Algier (dpa)

Algeriens Ex-Präsident Bouteflika stirbt mit 84 Jahren

| 18.09.2021 01:23 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Der italienische Premier Berlusconi (l-r), der russische Präsident Putin, der zukünftige irakische Präsident Ghasi el Jawar und der algerische Präsident, Abdelaziz Bouteflika während eines Fototermins beim G8-Gipfel 2004. Foto: Peer Grimm/dpa
Der italienische Premier Berlusconi (l-r), der russische Präsident Putin, der zukünftige irakische Präsident Ghasi el Jawar und der algerische Präsident, Abdelaziz Bouteflika während eines Fototermins beim G8-Gipfel 2004. Foto: Peer Grimm/dpa
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Fast 20 Jahre war Bouteflika im größten afrikanischen Land an der Macht. Obwohl er gesundheitlich schwer angeschlagen war, kündigte er eine erneute Kandidatur an. Auch sein Nachfolger ist umstritten.

Algeriens früherer Staatschef Abdelaziz Bouteflika ist nach schwerer Krankheit im Alter von 84 Jahren gestorben. Das berichtete das algerische Staatsfernsehen in der Nacht zum Samstag.

Die Massenproteste gegen den langjährigen Präsidenten hatten das größte afrikanische Land 2019 in eine tiefe politische Krise gestürzt. Vorher hatte Bouteflika das Land seit 1999 für vier aufeinanderfolgende Amtszeiten regiert und geholfen, es aus seinem „schwarzen Jahrzehnt“ eines blutigen Bürgerkrieges zu führen.

Bouteflika wurde 1999 zum Staatschef gewählt und überstand auch zunächst die Proteste in der arabischen Welt 2011. Im Westen galt er als verlässlicher Partner im Kampf gegen den Terror, in Algerien selbst sollte er das Land nach einem blutigen Jahrzehnt des Bürgerkrieges wieder versöhnen - was ihm mit Hilfe des Militärs und politischer Netzwerke auch zunächst gelang. Sein politisches Geschick hatte ihm zuvor schon in seinen 16 Jahren als Außenminister genutzt.

Mehr und mehr wurde aber Widerstand gegen Bouteflika laut. In den letzten Jahren seiner Amtszeit trat der nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzende Präsident kaum noch öffentlich in Erscheinung. Selbst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel musste 2017 einen Besuch in letzter Sekunde absagen, weil es der Gesundheitszustand Bouteflikas nicht zuließ. Mehrfach ließ er sich im Ausland behandeln.

Als Bouteflika trotzdem ankündigte, im Frühjahr 2019 für eine fünfte Amtszeit kandidieren zu wollen, entlud sich der Zorn in Algerien. Massenproteste mit Millionen Teilnehmern waren die Folge. Die Demonstranten forderten dabei seinen Abschied aus der Regierung. Das Militär entzog ihm schließlich die Unterstützung und Bouteflika trat wenige Tage vor Ende seiner vierten Amtszeit zurück.

Die Proteste in Algerien hielten jedoch an. Im Nachfolger Abdelmadjid Tebboune an der Staatsspitze und der Regierung sehen die Demonstranten die Fortsetzung der alten Machtelite Bouteflikas. Sein Rücktritt ließ jedoch Raum für neue Machtkämpfe: Der jüngere Bruder und Berater des Präsidenten, Said Bouteflika, der vielen Beobachtern als potenzieller Nachfolger galt, wurde ebenso verhaftet wie viele Wirtschaftsbosse algerischer Unternehmen. Die Wirtschaftslage verbesserte sich auch nach dem Abgang Bouteflikas zunächst nicht.

Nach Meinung politischer Beobachter war das Handeln Bouteflikas von drei großen Leitlinien bestimmt: der Beendigung des Bürgerkriegs, der Beendigung der internationalen Isolation Algeriens sowie der Einschränkung der Macht der Militärs. Von diesen selbstgestellten Aufgaben konnte er zumindest bei den ersten beiden Erfolge erzielen. In dem Bürgerkrieg waren je nach Schätzungen zwischen 60 000 und 150 000 Menschen umgekommen.

Dringend nötige wirtschaftliche Reformen vernachlässigte Bouteflika allerdings, und auch einen demokratischen Wandel - der ab 2011 unter anderem die regionalen Nachbarn Tunesien, Ägypten und Libyen im Zuge des arabischen Aufstände erfasste - ließ Bouteflika nicht zu. Seine letzte Zeit verbrachte Bouteflika so, wie er in den letzten Jahren auch regiert hatte: als „Phantom“.

Auch gegen die Regierung des Präsidenten Tebboune, der im Dezember 2019 als Bouteflikas Nachfolger gewählt worden war, kam es wiederholt zu Massenprotesten. Dabei forderten Tausende einen echten politischen Wandel und ein Ende von Korruption und Misswirtschaft. Insgesamt gilt Algerien, das zu den größten Öl- und Gasproduzenten Afrikas zählt, heute aber als verhältnismäßig stabil.

© dpa-infocom, dpa:210918-99-262251/4

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