Berlin (dpa)
Wohl keine großflächigen Neuwahlen in Berlin nötig
Warteschlangen, falsche Wahlzettel, Stimmabgaben nach 18 Uhr: Pannen prägten die Wahl in Berlin. Zu einer flächendeckenden Neuwahl wird es nun wohl nicht kommen - doch der Senat kündigt Konsequenzen an.
Die vielen Wahlpannen in Berlin am 26. September sind laut ersten Erkenntnissen des Senats nicht so schwerwiegend, dass sie eine flächendeckende Neuwahl nötig machen.
Nachwahlen in einzelnen Wahlkreisen oder Stimmbezirken wollte Innensenator Andreas Geisel (SPD) aber nicht ausschließen. „Nach jetzigem Stand gehe ich nicht davon aus, dass die Wahl in Berlin großflächig wiederholt werden müsste“, sagte Geisel in Berlin. „Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen sind die Unregelmäßigkeiten nicht in einem Umfang zu sehen, die mandatsrelevant oder wahlverfälschend sind“, ergänzte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (beide SPD).
Nicht ausschließen wollte Geisel Nachwahlen in bis zu drei Wahlkreisen oder in einzelnen Stimmbezirken. Es gehe dabei um die Erststimmen bei der Abgeordnetenhauswahl. Der Stimmabstand zwischen den dortigen Kandidierenden sei so gering, dass etwa falsche Wahlzettel oder unterbrochene Wahlen durchaus mandatsrelevant gewesen sein könnten.
„Bundestagswahl nicht betroffen“
„Nach jetzigem Stand gehen wir davon aus, dass die Bundestagswahl nicht betroffen ist“, fügte er hinzu. Das gelte auch für die Zweitstimmen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus.
In Berlin war am 26. September nicht nur der Bundestag gewählt worden, sondern auch das Abgeordnetenhaus sowie die Bezirksverordnetenversammlung. Außerdem waren die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, über einen Volksentscheid abzustimmen.
In vielen Wahllokalen war es zu Unregelmäßigkeiten und Pannen gekommen: So wurden laut Geisel in mindestens acht Lokalen falsche Stimmzettel aus anderen Bezirken ausgegeben. „Es hat auch die Situation gegeben, dass zeitlich begrenzt in einzelnen Wahllokalen Stimmzettel nicht ausgegeben wurden, obwohl sie vorlagen.“
Aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen hatten sich vor mehreren Wahllokalen lange Schlangen gebildet. Manche Bürgerinnen und Bürger konnten erst weit nach 18 Uhr ihre Stimme abgeben. Zwei Wahllokale in Pankow seien hingegen trotz wartender Menschen geschlossen worden, so dass etwa 70 Wahlberechtigte ihre Stimme nicht mehr abgeben konnten.
Anfechtung erst nach dem 14. Oktober möglich
Ein Anfechtung der Wahl zum Abgeordnetenhaus ist erst nach Feststellung des Endergebnisses am 14. Oktober möglich. Entscheidend für die Bewertung durch den Berliner Verfassungsgerichtshof ist dabei, ob sich Fehler auf die Verteilung der Sitze ausgewirkt haben. Wird ein Einspruch anerkannt, kann dies eine Neuauszählung oder sogar eine Neuwahl in einem bestimmten Wahlgebiet zur Folge haben. Für die Bundestagswahl sind Einsprüche an den Bundestag zu richten.
Der Senat will nun eine Expertenkommission berufen, die die organisatorischen Vorgänge bei der Wahl überprüfen soll, um in Zukunft solche Fehler auszuschließen. Auch das Parlament müsse eingebunden werden. Im März 2022 soll die Kommission ihre Ergebnisse vorlegen.
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