Was Sie heute wissen sollten
Antisemitismus | Synode | Gesunde Euter
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.
Seit Wochen schon stehe ich im Mailaustausch mit einem Leser. Ich kenne seinen Namen, ich weiß, dass er Jurist ist, und ich kenne seine Ansichten. Sie sind, vereinfacht gesagt, reaktionär: Er ist gegen rot und grün und skeptisch wegen schwarz, er glaubt Volkes Stimme zu vertreten, Gendern lehnt er total ab, und Rassismus ist für ihn kein wirklich brisantes Thema. Warum auch? Er ist als älterer, weißer Mann und Vertreter der Mehrheitsgesellschaft immer auf der Seite der Sieger gewesen. Als er diese Woche schrieb, dass sein Vater wirtschaftlich erfolgreiche Menschen gerne als „Juden“ bezeichnete und dies durchaus anerkennend meinte, weshalb dies ja auch kein Antisemitismus sei, bin ich aus der Diskussion ausgestiegen. Genau solche Vorurteile, ob positiv oder negativ gemeint, speisen die permanente Ausgrenzung von Minderheiten und sind deshalb rassistisch oder in diesem Fall antisemitisch.
Genauso denken vermutlich jene Bürger und (Lokal-)Politiker, die vor ein paar Tagen am Zollhaus nahe dem Bahnhof in Leer gegen Antisemitismus demonstrierten. „Antisemitismus ist abscheulich, aber allgegenwärtig“, sagte die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (CDU). Und ihr Gegenkandidat von den Grünen, Julian Pahlke warnte: „Erst fallen Worte des Hasses, dann folgt Gewalt.“ Warum diese Kundgebung, an der Politiker vieler Parteien teilnahmen, aus gutem Grund in Leer stattfand, fasst unsere frisch gebackene Volontärin Rieke Heinig zusammen.
Auf Emden blickt am Donnerstag die Welt, jedenfalls die evangelisch(-reformiert)e Welt. Vor 450 Jahren fand in der Seehafenstadt, die viele Jahrhunderte ein sicherer Hafen für Flüchtlinge und Andersdenkende war, eine Synode statt, die den Protestantismus bis heute prägt. Denn das, was die 29 Teilnehmer des Treffens im Oktober 1571 vereinbarten, wirkt nach: Ihre Beschlüsse von Emden gelten als wegweisend für reformierte Kirchen weltweit und finden sich im Demokratieverständnis vieler Staaten wieder. Die Broschüre, die die reformierte Kirche, die ja nicht umsonst bis heute ihren Sitz in Ostfriesland hat, dazu erarbeitete, kann ich jedem als spannende Geschichtslektüre empfehlen. Zum Jubiläums-Festakt am Donnerstag spricht Bundestags-Präsident Wolfgang Schäuble, formal der zweite Mann im Staat nach dem Bundespräsidenten, virtuell ein Grußwort. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, wird sogar persönlich in der Johannes-a-Lasco-Bibliothek erwartet. Gordon Päschel blickt zurück und nach vorn.
Bleiben wir in Emden und nochmal: Gordon Päschel. Der Kollege hat sich auf Spurensuche gemacht. Er wollte eine Antwort auf die Frage, warum Dr. Stefan Borchardt, seit 2017 Leiter der Emder Kunsthalle, vorzeitig hingeschmissen hat. War der Schatten, den die beiden Stifter Henri Nannen und dessen Witwe Eske Nannen warfen, zu groß? War der stille Wissenschaftler zu wenig Macher? Lesen Sie selbst, was Gordon herausgefunden hat.
