Kabul/Washington (dpa)
Erster Evakuierungsflug aus Kabul seit Ende der Mission
Ende August verließen die letzten US-Soldaten Kabul, damit endete auch die Evakuierungsmission. Jetzt ist wieder ein Flugzeug mit Schutzsuchenden von dort aus gestartet - auch Deutsche sollen auf der Passagierliste gestanden haben.
Erstmals seit dem Ende der militärischen Evakuierungsmission in Kabul sind wieder Schutzbedürftige aus der afghanischen Hauptstadt ausgeflogen worden. Der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses teilte mit, die Taliban hätten sich „kooperativ“ gezeigt.
Nach einem Bericht der „Washington Post“ waren auf der Passagierliste des gecharteten Flugzeugs der katarischen Airline Qatar Airways 211 afghanische Doppel-Staatsbürger, darunter Staatsbürger Deutschlands, der USA, Kanadas, Großbritanniens, Italiens, der Niederlande und der Ukraine. Unklar war, ob tatsächlich alle davon bis zum Abflug den Flughafen erreicht hatten.
Der Sicherheitsrat in Washington bestätigte, dass der Flug sicher in Doha in Katar landete. Die US-Regierung werde ihre Bemühungen fortsetzen, Amerikaner und verbündete Afghanen außer Landes zu bringen. Die militärische Evakuierungsmission in Kabul war Ende vergangenen Monats mit dem Abzug der letzten US-Soldaten aus Afghanistan beendet worden. Seitdem bemühen sich westliche Länder wie Deutschland, ihren Staatsangehörigen und ihren früheren afghanischen Ortskräften die Ausreise zu ermöglichen.
Zum Flughafen Kabul sagte Katars Sondergesandter für Afghanistan, Mutlak al-Kahtani, am Donnerstag laut „Washington Post“, dieser sei nun wieder betriebsbereit. Man wolle eine schrittweise Wiedereröffnung des Flughafens. Für Freitag erwarte er einen weiteren Flug. Die US-Regierung dankte Katar für das Engagement.
US-Außenminister Antony Blinken hatte die Taliban am Mittwoch bei einem Besuch auf der US-Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz aufgefordert, ihre Zusage einzuhalten, Afghanen mit entsprechenden Reisedokumenten ausreisen zu lassen. Er hatte auf Charterflugzeuge in Masar-i-Scharif im Norden des Landes verwiesen, mit denen schutzsuchende Afghanen ausgeflogen werden sollten, die von den Taliban aber aufgehalten würden.
In Deutschland haben am Donnerstag mehr als 20 Menschenrechtsorganisationen die Bundesregierung aufgefordert, gefährdete Menschen aus Afghanistan auch in den kommenden Wochen in Sicherheit zu bringen. Die Evakuierungen müssten fortgesetzt und afghanische Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden, zum Beispiel durch zivile Flüge aus Afghanistan oder einem Nachbarstaat, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung vom Donnerstag. Zu den Unterzeichnern gehören Amnesty International und Pro Asyl.
In Afghanistan hatten die Taliban am Mittwochabend (Ortszeit) vorerst weitere Proteste verboten. In der ersten offiziellen Erklärung des Innenministeriums nach der Regierungsbildung hieß es, niemand solle derzeit versuchen, Proteste zu organisieren. Bei Verstößen wird mit ernsthafter Strafverfolgung gedroht.
Die Anordnung kam nach drei Tagen Protesten in Kabul am Vorabend des sogenannten „Massud-Tages“, dem Todestag des legendären Taliban-Gegners und Anführer der Nordallianz, Achmad Schah Massud. Üblicherweise fahren am Massud-Tag Tausende seiner Anhänger, ein großer Teil davon aus dessen Heimatprovinz Pandschir, vermummt und bewaffnet in langen Auto-, Motorrad- und Fahrradkorsos durch Kabul. Am Donnerstag gab es zunächst keine Berichte von derartigen Umzügen.
Dafür kursierten in sozialen Netzwerken Videos und Bilder, die zeigen, dass das Grab des von vielen als Nationalhelden verehrten Massud im Pandschir-Tal offenbar teils zerstört wurde. Auf diesen ist zu sehen, dass die Glasplatte über dem Grab kaputt ist und der Stein am oberen Ende des Grabes umgefallen und in drei Stücke zerbrochen ist.
Massud, besser bekannt als der „Löwe von Pandschir“, hatte in den 1990er-Jahren erbitterten Widerstand gegen die Taliban geleistet, bis er bei einem Selbstmordattentat zwei Tage vor dem 11. September 2001 getötet wurde. Es ist unklar, wie das Grab zerstört wurde. Die Taliban haben nach rund einer Woche schwerer Gefechte mit Widerstandskämpfern in dem Tal am Montag erklärt, die Provinz stünde unter ihrer Kontrolle.
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