Kommunalwahl 2021

Politiker aus Moormerland müssen Stellung vor Wahl beziehen

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Von der Lokalredaktion
| 16.08.2021 21:33 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 11 Minuten
Der Rat der Gemeinde Moormerland wird im September neu gewählt. Foto: Ortgies/Archiv
Der Rat der Gemeinde Moormerland wird im September neu gewählt. Foto: Ortgies/Archiv
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In Niedersachsens Kommunen wird gewählt. Doch was ist in Ostfriesland wichtig? Die OZ hat sich bei Parteien, Wählergemeinschaften und Einzelbewerbern umgehört. Hier sind die Antworten aus Moormerland.

Landkreis Leer - Die Kommunalwahl ist alle fünf Jahre ein besonderes Ereignis. Keine andere Abstimmung ist so entscheidend für die Entwicklung der Gemeinden und Städte wie diese. Denn nirgendwo sonst wird so direkt entschieden, was vor der eigenen Haustür kurz-, mittel- oder langfristig passiert. Ratsherren und -frauen sind oft Nachbarn, Arbeitskollegen oder Vereinsfreunde.

Am 12. September werden in ganz Niedersachsen wieder neue Räte für Städte, Samtgemeinden und Gemeinden gewählt. Hinzu kommen in vielen Kommunen auch die Wahlen der Verwaltungschefs. Auch im Landkreis Leer werden die Bürgerinnen und Bürger von Borkum bis Ostrhauderfehn, von Bunde bis Uplengen an diesem Tag an die Wahlurne gebeten. Die neuen Gemeinde- und Stadträte entscheiden dann unter anderem über künftige Baugebiete, Kita-Neubauten oder Windkraftstandorte.

Damit die Leserinnen und Leser erfahren, für welche Positionen die Parteien und Wählergemeinschaften in ihren jeweiligen Gemeinden und Städten stehen, hat diese Zeitung eine Umfrage gestartet. Vier Fragen, die der Redaktion für die jeweilige Kommune im Landkreis Leer am wichtigsten erschien, sollten die Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber beantworten. Dafür hatten sie jeweils rund 500 Zeichen Platz.

Die Antworten der Bewerber werden nun bis zur Wahl am 12. September Kommune für Kommune gebündelt und von dieser Zeitung veröffentlicht. Im dritten Teil ist heute die Gemeinde Moormerland an der Reihe.

Moormerland wächst und wächst, die Preise für Immobilien oder Mietwohnungen steigen. Wo soll noch gebaut werden, und welche Möglichkeiten gibt es aus Ihrer Sicht,günstigen Wohnraum zu schaffen?

SPD:Insgesamt müssen wir in Moormerland neue Baugebiete erschließen. Schwerpunktmäßig durch die Gemeinde selbst, um günstigen Wohnraum zu schaffen. Ebenso sehen wir Lückenbebauung oder das Bauen in 2. Reihe als eine Lösungsmöglichkeit. Wir müssen eine an die Ortschaften angepasste Bebauung ermöglichen. Dabei muss auch das Thema des seniorengerechten Wohnens in den Blickpunkt genommen werden. Zudem sind finanzielle Anreize für den Kauf und den Erhalt älterer Häuser zu setzen, um unsere Kultur und Geschichte zu erhalten.

CDU:Wir sind klar gegen mehrgeschossige Bauten in gewachsenen Siedlungsgebieten. Größere Häuser mit Miet- oder Eigentumswohnungen sollen in den Zentren der großen Ortschaften entstehen können. Nachdem das Wohnraumkonzept des Landkreises endlich fertiggestellt ist, müssen auch wieder geförderte Sozialwohnungen mit einer Mietpreisbindung gebaut werden. Wir brauchen auch dringend neue Baugebiete für Familien und zusätzliche Lückenbebauung.

Bündnis 90/Die Grünen: Die Grünen möchten nachhaltigen und sozialen Wohnungsbau. Die Gemeinde sollte im Verbund mit Nachbargemeinden und Kreis eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründen. Wir möchten alternative Wohnformen ermöglichen wie Mehrgenerationsprojekte und Tiny-Häuser. Neue Grundstücke sollten eine bedarfsgerechte Größe haben. Baulücken müssen genutzt werden. Der Flächenverbrauch muss zukünftig eine wichtigere Rolle spielen. Wir unterstützen energetisches Sanieren und wollen ein Programm „Jung kauft Alt“.

