Was Sie heute wissen müssen
2G | Meinungsfreiheit | Bett-Sensoren
Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.
Im Urlaub habe ich ein Buch gelesen, dessen Titel mich zutiefst reizte: „Das Elend der Medien“, eine Studie von zwei Sozialwissenschaftlern, die sich mit der gesunkenen Glaubwürdigkeit des Journalismus befasst. Eines der Hauptargumente macht mit nachdenklich: Die Kritik vieler Menschen, Medien würden nicht wenigstens versuchen, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu berichten, sondern sie hätten das Ziel, die Leser zu erziehen. Zwar richtete sich diese Kritik in der Studie vor allem an öffentlich-rechtliche Medien und gar nicht an Lokalzeitungen, trotzdem ereilte auch uns dieser Vorwurf massiv in den vergangenen Corona-Monaten. Zum Beispiel durch Abo-Kündigungen von Menschen, die sich nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen wollen und sich durch unsere Berichterstattung an den Pranger gestellt fühlen.
Ich finde das schwierig, es macht mich auch ratlos. Denn auch wenn ich persönlich überzeugt bin, dass eine Impfung der beste Schutz ist gegen eine lebensbedrohliche Covid-Erkrankung, und die bisherigen Forschungsdaten diese Einschätzung stützen, so geht es doch um die persönliche Haltung und um die Ängste anderer Menschen. Wie sollen wir als Journalisten damit umgehen?
Wir sollen wir damit umgehen, dass nach Hamburg auch Niedersachsen den Druck auf nicht geimpfte Menschen verstärkt, in dem es die 2G-Regelung einführen will und nur Geimpften und Genesenen die verfassungsgemäßen Freiheiten zurückgeben will? Ein schwieriges Thema, nicht zuletzt deshalb, weil Kinder und Jugendliche, selbst wenn sie geimpft werden wollen, bisher nur zu einem geringen Teil die Spritze bekommen haben oder sie gar nicht bekommen dürfen. Die Einzelhändler in Ostfriesland fürchten jedenfalls die 2G-Regel, wie Martin Alberts gestern erfragt hat. Kontrollen an den Eingangstüren ihrer Geschäfte können sie sich nicht vorstellen. Noch mehr fürchten sie allerdings einen erneuten Lockdown. Aber lesen Sie selbst.
In Loquard, einem Ortsteil der Krummhörn, jedenfalls gibt es mindestens einen sehr aktiven Impfgegner. Er lässt seiner Wut über die Politik auf Plakaten an der Straße freien Lauf, wie Claus Hock berichtet. Andere Bürger aus dem Ort beschweren sich darüber im Rathaus und beim Gemeinderat. Vergebens. Zu Recht, wie ich finde, verweist die Gemeindeverwaltung auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Wir müssen diese Kritik einfach aushalten, selbst wenn sie töricht ist und sich nicht auf Fakten stützt.
Erstaunlich wenig Aufsehen erregt die mögliche Drei- und Vierfach-Impfung von mehr als 1200 Menschen in Friesland, bei denen unklar ist, ob sie in den ersten beiden Durchgängen Vakzin oder Kochsalz bekommen haben. Dies ließe sich zwar durch Antikörper- oder T-Zell-Tests ermitteln, diese aber lehnen die Behörden ab. Was Andreas Ellinger, der sich tief in die Sache eingearbeitet hat, nicht versteht. Zumal bis heute nicht klar ist, ob die verdächtige Krankenschwester tatsächlich die Arbeit des Impfzentrums sabotiert hat. Beweise gibt es dafür nicht einen einzigen. Und so veranstaltet der Landkreis Friesland das „womöglich größte Corona-Impfstoff-Experiment in Deutschland“.
Am intensivsten beschäftigt ist die Redaktion derzeit natürlich mit den Kommunalwahlen. Mir gefallen die seitenweisen Vergleiche der Wahlprogramme der Parteien und Wählergruppen in den Städten und Gemeinden (optisch) überhaupt nicht, aber ich sehe auch keine Alternative, wie wir den inhaltlichen Vergleich besser machen und den Lesern die für ihre Wahlentscheidung wichtigen Unterschiede deutlicher aufzeigen können. Außer natürlich bei Podiumsdiskussionen, bei denen ja nicht nur zählt, was gesagt wird, sondern auch wie. Die Kandidatenküren in Weener und Moormerland liegen als Videos zum Nachschauen vor, heute Abend folgt die vermutlich spannendste Diskussion im Theater an der Blinke in Leer, die weiteren sind Krummhörn (Freitag), Wiesmoor (Dienstag) und Norden (Mittwoch) - wo der Ausgang der Bürgermeisterwahlen auch jeweils völlig offen ist.
„Ich bin jung genug und stehe mitten im Leben.“ Wenn das ein 79-Jähriger sagt, der seit 50 Jahren für die FDP in Emden Kommunalpolitik macht, dann lässt das aufhorchen. Erich Bolinius leidet entweder an Selbstüberschätzung - verzeihen Sie mir, Herr Bolinius, ich weiß ja, dass Sie diesen Newsletter jeden Morgen lesen - oder er hat Recht. Urteilen Sie selbst! Gordon Päschel hat ihn interviewt, der Titel des Gesprächs: „Können Sie (nicht) loslassen, Herr Bolinius?“
Endlich geht es vorwärts bei den „Donnerzügen“ in Leer. Die Bahn misst jetzt die Vibrationen, die durchfahrende Güterzüge erzeugen. Katja Mielcarek, die seit einem halben Jahr über die Anwohnerbeschwerden berichtet und anfangs eher belächelt wurde, kann sich freuen. Sie berichtet darüber, wie die Messungen ablaufen. Sogar unter Betten werden die empfindlichen Sensoren angebracht. Da könnte es ja ganz andere Vibrationen ... Stopp, Braun, das wollen wir jetzt nicht weiter ausführen. Keine Bilder, kein Kopfkino. Einfach Schluss für heute.
Was heute wichtig wird:
- An diesem Mittwochabend stellen sich die Leeraner Bürgermeisterkandidaten bei der OZ-Podiumsdiskussion im Theater an der Blinke den Fragen zu wichtigen Themen in der Stadt. Ab 19 Uhr kann die Veranstaltung live auf OZ-Online verfolgt werden.
- Die Arbeiten am Bahnübergang an der Bremer Straße sind eigentlich abgeschlossen, doch an den Schranken ragen weiterhin Absperrbaken in den Radweg. Was es damit auf sich hat, erklärt Katja Mielcarek.
- Ein 32-Jähriger soll sich 2019 in Leer wiederholt in der Öffentlichkeit entblößt haben, unter anderem bei einem Einstellungsgespräch, im Bus und gegenüber einer Taxifahrerin. Das erstinstanzliche Urteil lautete ein Jahr und sechs Monate. Bettina Keller verfolgt die Berufung.
- Der gebürtige Langeooger Oliver Numrich lebt in Berlin, schreibt als Autor für Nahrungsmittelmagazine und verlor durch Corona seine Aufträge. Diese Zwangspause nutzte er, um seine eigene Chipssorte zu entwickeln. Imke Oltmanns hat mit ihm gesprochen.
- Kurz vor dem Schulstart kritisieren Eltern die Maskenpflicht für Grundschüler. Bei der Sitzung des Emder Schulausschusses wollen sie deshalb mit den Mitgliedern über die Regelungen sprechen. Mona Hanssen hat sich im Vorfeld mit Eltern über das Thema unterhalten.
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