Was Sie heute wissen sollten

Mein Freund Dirk | Hesel im Abseits | Turnhalle kein Lärm

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 08.07.2021 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Ziemlich mitgenommen hat mich gestern Abend ein Videotelefonat mit meinem Freund Dirk. Dirk ist Journalist, eigentlich ein Bär von einem Mann, nicht mehr ganz jung, aber durchtrainiert, ständig an der frischen Luft, schon lange keine Zigaretten mehr, Alkohol sowieso nicht. Er saß mir auf dem Handy-Bildschirm gegenüber, das Beatmungsgerät neben sich und erzählte mir mit etwas schleppender Stimme („Ich sehe trotzdem besser aus als Du“), wie er gerade zwei Wochen lang dem Tod von der Schippe gesprungen sei. Dirk ist Namibier, er lebt in der Hauptstadt Windhoek, er infizierte sich Mitte Juni mit dem Corona-Virus. Die Sauerstoff-Sättigung im Blut erreichte bedrohliche Werke, aber kein Arzt dort konnte ihm helfen. Die Krankenhäuser nahmen aufgrund der Überbelegung keine Patienten mehr auf. Gerettet hat ihn neben seiner Frau Ursula so etwas wie Nachbarschaftshilfe. Der eine konnte Medikamente besorgen, der andere Sauerstoffflaschen und der dritte, was sonst noch gebraucht wurde.

1286 neue Infektionen, 665 Krankenhaus-Patienten, 44 Todesfälle weist die amtliche Corona-Statistik des Staates Namibia aus. Sie ist ungefähr so korrekt wie die Behauptung, dass Leer an der Nordsee ist. Denn die meisten Erkrankten gehen nicht in die Krankenhäuser, weil es dort keine freien Betten gibt und das Personal die Bettdecken mitgehen lässt, sie werden nicht getestet, überhaupt nicht ärztlich versorgt, und sie tauchen in keiner Statistik auf, wenn sie zu Hause sterben, umsorgt von ihrer Familie, die sich ebenfalls infiziert, worauf der Kreislauf von Neuem beginnt. Und wir hier, in Deutschland, in Niedersachsen wissen nicht, wohin mit dem überzähligen Astrazeneca-Impfstoff. Der ist zwar nachgewiesen zu 80 Prozent wirksam gegen alle Corona-Varianten, aber man will ihn eigentlich nicht mehr. Ganz ehrlich, diese unglaubliche Überheblichkeit macht mich sauer. Daniel Noglik berichtet.

Damit nicht genug: Jugendliche im Landkreis Leer leben zwar wie Auricher, Wittmunder und Emder ebenfalls in Ostfriesland, Niedersachsen, Deutschland, aber trotzdem sind sie benachteiligt. Denn im Impfzentrum in Hesel werden, im Unterschied zu allen anderen, Minderjährige nicht geimpft. Das bedauert öffentlich sogar das Sozialministerium, Ministerpräsident Weil plädiert seit Tagen dafür, dass auch Kinder geimpft werden, aber der Betreiber des Impfzentrums, der Landkreis Leer, weist darauf hin, dass die ärztliche Leitung entscheidet, nicht die Verwaltung. Über diesen sonderbaren und auch ärgerlichen Konflikt berichtet Andreas Ellinger.

Ein anderes Problem hat das Auricher Impfzentrum in Georgsheil. „Das Land verspricht Dinge, die wir vor Ort nicht halten können“, sagte gestern Ordnungsamtsleiter Marcel Schäfer vor dem Sozialausschuss des Kreistags. Gemeint ist das vorige Woche überraschend gemachte Versprechen, dass Menschen, die als Erstes eine Astrazeneca-Impfung bekamen, für den zweiten Pieks Biontech oder Moderna verabreicht wird. Blöderweise habe das Land dem Landkreis Aurich in dieser Woche aber nicht eine einzige Dosis Biontech oder Moderna geliefert. Wie die Kreisverwaltung mit diesem Dilemma umgeht, berichtet Marion Luppen.

Die schnellste Verbindung von Ostfriesland nach Groningen ist die Autobahn, jedenfalls im Prinzip. Im Moment ist das manchmal aber nicht so. Denn auf dem Teilstück zwischen A 31 und Landesgrenze ist Baustelle, seit langem schon. „Bei Fahrt in die Niederlande ist Geduld gefragt“, lautet der Titel eines Artikels von Tatjana Gettkowski, in dem sie sich damit befasst, wie lange es denn die Baustelle noch geben wird. Lesen Sie selbst.

Solche Konflikte kennt man überall. In Bayern sind es Kuh- oder Kirchenglocken, die Neuzugezogene als Lärmbelästigung sehen und zu Klagen veranlassen, in Aurich war es jetzt eine Frau, die in einem 1992 erbauten Haus lebt und sich über Geräuschprobleme in der benachbarten 100 Jahre alten Turnhalle des MTV Aurich beschwert. 7000 Euro wegen des Wertverlusts forderte die Klägerin. Wie die 5. Zivilkammer des Landgerichts, die sich die Situation auch vor Ort ansah, entschieden hat, fasst Marion Luppen zusammen.

Und noch ein Fall fürs Gericht: Eigentlich war sich eine junge Frau ganz sicher, wer der Vater ihres Kindes ist. Der Mann wurde daraufhin zum Vaterschaftstest verpflichtet, der aber zum Erstaunen der Mutter negativ ausfiel. Da die Frau den Verdacht hatte, der angebliche Kindsvater hätte seinen Bruder zum DNA-Test vorgeschickt, ordnete das Gericht einen erneuten Test an. Der fiel - sie ahnen es bestimmt - zulasten des von Anfang an verdächtigten Mannes aus. Petra Herterich hat diesen Bericht sicher mit einer gehörigen Portion Schadenfreude geschrieben.

Was heute wichtig wird:

  • Die Tagespflege der Diakonie in Weener hat wieder auf - so lange der Inzidenzwert unter 10 ist. Das kritisieren die Gäste und Pflegekräfte. Die Senioren wollen nicht länger isoliert sein und auch bei den Angehörigen liegen die Nerven blank. Tatjana Gettkowski berichtet.
  • Vom Cocktailglas in die Schildkrötennase: Plastikstrohhalme dürfen nicht mehr produziert werden. Auch To-Go-Schachteln und Co. sollen aussterben. Welche Alternativen gibt’s, was taugen sie - und was kann man für zu Hause am besten kaufen? Vera Vorgt hat nachgefragt.
  • Vor dem Auricher Amtsgericht wird der Prozess gegen einen Marinesoldaten fortgesetzt. Er soll in einer Disco in Middels einen jungen Mann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Drei Brüche waren die Folge.
  • Seit einer Woche sind die Kinos wieder geöffnet. Sogar nachmittags ist der Andrang groß. Wie ist die Stimmung und verlief der Neustart reibungslos? Imke Kluth blickt in die Kinosäle und spricht mit den Betreibern.
  • Um Emdens Innenstadt zu stärken, gibt es einen Zehn-Punkte-Plan. Ein Punkt auf der Liste ist, eine Fahrradwaschstraße an den Markttagen aufzubauen. Gordon Päschel berichtet.

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