Moin:Abhilfe kann geschaffen werden, indem mehr Baugebiete und somit mehr Baugrundstücke zur Verfügung gestellt werden. Meiner Meinung nach sollte der Fokus auf Neermoor als kleines Zentrum gelegt werden. Zwischen der B70 Osterstraße und der Hauptstraße in Veenhusen sehe ich da Potenzial. Auch entlang der Rorichmoorer Straße bis zum Meedlanderweg. Weitere Mittel sind mehr Lückenbebauung und Bauen in zweiter oder dritter Reihe.

FDP:Ein breites Wohnraumangebot in allen Segmenten ist das beste Mittel gegen stetig steigende Mieten und Kaufpreise. Um weiterem Flächenfraß vorzubeugen, setzen wir auf Anreize, wie etwa „Jung kauft Alt“ und Mehrgenerationenhäuser, um das vorhandene Potenzial an Baugrundstücken besser nutzen zu können. Wir setzen auf innovative Bauvorhaben mit modernen Materialien. Wir möchten eine offenere Gestaltung von Gebäuden zulassen, die sich trotzdem harmonisch in die Umgebung einfügen.

Die Linke:Die Linke fordert, die Privatisierung von Boden zu vermeiden und selber Bauland für den Bau von Sozialwohnungen in öffentlicher Hand zu nutzen. Der kommunale Soziale Wohnungsbau muss Vorrang haben.

Wählergemeinschaft Moormerland: Moormerland hat keinen Bauverein oder einen sozialen Wohnungsbau. Gemeindeeigene Grundstücke sollen mit der Auflage, dass dort günstiger Wohnraum entsteht, verkauft werden. Bedingt durch gesetzliche Auflagen und steigende Baukosten ist es schwer vorstellbar, dass Mietpreise kurzfristig sinken werden. Hier können nur soziale Leistungen (Mietkostenzuschuss) wie bisher für Kompensation sorgen. Grundsätzlich halten wir eine maßvolle Nachverdichtung des Siedlungsraumes und die Lückenbebauung an bebauten Straßen als vorrangige Maßnahme.

Was kann für Moormerland in Sachen Tourismus getan werden?

SPD:Wir können und wollen Moormerland weiterentwickeln. Ob Wohnmobilstellplätze, der Ausbau von Rad- und Wanderwegen mit Ruhezonen, WLAN-Hotspots, die Radwegeverbindungen Emden-Papenburg oder der Radweg nach Riepe. Wir müssen die Badestellen ausbauen, Wassersportangebote sowie Gastronomie anbieten und die Kurbelfähre nach Ihlow verwirklichen. Zudem sollten wir Kulturgüter wie die Mühle in Neermoor oder die Alte Seilerei stärker bewerben. All diese Projekte sind nicht nur für Touristen, sondern verbessern auch die Lebensqualität vor Ort.

CDU:Moormerland ist zum Durchfahren zu schade. Es muss ein Ruck durch unsere Gemeinde gehen. Wir werden Moormerland endlich touristisch entwickeln. Besonders in der Ortschaft Oldersum sehen wir ein hohes Potenzial (in Anlehnung an Ditzum). Dringend erforderlich sind die Ausweisung von Wohnmobilstellplätzen und die Ausweisung eines Gebietes für einen Campingplatz.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir Grüne setzen auf nachhaltigen Tourismus und hohe Qualität bei Unterkünften, Kulturangeboten und der von Urlaubern beanspruchten Infrastruktur. Moormerländer Geschichte und Geschichten müssen sichtbarer werden. Komfortable Radwege sind wichtig, Ladestationen für E-Bikes, idyllische Wanderwege und Wasserwanderwege. Die Paddel-und-Pedal-Station könnte mit einem gastronomischen Angebot aufgewertet werden. Übernachtungen im Green Tiny House, Baumhaus oder Schlaf-Fass sollten ermöglicht werden.

Moin:Für Moormerland sehe ich in Sachen Tourismus noch größere Chancen. Einfach durch die Nähe zur Küste, den Inseln, unseren Städten und zu Holland. Positiv ist, dass noch nicht zu viele Windkraftanlagen entstanden sind (Verspargelung). Im Fahrradtourismus, Angelsport, Angebote für Kinder so wie im Wassersport sehe ich noch Entwicklungspotenzial.

