Enoshima (dpa)

„Gigantentag“: Deutsche Segler holen drei Medaillen

Claas Hennig und Tatjana Pokorny, dpa
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Von Claas Hennig und Tatjana Pokorny, dpa
| 03.08.2021 06:20 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Drei Medaillen an einem Tag - die deutschen Segler erleben vor Enoshima die erfolgreichsten Olympischen Spiele seit 21 Jahren.

Am „Gigantentag“ kamen die deutschen Segler im Olympia-Hafen vor Enoshima nicht mehr aus dem Feiern heraus. Sie umarmten sich, tanzten und warfen sich gegenseitig ins Wasser.

Binnen vier Stunden holte die deutsche Flotte in den Medal Races am Dienstag gleich drei Medaillen in der Sagami-Bucht, wo Willy Kuhweide 1964 mit seinem Gold-Gewinn zur Segel-Legende wurde.

Erst fuhren Tina Lutz und Susann Beucke im 49er FX zu Silber. Dann wiederholten Erik Heil und Thomas Plößel im 49er ihren Bronze-Coup von Rio. Zum Abschluss legten die Katamaran-Segler Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer im Nacra 17 ebenfalls mit Bronze nach.

„Gigantentag für den deutschen Segelsport“

„Das ist ein Gigantentag für den deutschen Segelsport“, sagte 49er-Steuermann Heil nach dem erfolgreichsten Abschneiden der deutschen Segler seit Sydney 2000. Damals hatte es für den Deutschen Segler-Verband mit zweimal Silber und einmal Bronze ebenfalls dreimal Edelmetall gegeben. Für Nacra-17-Segler Kohlhoff kommt der Erfolg nicht überraschend: „Was hier an Vorbereitung geleistet wurde, war hochprofessionell.“

Besonders emotional war der Medaillen-Gewinn für Tina Lutz und Susann Beucke. Nach einem jahrelangen Auf und Ab mit zwei verpassten Olympia-Teilnahmen waren die beiden 30-Jährigen aus Holzhausen und Strande endlich am Ziel.

„Wie oft wir zusammen geheult haben, wie oft wir zusammen wieder auferstanden sind“, sagte Steuerfrau Lutz. „Es gibt nicht so viele, die einen so langen Weg voller Höhen und Tiefen miteinander gehen“, ergänzte Vorschoterin Beucke und erzählte von einem ihrer ersten Gedanken im Ziel: „Wir haben vor zwölf Jahren eine Wette abgemacht, dass – wenn wir mal eine Medaille bei den Spielen gewinnen – wir unsere ersten Töchter nach uns gegenseitig nennen.“

Gold war möglich

Vor dem Medal Race war sogar Gold möglich gewesen. Dazu reichte es nicht. Doch mit dem fünften Platz im Final-Rennen verbesserte sich das bayerisch-norddeutsche Duo vom dritten auf den zweiten Rang hinter den Brasilianerinnen Martine Grael/Kahena Kunze.

Bronze hatten Erik Heil und Thomas Plößel schon vor fünf Jahren gewonnen. Und doch war es diesmal anders. „Diese Medaille ist uns viel mehr wert als die erste“, sagte der Hamburger Plößel. Nach einem Tief in den Wettfahrten zwei und vier „haben wir uns eigentlich abgeschossen gefühlt“, meinte Plößel. Sie arbeiteten sich wieder ran an die Spitze und waren als Gesamt-Vierte in das Medaillenrennen gegangen. Nur an die Olympiasieger Dylan Fletcher und Stuart Bithell und die Neuseeländer Peter Burling und Blair Tuke kamen sie nicht mehr heran.

Ob Lutz/Beucke und Heil/Plößel weitermachen, ließen sie offen. „Erst einmal genießen wir diesen Erfolg, für den wir so lange gekämpft haben“, meinte Lutz. „Wenn wir Lust kriegen und wir sind auch körperlich gut dabei, dann kann das schon passieren“, sagte Plößel.

Der 26-jährige Paul Kohlhoff und die erst 21-jährige Alica Stuhlemmer stehen hingegen erst am Anfang. Die Regatten 2024 vor Marseille und 2028 in Los Angeles stehen fest in ihrem Plan. In Rio hatte Kohlhoff noch mit Vorschoterin Carolina Werner gesegelt. Nach Platz 13. stellte er vieles um und holte Stuhlemmer ins Boot.

Doch 2017 erfuhr Kohlhoffs Leben eine harte Bremsung. Nach einer Hirnblutung auf Mallorca musste er sich eine lebensbedrohliche Operation unterziehen. Mit Bronze belohnte er sich nun für den Kampf zurück. „Es ist Wahnsinn und unbeschreiblich, dass wir diese Bronzemedaille gewinnen konnten“, sagte Kohlhoff.

© dpa-infocom, dpa:210803-99-677873/7

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