Berlin (dpa)
Corona holt Weihnachtsmärkte womöglich auch 2021 ein
Sachsens Regierungschef malt den Teufel an die Wand: Die einen trinken Glühwein und in den Krankenhäusern ist wegen Corona alles am Ende. Er fordert, Weihnachtsmärkte erneut abzusagen.
Alle Jahre wieder: Weihachtsmarktabsage?
Während in Köln am 11.11. Massen in den Karneval schunkelten, Hunderttausende zum Martinszug oder Martinsgans-Essen gingen und zum Beispiel in Duisburg Leute schon Glühwein auf dem soeben eröffneten 2G-Weihnachtsmarkt schlürften, bangen am Donnerstag Tausende Schaustellerfamilien um ihre Existenz. Sie sehen eine erneute Absage der Weihnachtsmärkte aufziehen. Ein Déjà-vu-Effekt. Wird der Advent 2021 vielleicht doch gar nicht besser als der des vergangenen Jahres?
Eine Umfrage ergab kürzlich, dass die Weihnachtsmarktvorfreude 2021 angesichts des Verzichts letztes Jahr eigentlich sehr groß ist.
„Es ist unerträglich, im zweiten Winter in Folge den Kopf für Versäumnisse des Sommers hinzuhalten“, sagt am Donnerstag Präsident Albert Ritter vom Deutschen Schaustellerbund (DSB) laut Mitteilung.
Überall in Deutschland laufe derzeit der Aufbau der etwa 3000 traditionellen Weihnachtsmärkte. Im Vertrauen auf Zusagen der Politik bauten die Schausteller - meist Familienbetriebe - auf, haben Waren gekauft, Personal eingestellt und Standmieten gezahlt.
Und jetzt kommen in fast letzter Minute erste Forderungen nach einer Planänderung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer forderte angesichts der drastischen Zunahme von Corona-Neuinfektionen die Absage von Weihnachtsmärkten.
In der Sendung „Frühstart“ bei RTL/ntv sagte der CDU-Politiker: „Man kann sich doch nicht vorstellen, dass man auf dem Weihnachtsmarkt steht, Glühwein trinkt und in den Krankenhäusern ist alles am Ende und man kämpft um die letzten Ressourcen.“
DSB-Präsident Ritter sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag online, Freitag Print), falls es wegen steigender Inzidenzen zu Markt-Absagen komme, müssten die Überbrückungsgelder, die Silvester enden sollten, verlängert werden. Bei einem erneuten Lockdown fände es Ritter ungerecht, ausgerechnet die zu bestrafen, die sich an die Regeln hielten. „Höchstens könnte man Ungeimpfte von den Weihnachtsmärkten ausschließen.“
Ritter betonte, die Märkte seien nicht mit Indoorveranstaltungen zu vergleichen. Zweifel, ob die Abstandsregeln bei Alkoholkonsum eingehalten würden, wehrte er in den Funke-Zeitungen ab: „Weihnachtsmärkte sind nicht der Ballermann auf Mallorca.“ Man trinke einen Glühwein und gehe weiter, trinke vielleicht noch einen zweiten an einem anderen Stand. „Weihnachtsmärkte gehören zur Tradition, dort geht es um ein gepflegtes Miteinander.“ Eine Maskenpflicht lehnt Ritter ab, weil es die in Fußgängerzonen ja auch nicht gebe.
Der Städte- und Gemeindebund spricht sich derweil für Zugangsbeschränkungen wie 2G oder 2G-Plus auf den Weihnachtsmärkten aus. „In der aktuellen Situation halten wir 2G auf den Weihnachtsmärkten für ein wichtiges Zeichen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Funke-Zeitungen.
Die Regel 2G besagt, dass nur Genesene und Geimpfte auf den Markt dürfen. Bei 2G-Plus besteht für Genesene und Geimpfte zusätzlich eine Testpflicht.
Eine repräsentative Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hatte Anfang November ergeben, dass die Erwachsenen in Deutschland völlig uneins sind, welche Corona-Regeln bei Weihnachtsmärkten angemessen sind.
Für 3G votierten 27 Prozent, für 2G etwas weniger (22 Prozent). 18 Prozent würden Abstandsregeln reichen. Keinerlei Einschränkungen wollten 17 Prozent. „Weihnachtsmärkte sollten in diesem Winter abgesagt werden“, sagten dagegen zunächst nur 8 Prozent.
Einigkeit herrschte dagegen bei der Vorfreude auf den Budenzauber: 71 Prozent der Bundesbürger wollten in diesem Jahr „bestimmt“ oder „wahrscheinlich“ auf einen Weihnachtsmarkt gehen.
Die Zahl der Menschen, die einen großen Bogen um Weihnachtsmärkte machen, war dagegen vor kurzem noch klein: Lediglich 4 Prozent sagten, dass sie in diesem Jahr keinen Weihnachtsmarkt besuchen wollen. „Wahrscheinlich nicht“ sagten 18 Prozent.
Die Weihnachtsmarktsaison startet 2021 mancherorts besonders früh, zum Beispiel beim „Winterzauber Berlin“ oder in Duisburg. Grund ist, dass Städte den Schaustellern nach der langen Corona-Auszeit höhere Umsätze ermöglichen wollten und den Leuten heimelige Ablenkung.
© dpa-infocom, dpa:211111-99-959757/4