Jakutsk (dpa)
Waldbrände in Russland: Umweltschützer besorgt
Seit Monaten brennen russische Wälder. Anfangs sah die Lage beherrschbar aus. Doch nun sind Umweltschützer ernsthaft besorgt. Präsident Putin spricht von einem beispiellosen Ausmaß.
Die verheerenden Waldbrände in Russland könnten nach Einschätzung von Umweltschützern ein historisches Ausmaß annehmen.
„Die Lage ist diesmal viel schlimmer als 2020 und im Jahr davor“, sagte Grigori Kuksin von der Organisation Greenpeace der Deutschen Presse-Agentur in Moskau. In der besonders schwer betroffenen Teilrepublik Jakutien im Osten Sibiriens „sprechen wir bereits von einem Rekord seit Beginn der Wetteraufzeichnung in Russland“, erklärte der Brandschutzexperte. In vielen Regionen des Riesenreichs wüten die Flammen bereits seit Monaten ungehindert.
„Bis heute hat das Feuer eine Fläche von etwa 16,5 Millionen Hektar erfasst. Nicht alles davon ist Wald, nicht alles ist komplett abgestorben“, sagte Kuksin von Greenpeace in Russland. Er geht davon aus, dass bislang etwa sechs Millionen Hektar Wald vernichtet wurden. Die Forstschutzbehörde dagegen spricht von aktuell etwa vier Millionen Hektar (40.000 Quadratkilometer) brennender Fläche. Das entspricht etwa der Größe der Schweiz.
Putin: „Beispieloses Ausmaß“
Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete das Ausmaß der Naturkatastrophen in seinem Land als beispiellos. Die Behörden in den Regionen müssten vorbereitet sein, notfalls Menschen in Sicherheit zu bringen, sagte der Staatschef am Samstag der Agentur Interfax zufolge. „In erster Linie geht es darum, das Leben und die Gesundheit der Menschen und ihr Eigentum zu retten.“
Putin warnte angesichts der verheerenden Waldbrände vor der Gefahr des Rauchs für ältere und kranke Menschen. Zudem müssten die Schäden an der für das Weltklima wichtigen Taiga und in anderen Wäldern minimiert werden. Es sollten außerdem Pläne erstellt werden für den Wiederaufbau zerstörter und beschädigter Häuser, forderte er.
Neuer Negativrekord
Den Negativrekord des Jahrhunderts gab es demnach 2012 mit einer von Feuern zerstörten Fläche von 16 Millionen Hektar. Dieses Jahr könne ein neuer Höchststand erreicht werden, meinte Kuksin. „Das Ausmaß der Brände wird in den Regionen oft unterschätzt.“ Das habe zur Folge, dass Hilfe nicht immer rechtzeitig angefordert werde.
In Jakutien kämpfen die Einsatzkräfte bis zur Erschöpfung um zu verhindern, dass die Flammen ganze Dörfer verschlingen. Nicht immer gelingt das: In dem Ort Bjass-Kjuel waren zuletzt etwa 40 Häuser zerstört worden. Die Behörden versprachen nun, bis Oktober würden neue gebaut - bis der Winter in der Region vor der Tür steht. Ohnehin hoffen die vielen Helfer auf den Herbst: Mit einsetzendem Regen dürften dann die meisten Brände von allein ausgehen.
„Tote Taiga“
„Sehen Sie, die tote Taiga. Alles ist verbrannt, kein einziger grüner Baum mehr kilometerweit“, sagte eine Frau einem Reporter der Zeitung „Komsomolskaja Prawda“. Bewohner von Bjass-Kjuel berichteten, dass sich die Flammen wegen starker Winde rasant ausgebreitet hätten und deshalb keine Zeit geblieben sei, beispielsweise Hunde von den Ketten und das Vieh freizulassen. Wie viele Tiere bei den Bränden qualvoll verendeten, ist bislang nicht bekannt.
Wer nicht direkt von den Feuern bedroht wird, leidet trotzdem: Hunderte Dörfer und Dutzende Städte in verschiedenen Landesteilen versinken im Rauch. Tausende Kilometer ist der Qualm schon nach Westen ins Landesinnere gezogen - und im Süden bis nach Kasachstan. Er könne zu schweren Verläufen bei Corona-Erkrankungen und zu einer höheren Sterblichkeit führen, erklärte Kuksin zu den Folgen. Die Behörden empfehlen, möglichst im Haus zu bleiben.
Brände auf einer Fläche so groß wie die Schweiz
Am Samstag meldete die Forstschutzbehörde landesweit 252 Brände auf einer Gesamtfläche von 4,2 Millionen Hektar. Das entspricht etwa der Fläche der Schweiz. Die meisten Feuer wüten in der Teilrepublik Jakutien im Osten Sibiriens. Im Süden Russlands gibt es nach heftigem Regen Überschwemmungen entlang der Schwarzmeer-Küste. Überflutungen werden zudem auch Gebieten ganz im Osten des Landes gemeldet.
„Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es für uns ist, sich intensiv und systematisch mit Klima- und Umweltfragen auseinanderzusetzen“, sagte Putin. Er hatte zuletzt etwa eine deutliche Reduzierung von Treibhausgasen angekündigt. Russland hat besonders mit den Folgen des auftauenden Permafrostbodens zu kämpfen. In den Sommermonaten kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu riesigen Waldbränden.
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