FDP:Familientourismus muss bei uns gefördert werden. Die vorhandenen Badeseen müssen erweitert werden, saisonal mit einem kleinen Café. Das Jugendhaus und das Phoenix müssen mehr Unterstützung erhalten. Die vorhandenen Gastronomieangebote in Moormerland sollten weiter ausgebaut werden. Größere Spielplätze und ein Indoor-Dorfplatz wären attraktive Möglichkeiten. Ein regelmäßiges Animationsprogramm während der Ferienzeiten für Kinder sorgt dafür, dass Familien auch in Zukunft wiederkommen.

Die Linke:Moormerland benötigt mehr Freizeitangebote. In der Gemeinde fehlt es an Sitzmöglichkeiten gerade auch für die ältere Generation. Ein attraktiver Wohnmobilstellplatz wäre auch förderlich. Im ländlichen Bereich fehlt es an Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf.

Wählergemeinschaft Moormerland: Es fehlen hier weitergehende Fahrradwege wie die gefühlt ewig geplante Verbindung nach Ihlow. Auch im Bereich Wohnmobilstellplätze ist viel Luft nach oben. Ein Naherholungsgebiet, wie Leer es im Westerhammrich hat, wäre in Verbindung mit einem Campingplatz an einer ungenutzten Kieskuhle, am Randkanal in Ortsnähe oder Emssperrwerk sinnvoll. Privatwirtschaftliche Initiativen wie z. B. in Rorichum (bei Cassi) wären hierfür zu unterstützen. Eine entsprechende Gastronomie sorgt dabei für mehr Attraktivität und könnte die Bewirtschaftung übernehmen.

Braucht die Gemeinde weitere Kindertagesstätten? Wo sollen die gebaut werden?

SPD:Wir brauchen bedarfsgerechte Kinderbetreuung, und zwar dort, wo sie auch benötigt wird. Dies gilt für Kindergärten und für Kinderkrippen. Da wir in den kommenden Jahren weitere Krippenplätze benötigen, sollten diese dort entstehen, wo bisher keine sind, beispielsweise in Neermoor oder Jheringsfehn. Ebenso muss das Angebot in Oldersum ausgebaut werden. Nur so kann den Eltern vor Ort die Möglichkeit gegeben werden, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.

CDU:Ja, wir haben die Zahl der erforderlichen Plätze noch nicht erreicht. Der nächste Kindergarten soll in Warsingsfehn-West (aber nicht an der Grundschule) gebaut werden. Weitere Krippen sind in Neermoor und Jheringsfehn vorgesehen.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir setzen uns für eine umfangreiche und dem unterschiedlichen Bedarf der Eltern entsprechende Kinderbetreuung ein. Dieser Bedarf soll regelmäßig durch die Verwaltung ermittelt werden. Wir können uns nicht allein auf die Bedarfsplanung des Landkreises verlassen. Der Ausbau der Standorte und die Verbesserung des Betreuungsschlüssels erfordert ab sofort eine Ausbildungsoffensive, damit uns kein Mangel an pädagogischen Fachkräften ausbremst. Die regulären Betreuungszeiten müssen ausgeweitet werden.

Moin:Meiner Meinung nach ist der Bedarf an Kindertagesstätten in Neermoor und Jheringsfehn bereits offensichtlich. Wobei der genaue Bedarf an Plätzen der gesamten Gemeinde genau ermittelt werden muss, unter Einbezug unserer Tagesmütter.

FDP:Wir brauchen auf jeden Fall mehr Kitas. Besonders das Ganztagsangebot muss ausgebaut werden. Die Betreuungslücke ab dem Eintritt ins Grundschulalter darf hierbei nicht aus den Augen verloren werden, hier ist der Ausbau von Ganztagsschulen mit Hortanbindung zwingend geboten. Als geeignete Standorte kommen eventuell auch Firmengelände in Frage, wo man zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitgeber öffentlich bezuschusste Betriebskindergärten einrichten kann, die aber auch Dritte zulassen.

Die Linke:Für die Linke ist klar: Kitas und Krippen gehören flächendeckend ausgebaut, qualitativ ausfinanziert und gebührenfrei bereitgestellt. Bedarfsgerechte Ausweitung der Plätze und Öffnungszeiten der Kitas sind zwingend erforderlich.

