Hinze greift nach Medaille - Kluge-Traum nach Sturz geplatzt

Stefan Tabeling und Tom Bachmann, dpa
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Von Stefan Tabeling und Tom Bachmann, dpa
| 07.08.2021 08:53 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Dreifach-Weltmeisterin Emma Hinze ist wieder da. Nach der Keirin-Pleite brilliert sie im Sprint und könnte das Erbe von Kristina Vogel antreten. Routinier Roger Kluge kommt ohne Medaille heim.

Izu (dpa) Die Sprint-Krone von Kristina Vogel ist für Emma Hinze in greifbarer Nähe, für Roger Kluge endet dagegen der Traum von einer zweiten Olympia-Medaille mit zerfetztem Trikot auf dem harten Holzoval.

Die Dreifach-Weltmeisterin raste am Samstag bei den olympischen Bahnrad-Wettbewerben ins Halbfinale der Königsdisziplin und könnte am Sonntag die Nachfolge von Rekord-Weltmeisterin Kristina Vogel antreten, die 2016 in Rio im Sprint triumphiert hatte.

Sturz beendet Kluges Medaillen-Traum

Für Routinier Kluge geht es ohne Medaille nach Hause. Ausgerechnet der ohnehin schon lädierte Routinier kam im Zweier-Mannschaftsfahren am Samstag bei Tempo 60 zu Fall und spielte danach mit Teamkollege Theo Reinhardt keine Rolle mehr. Für das Weltmeister-Duo von 2018 und 2019 blieb beim Sieg der Dänen Lasse Norman Hansen und Michael Mörköv nur der neunte Platz.

Dafür darf das deutsche Team auf eine Medaille für Hinze im Sprint hoffen. Vergessen sind die fehlerhaften Keirin-Läufe, die Dreifach-Weltmeisterin von Berlin zeigte Biss, Cleverness sowie Mut. Ohne Niederlage rauschte Hinze bislang durch den Wettbewerb und ist in dieser Form wieder eine Gold-Kandidatin. Auch Ex-Weltmeister Maximilian Levy (Cottbus) und Stefan Bötticher (Chemnitz) sind im Keirin-Viertelfinale noch vertreten.

Aus für Friedrich

„Ich kämpfe einfach. Ich denke noch nicht an eine Medaille. Ich wollte erst einmal durchkommen. Das habe ich geschafft“, sagte Hinze und sprach von einer wechselhaften Woche: „Im Teamsprint ging es gut los, im Keirin nicht so, jetzt geht es wieder. Ich wusste im Keirin nicht, was los ist.“ Im Halbfinale trifft sie am Sonntag auf die Kanadierin Kelsey Mitchell. Lob gab es von ZDF-Expertin Vogel: „Sie fährt sauber von vorne, fährt ihren Schuh.“ Hinzes Teamkollegin Lea Sophie Friedrich scheiterte dagegen im Halbfinale an Olena Starikowa aus der Ukraine in drei Läufen.

Kluge und Reinhardt waren im sogenannten Madison über 50 Kilometer in der entscheidenden Phase nicht mehr konkurrenzfähig, nachdem Kluge bei einem Ausweichmanöver zu Boden ging. Dabei war der 35-Jährige ohnehin schon angeschlagen angereist nach seinem schweren Sturz bei der Tour de France 29 Tage zuvor. Der Radprofi war auf der 13. Etappe der Frankreich-Rundfahrt eine Böschung hinuntergestürzt, hatte Rückenverletzungen erlitten und musste eine Woche komplett pausieren.

Bis zum Crash nach fast 40 Kilometern hatte das Duo aber auch schon einen Rückstand auf die Medaillenränge. Hinter den dänischen Weltmeistern (43 Punkte) fuhren die Briten Ethan Hayter und Matthew Walls sowie die Franzosen Benjamin Thomas und Donavan Grondin (jeweils 40) auf die Plätze zwei und drei. „Ich war froh, dass gerade alles verheilt war. Es geht mir aber nicht so schlimm wie nach der Tour“, sagte Kluge.

Kluge hatte 13 Jahre nach Silber im Punktefahren in Peking mit einer zweiten olympischen Medaille spekuliert. 2018 und 2019 gewannen Kluge und Reinhardt noch den WM-Titel. Bei der Heim-WM in Berlin waren sie die großen Gejagten und fuhren immerhin auf Platz drei.

Zwei Chancen am Schlusstag

Für das deutsche Team war es der vierte Tag in Folge ohne Medaille. Zuvor hatten der Frauen-Vierer Gold sowie Hinze und Friedrich Silber im Teamsprint gewonnen. Zwei Chancen bleiben noch am Schlusstag. Eine davon im Kampfsprint Keirin, der in Japan große Tradition genießt und von den gut 1000 Zuschauern ungewohnt lautstark begleitet wurde.

Levy zeigte als Zweiter in seinem Erstrunden-Lauf seine ganze Cleverness. Bötticher kam über den Hoffnungslauf weiter. „Das Träumen lasse ich mir nicht verbieten, egal wie realistisch das ist“, sagte Levy und betonte: „Man zahlt einen gewissen Preis für das Sprintturnier. Ich bin keine 20 mehr, wo man das so einfach wegsteckt. Ich kämpfe mich weiter durch. Ich hoffe, dass es morgen noch ein bisschen besser geht.“ In London 2012 musste er sich in einem spannenden Finale dem großen Briten Chris Hoy nur knapp geschlagen geben.

© dpa-infocom, dpa:210807-99-754229/6

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