Nairobi (dpa)
Rebellenvormarsch in Äthiopien: Druck auf Regierung wächst
Seit einem Jahr wütet in Äthiopien ein blutiger Konflikt, der zuletzt immer weiter eskalierte. Rebellen stehen wenige Hundert Kilometer vor Addis Abeba. Der Druck auf die Regierung wächst.
Im Krisenstaat Äthiopien wächst der Druck auf die Zentralregierung und Ministerpräsident Abiy Ahmed. Die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) steht nach eigenen Angaben weniger als 350 Kilometer vor der Hauptstadt Addis Abeba.
Hunderte von Flüchtlingen aus den Konfliktregionen Tigray, Amhara and Afar trafen in der Hauptstadt ein, wie ein Augenzeuge der dpa sagte. Für Sonntag plant die Regierung eine Demonstration gegen die Rebellen, Hunderttausende Menschen werden zum Protest erwartet. Die US-Botschaft in Addis Abeba zog US-Regierungsangestellte und ihre Familienangehörigen ab und riet US-Bürgern, das Land schnellstmöglich zu verlassen.
Ausnahmezustand
Der militärische Konflikt in dem Land am Horn von Afrika, in dem geschätzt 650 Deutsche leben, hat sich in den vergangenen Tagen deutlich verschärft. Die Regierung verkündete am Dienstag einen Ausnahmezustand. Am Freitag unterzeichneten neun äthiopische Oppositionsfraktionen in Washington ein Bündnis gegen Abiys Regierung. Man wolle Abiy durch „Verhandlungen oder mit Gewalt“ dazu bringen, eine Übergangsregierung zu bilden, hieß es im Anschluss in einer Pressekonferenz.
Der UN-Sicherheitsrat forderte ein Ende der Gewalt. Das mächtigste UN-Gremium verlangt von den Konfliktparteien, „einen dauerhaften Waffenstillstand auszuhandeln sowie die Bedingungen für den Beginn eines inklusiven äthiopischen nationalen Dialogs zu schaffen“.
Die Rebellen konnten sich inzwischen Zugang zu einer der wichtigsten Autobahnen im Land verschaffen. Berichten zufolge sollen die Milizen auch versuchen, die Versorgungsroute vom Hafen in Dschibuti nach Addis Abeba zu kappen.
Der Konflikt brach aus, als Abiy begann, die in der Tigray-Region an der Macht befindliche TPLF zu verdrängen. Sie dominierte Äthiopien gut 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam. Viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und fordern mehr Autonomie. Inzwischen sind etwa 400.000 Menschen im Norden akut vom Hungertod bedroht.
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