Kommunalpolitik

Der „halbnackte Koch“ geht durch die Instanzen

Joachim Braun
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Von Joachim Braun
| 09.09.2021 18:46 Uhr | 3 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Gerd Koch – hier vollständig bekleidet bei einem Gerichtsprozess im Jahr 2019 – streitet sich mit der Zeitungsgruppe Ostfriesland vor Gericht. Foto: Ortgies/Archiv
Gerd Koch – hier vollständig bekleidet bei einem Gerichtsprozess im Jahr 2019 – streitet sich mit der Zeitungsgruppe Ostfriesland vor Gericht. Foto: Ortgies/Archiv
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Gut ein Dutzend Zeugen hat gesehen, dass der Kreistagsabgeordnete Gerd Koch mit nacktem Oberkörper an einer Ausschusssitzung teilnahm. Koch behauptet, er sei bekleidet gewesen. Die Sache ist vor Gericht.

Leer - Gerd Koch ist in der Kommunalpolitik in Stadt und Landkreis Leer tief verwurzelt. Obwohl seit vielen Jahren Kreistagsmitglied hält er nicht viel von der parlamentarischen Arbeit, was sich daran zeigt, dass er seit Jahren in den Sitzungen kaum Anträge stellt noch sich ausführlich zu Wort meldet. Wer wissen will, wie der mehrfach verurteilte Volksverhetzer tickt, kann dessen forsch formulierte Gedanken aber jederzeit auf dessen Internetseite nachlesen.

Am 20. Juni hatte es der Mitt-Siebziger (Jahrgang 1948) mit seiner Geringschätzung der politischen Institutionen allerdings ein bisschen zu weit getrieben. An der hybriden Sitzung des Feuerwehrausschusses nahm Koch per Computer und Videoprogramm aus dem Urlaub heraus teil - in Badeshorts und oben ohne. Einer Bitte, er möge doch ein Hemd überstreifen, kam der fröhliche Strandurlauber nicht nach.

Manche Beteiligte waren belustigt, andere empört

Alle anderen Kreistagsmitglieder mussten den Anblick des nackten Oberkörpers des Kollegen ertragen, auch der Landrat Matthias Groote, der Ausschussvorsitzende Broer Wübbena-Mecima sowieso, Kreisbrandmeister Johann Waten sowie einige Mitarbeiter des Kreishauses. Manche waren belustigt, andere empört, die OZ berichtete über den Vorfall, und Nikola Nording kommentierte: „Ein unangenehmer Anblick“.

Und was macht Gerd Koch? Er behauptet, dass zwei Dutzend Zeugen nicht wissen, was sie gesehen haben und nennt die OZ auf seiner Webseite ein „Lügenblatt“. Zitat: „Aber so ist das, wenn ein einst renommiertes Blatt auf minderwertiges Personal setzt. Mich wundert es daher auch nicht, dass immer mehr Leser der OZ das Abo kündigen. Wer will schon für Lügen zahlen?“

Eidesstattliche Versicherung des Ausschussvorsitzenden

Darauf reagierte die Zeitungsgruppe Ostfriesland (die die OZ herausgibt) mit einer anwaltlichen Unterlassungsaufforderung. Der Ausschussvorsitzende Wübbena-Mecima bestätigte dazu per eidesstattlicher Versicherung, dass „Herr Koch keine Oberbekleidung trug, d.h. an der Sitzung mit freiem Oberkörper teilnahm“. Und was macht der Rechtsanwalt a.D. Koch?

Weder unterschreibt er die Unterlassungserklärung, noch nimmt er den „Lügenblatt“-Beitrag von seiner Webseite. Seine handschriftliche Begründung: „Ich war während der Sitzung nicht halbnackt bekleidet.“ Das „nicht“ hat er zusätzlich noch unterstrichen. Also der nächste juristische Schritt im Fall ZGO ./. Koch: Eine einstweilige Verfügung beantragt beim Landgericht Aurich. Am 14. Juli wird dem Antrag stattgegeben. Für den Fall, dass Koch weiter behauptet, die OZ sei ein „Lügenblatt“, werde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro fällig.

Koch legt Widerspruch ein

Koch löscht den Beitrag auf seiner Internetseite. Damit könnte die Posse ein Ende haben, hat sie aber nicht. Denn am 13. August legt Koch Widerspruch gegen den Beschluss des Landgerichts ein. Er behauptet nun, er sei vor der Sitzung nur mit einer Badehose bekleidet gewesen, aber mitnichten in der Sitzung. An der habe er „selbstverständlich (mit) vollständig begleitetem (sic!) Oberkörper“ teilgenommen.

An einer Klärung des Widerspruchs ist Koch nur mäßig interessiert. Er bittet das Gericht, „noch keinen Termin anzuberaumen und noch keine Entscheidung zu treffe“, und er liefert auch nicht, wie in solchen Fällen üblich, eine eigene eidesstattliche Versicherung über den Sachverhalt mit. Die juristische Klärung bleibt also weiter in der Schwebe.

Am Sonntag, 12. September, kandidiert Gerd Koch sowohl für den Kreistag wie auch für den Stadtrat Leer.

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