Rom (dpa)

Alles andere als angepasst: Xhaka und die historische Chance

Thomas Eßer, dpa
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Von Thomas Eßer, dpa
| 27.06.2021 12:18 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Die Schweiz kann bei der EM am Montag etwas schaffen, was der Nationalmannschaft schon seit 1954 nicht mehr gelungen ist. Gegen Frankreich wird es insbesondere auch wieder auf den Kapitän ankommen .

Einen Vorwurf muss sich Granit Xhaka garantiert nicht anhören. Der Kapitän der Schweizer Nationalmanschaft ist nicht zu brav und angepasst. Seine Aussagen sind kein Produkt der PR-Maschinerie des Profifußballs.

Der 28-Jährige ist genau das, was es nach Ansicht einiger Experten in den Fernsehstudios heutzutage zu selten gibt: ein echter Typ, ein Fußballer mit Ecken und Kanten. An diesem Montag kann er im EM-Achtelfinale gegen Frankreich den bisher größten Erfolg seiner Länderspiel-Karriere feiern.

Tattoo-Studio und Friseur

Der Weg in die Runde der besten 16 war nicht nur für die Schweizer Mannschaft, sondern gerade auch für Xhaka hochemotional und von - nicht immer nur sportlichen - Debatten geprägt. Der Besuch eines Tattoo-Studios kurz vor der EM-Reise, als die Nationalspieler Zeit im Familienkreis verbringen sollten, sorgte in der Schweiz für Aufsehen. Es folgten weitere Diskussionen und Themen abseits des Platzes.

Vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Italien ließen Xhaka und einige Teamkollegen einen befreundeten Friseur ins Mannschaftsquartier in Rom einfliegen. Eigentlich keine große Sache - zumindest, wenn man gewinnt. Nach der 0:3-Niederlage gegen Italien wurde dem nun blonden Xhaka und seinen Mitspielern dann aber vorgeworfen, abgehoben zu sein. Zudem wurde der Teamspirit der Nati infrage gestellt. „Wir sind ein bisschen Masochisten, dass wir immer wieder solche Geschichten provozieren“, sagte Petkovic im SRF über die Debatten.

Antwort auf dem Rasen

Xhaka blieb cool und gab die passende Antwort auf dem Rasen: Beim entscheidenden 3:1 im letzten Gruppenspiel gegen die Türkei ging er mit energischem Einsatz als Vorbild voran und lenkte die Partie mit großer Übersicht. Anschließend wehrte er sich auch verbal mit deutlichen Worten.

„Wir wurden viel kritisiert für Kleinigkeiten, die meiner Meinung nach nicht so wichtig sind“, sagte der frühere Gladbacher, der aktuell beim FC Arsenal unter Vertrag steht und mit der AS Rom in Verbindung gebracht wird. „Wenn die Leute von außen das Gefühl haben, dass jeder einzelne einen Kommentar dazu abgeben muss, dann bitte schön. Aber eines kann ich garantieren: Diese Mannschaft geht an solchen Sachen nicht kaputt.“

Xhaka stellte zudem klar: „Wir hatten nie Probleme untereinander. Die Stimmung ist super bei uns. Die Leute versuchen, diese Mannschaft kaputt zu machen, indem sie viel reden und viel schreiben. Aber wie gesagt: Diese Mannschaft geht davon nicht kaputt.“

Ziel: Viertelfinale

Der extrovertierte Fußball-Stratege hinterfragt sich aber auch selbst. Zu seiner Tattoo-Aktion vor der EM sagte er in einer Medienrunde in Rom: „Ich wurde vor kurzem zum zweiten Mal Vater. Da wollte ich auch für das zweite Kind noch vor dem großen Turnier ein Tattoo stechen lassen. Rückblickend betrachtet war das ein Fehler.“ Xhaka betont jedoch auch, er habe sich an die Corona-Regeln gehalten und sei negativ getestet worden.

Sportlich hatte der Kapitän vor der Europameisterschaft ein ambitioniertes Ziel ausgegeben. Xhaka kündigte an, mit den Eidgenossen „Geschichte schreiben“ zu wollen. Der Mittelfeld-Gestalter will mit seiner hochbegabten Fußball-Generation mindestens ins Viertelfinale. Wenn das gegen Weltmeister Frankreich klappen soll, müssen sich Xhaka und seine Kollegen allerdings noch weiter steigern. Ein K.o.-Duell gewannen die Schweizer bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft zuletzt 1954.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

FRANKREICH: 1 Lloris - 2 Pavard, 4 Varane, 25 Koundé, 3 Kimpembe - 6 Pogba, 13 Kanté, 14 Rabiot - 7 Griezmann - 19 Benzema, 10 Mbappé

SCHWEIZ: 1 Sommer - 4 Elvedi, 5 Akanji, 13 Ricardo Rodriguez - 3 Widmer, 8 Freuler, 10 G. Xhaka, 14 Zuber - 23 Shaqiri - 9 Seferovic, 7 Embolo

Schiedsrichter: Fernando Andres Rapallini (Argentinien)

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