Tokio (dpa)

Weitere Sternstunde: Dressur-Dreamteam feiert Gold

Michael Rossmann und Claas Hennig, dpa
|
Von Michael Rossmann und Claas Hennig, dpa
| 27.07.2021 15:20 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Artikel teilen:

Die deutsche Dressur-Equipe gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio erneut Gold. Es ist der 14. Olympiasieg für ein deutsches Team in dieser Disziplin.

Hand in Hand kletterten Isabell Werth und ihre beiden Kolleginnen auf das oberste Podium - oben angekommen riss das überglückliche Trio gemeinsam die Arme in die Höhe. Mit dem deutschen Dressur-Dreamteam gewann Rekordreiterin Werth am Dienstag in Tokio ihr siebtes olympisches Gold.

Die Medaille steckte die 52-Jährige aus Rheinberg vorsichtshalber in die Brusttasche ihres Jackets, ehe sie mit ihrer Stute Bella Rose die Ehrenrunde ritt. „Die ist ganz schön schwer“, sagte sie nach der Siegerehrung.

Werth lobte ein „unglaubliches Team“ und sagte: „Nach allen Vorschuss-Lorbeeren ist es wichtig, dass man es auch zu Ende bringt“. Gemeinsam mit Dorothee Schneider aus Framersheim und Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhausen siegte die Rheinbergerin überlegen. Mit 8178 Punkten fiel der Sieg vor dem US-Trio (7747) und Großbritannien (7723) überaus deutlich aus. „Einfach geil“, schwärmte die deutsche Schlussreiterin von Bredow-Werndl noch vor der Siegerehrung - und sprang ihrem Ehemann ausgelassen in die Arme.

Bundestrainerin Monica Theodorescu verbeugte sich derweil vor Werth. „Das war die Geste vor Isabell für die Nummer sieben“, erklärte Theodorescu, die als Reiterin selber drei olympische Goldmedaillen gewonnen hatte. Später lobte sie das gesamte Team: „Alle sind fantastisch geritten und haben es zelebriert“, sagte Theodorescu, „ich habe es wirklich genossen.“

Auch Pferdesport-Equipechef Dennis Peiler schwärmte. „Das war ganz, ganz großer Sport heute. Alle drei waren in überragender Form, einfach absolute Weltklasse.“ Peiler sagte aber auch: „Man darf nicht vergessen, welcher Druck auf ihnen lastete. Die Erwartungshaltung ist ja in der Dressur enorm.“ Alles andere als Platz eins wäre in der Tat eine Enttäuschung gewesen.

„Wir sind bereit, um zu trinken“, sagte Werth später bei der Pressekonferenz: „Wir haben nur noch eine halbe Stunde Zeit, also fragen Sie schneller. Eine Feier im Hotel ist ja nicht erlaubt.“ Sie genoß sichtlich den erneuten Triumph und sagte: „Es ist niemals langweilig, eine Medaille zu gewinnen, schon gar nicht die Goldene.“

„Super-Pferde, Super-Reiter!“

„Wir sind ein Super-Team!“, lobte Schneider: „Super-Pferde, Super-Reiter!“ Die ebenfalls 52 Jahre alte Start-Reiterin, die wegen eines Sturzes im April Olympia beinahe verpasst hätte, zeigte nach einem kleinen Fehler in der Qualifikation im Grand Prix Special einen starken Auftritt. Mit Showtime gelang ihr ein fast fehlerfreier Ritt und die Führung für ihr Team. „Ich bin begeistert“, kommentierte die erste Reiterin des deutschen Trios. „Ich habe viel riskiert“, gab sie zu. „Ich hatte auch einen Fehler, aber nicht so einen teuren wie im Grand Prix.“

Ein noch besseres Ergebnis als Schneider gelang Werth mit ihrer Stute Bella Rose. „Ich bin total happy über Bella, sie hat eine fantastische Leistung gezeigt“, kommentierte die erfolgreichste Reiterin der Welt den Auftritt. Die Bewertung der Richter fand sie zwar nicht ausreichend, aber: „Warum sollte ich mich ärgern?“

Vielmehr freute sich Werth über den Auftritt ihres Pferdes, mit dem sie gemeinsam mit Schneider auf Showtime und von Bredow-Werndl auf Dalera schon vor drei Jahren bei der WM in den USA zum Gold-Team gehört hatte. „Sie war unglaublich relaxed“, schwärmte Werth über die Stute. „Es fühlte sich einfach toll an - und das ist das Allerwichtigste.“

Schneider und Werth konnten später zuschauen, wie von Bredow-Werndl als dritte Reiterin den Sieg perfekt machte. Die 35-Jährige aus dem bayerischen Tuntenhausen behielt die Nerven. Sicher lenkte die letzte Starterin des Felds ihre Stute durch das Viereck und ließ die Kolleginnen strahlen.

Fröhlich lächelnd mit Gold in der Hand sagte die 35-Jährige danach wie zuvor Werth über die Plakette: „Ganz schön schwer.“ Von Bredow-Werndl erzielte im Special mit ihrer Stute Dalera das beste Ergebnis des Tages, knapp vor Werth mit Bella Rose.

Das deutsche Team wurde nach dem deutlichen Sieg in der Qualifikation am Wochenende den hohen Erwartungen vollends gerecht. Zugleich unterstrich das Trio die deutsche Dominanz in dieser Disziplin. Es war das 14. Team-Gold für Deutschland bei Olympischen Spielen.

Auch im Einzel Top-Favoritinnen

Am Mittwoch winkt den deutschen Reiterinnen weiteres Edelmetall. Auch im Kür-Einzel werden sie zu den Top-Favoritinnen gezählt. „Wir werden sehen, was passiert“, sagte Werth, die ihr achtes Gold gewinnen kann. Sie würde damit im deutschen Medaillen-Ranking auf Platz eins vorrücken, neben die Kanutin Birgit Fischer, die acht Gold- und vier Silbermedaillen holte. „Da hat jemand was dagegen“, sagte Werth mit einem Seitenblick auf von Bredow-Werndl. „Jetzt genießen wir erstmal.“

Bei der bisher letzten Großveranstaltung holte sich Schneider EM-Silber in der Kür, ganz knapp hinter Werth. Die ist nicht die Einzige, die am Mittwoch jedoch von Bredow-Werndl ganz vorne erwartet. Diese hatte ihre Lehrmeisterin zuletzt bei den deutschen Meisterschaften in der Kür besiegt.

© dpa-infocom, dpa:210727-99-554280/12

Ähnliche Artikel