Istanbul (dpa)
Trotz Kritik an Flüchtlingspolitik: Ankara für neuen EU-Deal
Der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei ist umstritten - auf beiden Seiten. Die Regierung in Ankara drängt nun auf eine Erneuerung des Abkommens - auch wegen der Lage in Afghanistan.
Die türkische Regierung fordert ungeachtet scharfer Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik im Land eine Erneuerung des EU-Türkei-Deals. Das Abkommen müsse erneuert werden, „umfangreich“ sein und Syrer aber auch Afghanen in der Türkei umfassen, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag.
Neben 3,7 Millionen Syrern leben nach offiziellen Angaben bereits 300.000 Afghanen im Land. Die türkische Regierung hat sich bereits mehrmals vehement dagegen ausgesprochen, neue Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. Einer kürzlich erschienen Umfrage des Instituts Metropoll zufolge stimmten knapp 66 Prozent der Befragten in der Türkei der Aussage zu, die gestiegene Zahl von Flüchtlingen im Land sei ein Resultat falscher Außenpolitik.
Der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei sieht unter anderem vor, dass die Türkei gegen unerlaubte Migration in die EU vorgeht und Griechenland illegal auf die Ägäis-Inseln gelangte Migranten zurück in die Türkei schicken kann. Im Gegenzug übernimmt die EU für jeden zurückgeschickten Syrer einen syrischen Flüchtling aus der Türkei und unterstützt das Land finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge. Die Türkei wirft der EU jedoch vor, ihren Teil der Abmachung nicht einzuhalten und verweigert derzeit die Rücknahme. Griechenland hatte die EU-Kommission darum kürzlich aufgefordert, die Türkei zur Rücknahme von abgewiesenen Asylbewerbern zu bewegen.
EU-Spitzen und die Türkei wollen den Deal seit geraumer Zeit überarbeiten. Erste Überlegungen von Seiten der EU sehen vor, der Türkei bis 2024 zusätzlich 3,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zukommen zu lassen. Die Türkei hatte das als unzureichend kritisiert.
Die Opposition hatte in ihre Rhetorik beim Thema Migranten zuletzt deutlich feindlichere Töne angeschlagen. In Ankara war es zudem vor einigen Wochen zu Angriffen auf Syrer und ihre Geschäfte gekommen.
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