Leverkusen (dpa)
Bayer macht bessere Geschäfte - Agrar-Chef Condon geht
Hohe Agrarpreise sind Rückenwind für den Leverkusener Bayer-Konzern. Überraschenderweise verlässt jetzt, da das Geschäft in der wichtigen Agrarchemie-Sparte wieder brummt, ein wichtiger Manager die Firma.
Eine große Nachfrage nach Saatgut und Pflanzenschutzmitteln sowie nach rezeptfreien Medikamenten haben Bayer im abgelaufenen Quartal Rückenwind beschert. Konzernchef Werner Baumann sprach am Dienstag von einer „starken Wachstumsdynamik“.
Ein Grund sind Mengen- und Preissteigerungen im Agrargeschäft in Nordamerika. Auch in Lateinamerika laufe es gut. Die beiden Regionen machen 70 Prozent des Agrarchemie-Geschäfts des Leverkusener Konzerns aus, der 2016 den US-Konkurrenten Monsanto übernahm. Auf die Gewinnentwicklung im laufenden Jahr blickt Baumann nun etwas optimistischer.
Unterdessen gab das Unternehmen eine Personalie bekannt: Der Chef der Agrarsparte (Crop Science), Liam Condon, verlässt den Dax-Konzern zum Jahresende. Condon bat darum, seinen bis 31. Dezember 2023 laufenden Vertrag vorzeitig aufzulösen. Nachfolger wird der 48-jährige Rodrigo Santos, der seit Juni 2021 als Chief Operating Officer das Tagesgeschäft der Sparte verantwortet. Zuvor leitete er das Crop-Science-Geschäft in Lateinamerika. In der Vergangenheit schwankte die Entwicklung des Agrargeschäfts teils stark, was auch mehrfach Kritik von Analysten nach sich gezogen hatte.
Im abgelaufenen Quartal lief es in dem Geschäftsbereich nun aber wieder rund, nachdem im Vorjahreszeitraum vor allem Produkt-Retouren bei Maissaat in den USA belastet hatten. Der Umsatz zog hier deutlich an. Gefragt waren aber auch Sojasaat und Unkrautvernichter. Eine Unterbrechung der Glyphosat-Produktion infolge eines Hurrikans in einem großen US-Werk hatte nur bedingt Folgen. Insgesamt erzielte die Agrarsparte in den Monaten Juli bis September einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 471 Millionen Euro, nachdem es im Vorjahreszeitraum noch ein Minus von 34 Millionen Euro gewesen war.
Auch im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten (Consumer Health) lief es etwas besser. In der Pharmasparte fiel der operative Gewinn zwar um knapp 10 Prozent auf 1,37 Milliarden Euro; das lag aber insbesondere an Kosten im Zusammenhang mit der Markteinführung des Nierenmittels Kerendia sowie an höheren Forschungskosten etwa im Zell- und Gentherapie-Geschäft. Der Umsatz wuchs im Pharmageschäft indes, auch dank der Nachfrage nach dem Blutgerinnungshemmer Xarelto und dem Augenmedikament Eylea.
Konzernweit steigerte Bayer den Umsatz im dritten Quartal im Jahresvergleich um knapp 15 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis legte um gut 16 Prozent auf knapp 2,1 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich verdienten die Leverkusener 85 Millionen Euro - hier drückten insbesondere Kosten für Umbaumaßnahmen. Vor einem Jahr war allerdings wegen Abschreibungen auf das Agrargeschäft noch ein Minus von 2,7 Milliarden Euro angefallen.
Bayer hatte sich durch die Monsanto-Übernahme den juristischen Ärger rund um Glyphosat ins Haus geholt, der viele Milliarden kostet und auf dem Aktienkurs lastet. Die Kursverluste seit der ersten Prozessniederlage im Sommer 2018 summieren sich trotz der jüngsten Erholung immer noch auf rund 45 Prozent. Mittlerweile hat sich der Rummel etwas gelegt, und Bayer arbeitet nach einer Grundsatzvereinbarung die Klagen mit Vergleichen ab: „Von den im Geschäftsbericht genannten circa 125 000 Fällen handelt es sich um etwa 98 000 Fälle, einschließlich derjenigen, die nicht die Vergleichskriterien erfüllen“, nennt Bayer im Quartalsbericht deren Zahl zum Stichtag 22. Oktober.
Vom Tisch ist das Thema damit aber nicht. Ein Richter akzeptierte einen wichtigen Teil des mit Klägern ausgehandelten Kompromisses nicht - und zwar den Umgang mit künftigen Klagen. Bayer setzt daher mittlerweile auf eine Entscheidung des Obersten US-Gerichts, um eine Wende herbeizuführen. Die Firma reichte im August einen Antrag auf Revision eines Urteils in einem der verlorenen Glyphosat-Prozesse ein. Eine höchstrichterliche Entscheidung zugunsten von Bayer hätte Signalwirkung und käme einem Befreiungsschlag gleich. Noch steht eine Entscheidung des Supreme Courts aber aus, ob er den Fall überhaupt zur Verhandlung annimmt.
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