Was kennzeichnet Ostfriesland noch mehr als die Emder Kunsthalle? Ganz klar, Deichschafe - und Kühe. Und um die geht es in der Geschichte von Susanne Ullrich, unserer Wittmunder Korrespondentin, die sich mit Malte Borchers und Fraederk Meppen aus Etzel unterhalten hat. Die beiden Bauern sind nämlich preisgekrönt. Sie holten beim „Preis der Tiergesundheit 2020/21“ die beiden ersten Plätze für gesunde Euter ihrer Kühe. Immer wieder erstaunlich, was es alles gibt, finden Sie nicht. Und auch das Geheimnis des Erfolgs haben die beiden jungen Männer verraten: „Wir lieben unsere Kühe.“
Zum Schluss gibt es doch noch Corona: Der Landkreis Friesland ist nun bei Null, was heißt, dass es in den letzten sieben Tagen nicht eine Corona-Infektion gab. Wittmund und Leer sind aktuell unter der Inzidenz 10, Aurich bei 23, und sogar Emden hat den 50er-Wert unterschritten. Bekommen wir jetzt also endlich unsere Freiheiten zurück? Das Land sagt Nein und verweist darauf, dass die aktuelle Verordnung noch mehr als zwei Wochen gilt. Beispielhaft für diese Haltung ist Regierungssprecherin Anke Pörksen. Sie gehe „fest davon aus“, dass es mit der nächsten Verordnung zu Lockerungen bei den privaten Kontakten kommen werde. Fest davon aus! Leute, so geht das nicht! Nicht unsere Freiheiten sind die Ausnahmesituation, sondern die pandemiebedingten Einschränkungen. Und wie lange eine Verordnung gültig ist, interessiert bei sich ändernden Umständen keinen Menschen. Lars Laue und Martin Alberts erläutern den Stand der Diskussion.
Unserer regelwütigen Administration spielt allerdings in die Hände, dass weiterhin der Impfstoff fehlt. 42 Prozent der Niedersachsen haben ihre erste Dosis bekommen, bis zur viel beschworenen Herdenimmunität müssen es allerdings doppelt so viele Menschen sein - mit im Regelfall zwei Impfungen. Allein in Ostfriesland sind fast 50.000 Menschen auf den Wartelisten, nicht gezählt die, die wegen Aussichtslosigkeit bisher nicht mal versucht haben, einen Impftermin zu bekommen. Ein gutes Beispiel für das Dilemma ist auch die Situation der Betriebsärzte. Sie wollen gerne impfen, können aber nicht. Gabriele Boschbach hat die Situation in Aurich erfragt.
Was heute wichtig wird:
- Wann brauche ich einen Test bei der Überfahrt in die Niederlande und wann nicht? Auch fragen sich viele Ostfriesen, welchen Test sie benötigen und wie derzeit die Coronalage jenseits der Grenze ist. Vera Vogt hat recherchiert, was jetzt bei einer Fahrt ins Nachbarland angesagt ist.
- Vor dem Landgericht Aurich steht heute ein Mann, der in fremdem Auftrag 16.000 Euro von seinem Konto überwiesen haben soll, um sich ein paar Euro dazuzuverdienen. Was er nicht wusste: Das Geld entstammt einem Betrug, deshalb hatte ihn das Amtsgericht Leer wegen Geldwäsche verurteilt. Er ging in Berufung.
- Imke Oltmanns hat sich mit einem Wiederansiedlungsprojekt für die Europäische Auster befasst. Das Alfred-Wegener-Institut schüttete nördlich von Borkum eigens ein Riff aus Steinen auf, um dort gezüchtete Europäische Austern anzusiedeln. Die ehemals hier heimische Auster gilt eigentlich als ausgestorben.
- Regelmäßig sind sie in der launischen, kalten Nordsee unterwegs: die Gezeitentaucher. Jetzt haben die Unterwasser-Archäologen aus Ostfriesland das Rätsel um ein weiteres Wrack gelöst, das sie vor der Insel Norderney gefunden haben. Mona Hanssen berichtet.
- Nach der Absage der Emder Matjestage steht trotz der sich verbessernden Coronalage auch das zweite große Fest in der Seehafenstadt auf der Kippe. Wie ist der Stand der Dinge zum Delftfest, das für Juli im Kalender steht? Gordon Päschel hat nachgefragt.
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