Wählergemeinschaft Moormerland: Bei der Bedarfsermittlung müssen auch die Angebote der privaten Kindertagesstätten zählen, und entsprechende Förderung erhalten. Dann gibt es schon die Übereinkunft in der Politik, dass die nächste Einrichtung nach Neermoor geht. Warsingsfehn ist ja noch nicht gebaut, wird aber voraussichtlich so kommen. Dem „Kindertourismus“ wie aktuell mit der Konzentration in Veenhusen wird damit entgegengewirkt.

Sollte der ÖPNV in Moormerland ausgebaut werden? Wenn ja, wie?

SPD:Die Busverbindungen unserer Gemeinde sind nicht zufriedenstellend. Hier bedarf es Gesprächen mit dem Landkreis und den Busunternehmen, um eine gute Lösung für alle zu erreichen. Gleiches gilt für die Busverbindungen zwischen unseren Ortschaften, auch hier müssen wir prüfen, was möglich ist, und Verbesserungen erreichen. Weiterhin muss auf die Realisierung der Bahnhaltestelle in Neermoor gedrängt und perspektivisch der Bahnhaltepunkt in Oldersum ins Auge gefasst werden.

CDU:Wir brauchen getaktete, direkte Busverbindungen nach Leer und nach Fertigstellung der Bahnstation Neermoor einen auf die Zugverbindung abgestimmten Zubringerverkehr aus den großen Ortsteilen, auch als Anrufbus.

Bündnis 90/Die Grünen: Die Gemeinde muss sich dafür einsetzen, dass die Mittelzentren Leer, Aurich und Emden besser und auch am Wochenende erreichbar werden. Innergemeindlich müssen Angebote auch im Hinblick auf die Wiedereröffnung des Bahnhaltepunktes Neermoor neu geschaffen werden. Dabei können solidarische Modelle wie Bürgerbus oder Mitfahrbank, aber auch technische Innovationen eine Rolle spielen. Es gibt Modellversuche mit autonom fahrenden Kleinbussen. So ein Modellversuch wäre auch für Moormerland spannend.

Moin:Dabei steht für mich der Bahnhof in Neermoor und seine Reaktivierung im Mittelpunkt. Die Gemeinde sollte ihn kaufen, auch wenn er denkmalgeschützt ist.

Bei der Sanierung muss natürlich das umliegende Gelände mit eingebunden werden, wobei man im gleichen Zuge über ein neues Feuerwehrgebäude sprechen könnte. Aber definitiv ist die alte Mülldeponie unter dem Neermoorer Schützenfestplatz zu entfernen. Für den Einsatz von mehr Bussen benötigen wir eine genaue Bedarfsermittlung.

FDP:Wir fordern den konsequenten Ausbau des ÖPNV, der den individuellen Fahrtwünschen aller Altersgruppen barrierefrei nachkommt. Flexibel in Abfahrtszeiten und Routen, kann der ÖPNV in komfortablen Kleinbussen ohne Umsteigezwang attraktiv werden. Der ländliche Raum bedarf einer besseren Anbindung. Mobilität muss für jede Altersgruppe gewährleistet sein. Wir setzen uns für die Einrichtung eines App-basierten ÖPNV ein. Des Weiteren fordern wir eine Sitzplatzgarantie für die Schülerbeförderung.

Die Linke:Wir fordern die Einführung eines Sozialtickets. Erforderlich ist der Ausbau der Verbindungen montags bis samstags auf stündlichen Takt auch in den Ferienzeiten. Eine Verbesserung der Verbindung Warsingsfehn-Emden, sowie eine Abendanbindung zum Bahnhof Leer ist ebenfalls erforderlich. Das Ziel, den Bahnhof Neermoor zu reaktivieren, muss weiterhin verfolgt werden.

Wählergemeinschaft Moormerland: Eine Busanbindung ist hier abends fast nicht gegeben. Ein Ausbau der Zeitfenster und Linien der bestehenden Busverbindungen kann nur in Übereinstimmung mit den angrenzenden Landkreisen erreicht werden. Dass der Bahnhof in Neermoor wieder aktiviert wird, ist schon ein großer Schritt. Auf dem Land, und Moormerland ist nun einmal eine Flächengemeinde, ist aktuell dann noch ein Anrufbus sinnvoll, um den individuellen Autoverkehr zu minimieren und die Mobilität zu fördern.

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