auch das Zeitmanagement spiele eine bedeutende Rolle, da sind sich alle einig. „Eine solche Führung muss interessant, aber auch kompakt sein“, so Willms. Auch wenn sie selbst alle über ganz viel Fachwissen zur Geschichte Greetsiels verfügen, müssen sie dieses Wissen in leicht verständlicher Form wiedergeben.

Ausbildung in Bad Zwischenahn

„Früher nahm diese Ausbildung mit Stern 155 Stunden in Anspruch“, sagt Voss. Dieses Volumen an Schulstunden habe aber viele interessierte zukünftige Gästeführer abgeschreckt, zeigte die Erfahrung. Folglich habe man diese Hemmschwelle etwas verringert. Die vier neuen Gästeführer hatten in der Grundausbildung 55 Stunden zu absolvieren, daraufhin folgte für jeden von ihnen eine schriftliche Prüfung sowie eine Praxispräsentation.

Die Kosten für die Ausbildung übernahm die Touristik GmbH Krummhörn-Greetsiel, unter der Bedingung, dass die frisch ausgebildeten Gästeführer dem Fischerort in dieser Funktion für mindestens zwei Jahre erhalten bleiben. Momentan führen zwölf aktive Gästeführer Besucher durch Greetsiel. Sie arbeiten auf Honorarbasis und freiberuflich, erklärt Voss.

Großes persönliches Interesse ist wichtig

Und was gefällt den Gästeführern besonders an ihrer neuen Aufgabe? „Wir können die Gäste so durch Greetsiel führen, wie wir es für richtig halten“, sagt Trei. Das habe zur Folge, dass keine Führung einer anderen gleicht. „Einen Überblick über die grundlegenden Fakten muss man natürlich haben“, so Willms. „Die richtigen Jahreszahlen muss man kennen und die Namen von ehemaligen Häuptlingen zum Beispiel.“ Aber: „Man kann nie alles wissen“, sagt Lichtsinn. „Ich wurde mal gefragt, wie alt die Krabben eigentlich sind, die bei den Krabbenfischern im Netz landen“, berichtet Lichtsinn. „Darauf wusste ich wirklich keine Antwort.“ In solchen Fällen sei es keine Schande, wenn sie mal eine besonders knifflige Frage eines Gastes nicht beantworten können. Stattdessen sehen die Gästeführer das als Anreiz, sich über neue Themenbereiche zu informieren und wieder etwas hinzuzulernen.

Die gesamte Gruppe teilt die große Leidenschaft für ihre neue Aufgabe. „Sie brennen wirklich dafür“, sagt Voss stolz. Dieses große persönliche Interesse sei auch notwendig für gelungene Führungen. Gäste würden es merken, wenn alles geschauspielert wäre. „Man muss authentisch bleiben“, so Willms. Und das sind sie, das merkt man auch an ihrer Fürsorge für die Gästegruppen. „Man schaut auch immer nach der Gruppe. Zum Beispiel achte ich darauf, dass ich an einem warmen und sonnigen Tag wie heute viel mit den Leuten im Schatten stehe“, sagt Trei.

Gästeführungen bieten Ausgleich in der Rente

Die Idee dazu, in Greetsiel als Gästeführer zu arbeiten, wurde bei vielen in der Gruppe durch den Renteneintritt ausgelöst. „Ich hatte 40 Jahre lang einen Betrieb und dann war da auf einmal nichts mehr. Ich kannte Doris Voss schon und dann kam da diese Idee mit der Ausbildung zur Gästeführerin auf“, berichtet Trei. Uken bezeichnet sich selbst als Quereinsteiger. Seine verstorbene Frau hatte damals mit der gemeinsamen Tochter die Grundausbildung abgeschlossen. Er war oft dabei, als es um die Vorbereitungen der Führungen ging und hat auf diese Weise schon viel mitgenommen. Als seine Frau dann verstarb, entstand die Idee, ihre Aufgabe als Gästeführerin in dieser Form fortzuführen, sagt er. Nun freut er sich mit den anderen Kollegen darauf, den Gästen das schöne Greetsiel vorzustellen.

Wer die neuen Gästeführer gerne persönlich in ihrer neuen Funktion kennenlernen möchte, kann sich für eine der zahlreichen Führungen anmelden. Das geht entweder vor Ort bei der Tourist-Info Greetsiel oder im Internet unter shop.greetsiel.de.

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