Berlin (dpa)

Zusätzliche Umfragen zum Corona-Impffortschritt geplant

| 12.08.2021 05:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Trotz steigender Corona-Infektionszahlen hat das Tempo der Impfungen abgenommen. Die Politik wirbt deshalb eindringlich dafür. Zur Akzeptanz der Impfkampagne sollen auch noch mehr Erkenntnisse her.

Für ein genaueres Bild zum Corona-Impffortschritt in Deutschland sind weitere begleitende Umfragen geplant. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag auf Anfrage mitteilte, sollen im frühen Herbst etwa 3000 Menschen zu Impfbereitschaft und Akzeptanz befragt werden.

Vorbereitet werde auch eine ergänzende Befragung, die die häufigsten Fremdsprachen abdecken soll. So sollen auch Bürger erreicht werden, die an bisherigen deutschsprachigen Befragungen nicht teilnehmen können. Die Impfungen gehen unterdessen weiter voran - vor allem mit Zweitimpfungen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb auf Twitter erneut: „Das Impfen bringt uns allen die Freiheit zurück.“

Am Mittwoch wurden 511.000 Impfdosen gespritzt, davon führten 414.000 zu einer vollständigen Impfung. Insgesamt sind nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums nun knapp 46,7 Millionen Menschen oder 56,1 Prozent der Bevölkerung voll geimpft. Mindestens eine erste Impfung bekommen haben 52,2 Millionen Menschen oder 62,8 Prozent aller Einwohner. Unter den 16 Bundesländern hat nur Sachsen die Marke von 50 Prozent vollständig geimpften Einwohnern noch nicht erreicht - die dafür nötige zweite Spritze haben dort 49,3 Prozent bekommen. Spitzenreiter Bremen steuert mit nun 65,5 Prozent vollständig geimpften Einwohnern bereits auf die Zwei-Drittel-Marke zu.

Debatte über Impfdaten

Über Daten zum Impffortschritt ist unterdessen eine Debatte aufgekommen. Anlass ist, dass zwischen zwei Quellen erstmals eine größere Differenz aufgefallen ist, wie RKI und Gesundheitsministerium am Mittwoch mitgeteilt hatten. So fiel in einer RKI-Umfrage namens Covimo von Ende Juni bis Mitte Juli unter rund 1000 Erwachsenen die Quote der mindestens einmal Geimpften „um einiges höher“ aus als im amtlichen digitalen Meldesystem für Impfzentren, Praxen und Betriebsärzte - besonders bei 18- bis 59-Jährigen: Während in der Umfrage 79 Prozent angaben, geimpft zu sein, waren es laut Meldesystem 59 Prozent.

Das RKI betonte, dass sich eine mögliche „Untererfassung“ im Meldesystem auf Erstimpfungen beziehe und nicht auf die vollständigen Impfungen. Untererfassungen seien in Meldesystemen generell nicht unüblich. Das RKI gehe davon aus, dass die Impfquoten das Geschehen sehr zuverlässig abbilden. Als Erklärung für die Differenz führten die Experten mehrere mögliche Gründe an. Unter anderem werde ein Teil der Impfungen mit dem Mittel von Johnson&Johnson, bei dem nur eine Dosis für den vollen Schutz nötig ist, nur als Zweitimpfung erfasst.

Experten fordern verlässliche Zahlen

Intensivmediziner hatten daraufhin eine unabhängige, repräsentative Bevölkerungsumfrage gefordert: „Wir müssen alles dafür tun, das Vertrauen in die Impfkampagne zu stärken“, sagte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). „Verlässliche Zahlen sind die Basis für die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen“, sagte Marx. Sollte die Impfquote der 18- bis 59-jährigen tatsächlich viel höher liegen als gemeldet, „hätten wir gerade mit Blick auf den Herbst eine viel entspanntere Lage.“

Das Infektionsgeschehen nimmt indes weiter zu. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen stieg laut RKI weiter auf nun 27,6 - am Vortag hatte der Wert 25,1 betragen, vor einer Woche lag er bei 19,4. Die Gesundheitsämter meldeten binnen eines Tages 5638 Corona-Neuinfektionen - nach 3539 vor einer Woche.

Entsorgung kann weitgehend vermieden werden

Trotz nachlassender Impfbereitschaft musste mehr als die Hälfte der Länder noch keine ungenutzten oder abgelaufenen Impfdosen in nennenswertem Umfang vernichten. Bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur gaben 9 der 16 Landesregierungen an, dass eine Impfstoff-Entsorgung weitgehend vermieden werden konnte. „Bis dato mussten in den Impfzentren und mobilen Teams keine Impfstoffe aufgrund von "Verfall" vernichtet werden“, versicherte etwa eine Sprecherin des sächsischen Gesundheitsministeriums. Länder wie Mecklenburg-Vorpommern und Hessen erklärten dies auch mit Maßnahmen wie einer „Impfstoffbörse“.

Im Gegensatz dazu haben die Impfzentren in Bayern bereits rund 53 000 ungenutzte Dosen entsorgt - deutlich mehr als in jedem anderen Land. Die Hälfte davon entfällt auf den vergangenen Monat. Die im Sommer angestiegenen Zahlen seien die unmittelbare Folge einer abnehmenden Impfbereitschaft, hieß es im Landesgesundheitsministerium.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, äußerte sich zu vergleichsweise niedrigen Impfquoten in den meisten neuen Ländern. „Es gibt zwischen der Zustimmung für die AfD und Impfablehnung einen klaren Zusammenhang. Er lässt sich nicht wegdiskutieren“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Die allermeisten AfD-Funktionäre gingen aggressiv gegen das Impfen sowie gegen sämtliche Corona-Maßnahmen vor - „ähnlich wie der frühere US-Präsident Donald Trump“. Er gehe deshalb davon aus, „dass wir in Ostdeutschland im Herbst aufgrund der Delta-Variante eine Corona-Welle sehen werden, die das Gesundheitssystem erneut an seine Grenzen bringen wird“.

© dpa-infocom, dpa:210812-99-810726/10

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