Deggendorf (dpa)
CSU-Chef Söder: Deutsche wollten „anderen Kanzlerkandidaten“
Bei einem Treffen der Jungen Union versucht Bayerns Ministerpräsident, die Wahlschlappe zu erklären. Und bekommt plötzlich selbst Gegenwind für seine Ein-Mann-Show.
CSU-Chef Markus Söder führt das schlechte Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl auf den unpopulären Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) und eine schwache Wahlkampfstrategie zurück.
„Es ist einfach so: Am Ende wollten die Deutschen einen anderen Kanzlerkandidaten als den, den CDU und CSU aufgestellt haben“, sagte Söder bei der Landesversammlung der Jungen Union in Deggendorf. „Genauso wie es eine Rolle gespielt hat, dass wir von Anfang an nicht ganz sicher waren, welche Strategie wir inhaltlich eigentlich fahren.“
Die CSU habe sich „inhaltliche Akzente der Erneuerung“ erhofft. Als ein Beispiel nannte Söder die Forderung nach Steuerentlastungen für Mittelschicht, Unternehmensgründer und Leistungsträger. „Nur der Hinweis darauf, es ändert sich nichts, ist keine Motivation, keine Stimulation.“
„Die Ampel ist am Zug“
Ohne die CDU beim Namen zu nennen, forderte Söder die Schwesterpartei auf, sich in Berlin nicht bei FDP und Grünen anzubiedern, um in der Regierung bleiben zu können. „Die Ampel ist am Zug“, sagte der CSU-Chef.
Nur vor der Tür zu sitzen und darauf zu warten, dass man bei irgendeiner hakenden Verhandlung mit der Ampel dann mal zufällig reingeholt wird, sei schwierig. „Wir sind nicht nur der dauerhafte Ersatzkandidat.“
Söder nannte die Wahlniederlage eine Zäsur für CDU und CSU. „Die Union hat überall verloren, und zwar breit und tief. (...) Wir sind bei den Jungwählern nur noch auf Platz vier.“ Auch die CSU habe ein schlechtes Ergebnis eingefahren, „ein sehr schlechtes“. „Es war auch so, dass unser eigenes Personal nicht so zog, wie wir es erwartet haben.“
Auch Söder bekommt Gegenwind
Während Söder Unions-Kanzlerkandidat Laschet zurechtstutzte, bekam auch der CSU-Chef selbst in Deggendorf Gegenwind aus den eigenen Reihen zu spüren. Die Delegierten der Jungen Union stimmten mit großer Mehrheit dafür, Söders Namen aus einer Passage der Erklärung zu streichen, die der JU-Landesvorstand zur Aufarbeitung der Niederlage bei der Bundestagswahl entworfen hat. Anlass der symbolträchtigen Abstimmung waren Vorbehalte, dass Söder in seiner Partei zur alles dominierenden Figur geworden sei.
Notwendig sei Teamarbeit und keine Ein-Mann-Show, sagte der Delegierte Stefan Meitinger, der unter Beifall den Antrag zur Streichung von Söders Namen einbrachte.
„Es ist Zeit, (...) ein schlagkräftiges, frisches Team hinter unserem starken Zugpferd Markus Söder zu bilden, das glaubhaft die ganze Bandbreite einer Volkspartei abdeckt“, hieß es im ursprünglichen Entwurf. In der schließlich verabschiedeten Fassung fehlte dann das „Zugpferd Markus Söder“, es blieb nur das „frische Team“.
Die Versammlungsleitung hatte noch versucht, die Abstimmung zu entschärfen und einen Kompromissvorschlag vorzulegen, fand aber kein Gehör. „Nein“, scholl es aus dem Saal.
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