Berlin (dpa)
Merz: Keine Achsenverschiebung der Union mit mir als Chef
Zum dritten Mal nimmt der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz Anlauf auf den CDU-Vorsitz. Nach seiner Nominierung stellt er in Berlin einen Teil seiner Mannschaft vor. Es gibt eine Überraschung.
Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz versucht, Bedenken vor einem grundlegenden Kurswechsel der CDU bei seiner Wahl zum Vorsitzenden zu zerstreuen.
„Es wird mit mir hier keinen Rechtsruck in der Union geben. Es wird keine Achsenverschiebung in der Union geben. Mit mir soll es ein klares Profil geben“, sagte der 66-Jährige am Dienstag bei der Vorstellung seines Teams für den dritten Anlauf auf den Parteivorsitz innerhalb von drei Jahren. Merz will mit einer ungewöhnlichen Teamlösung im Amt des Generalsekretärs bei der Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz punkten.
Merz kündigte an, im Falle seiner Wahl den Bundestagsabgeordneten und früheren Berliner Sozialsenator Mario Czaja (46) zum Generalsekretär zu machen. Für den neu zu schaffenden Posten einer stellvertretenden Generalsekretärin präsentierte er die bundesweit weitgehend unbekannte Bundestagsabgeordnete und bisherige baden-württembergische Kommunalpolitikerin Christina Stumpp (34).
Czaja und Stumpp hatten bei der Bundestagswahl ihre Wahlkreise direkt gewonnen. Merz sagte, Czaja habe gezeigt, dass er Kampagne könne. Stumpp soll für ihn Bindeglied in die Kommunalpolitik sein.
Offensichtlich vor dem Hintergrund von Zweifeln in der CDU, dass er der Richtige für eine Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl 2025 sei, versicherte Merz: „Dies ist keine Vorentscheidung für spätere Entscheidungen, die in der Union getroffen werden müssen, etwa im Hinblick auf die Bundestagswahl 2025. Diese Entscheidungen treffen wir sehr viel später.“ Es gehe jetzt darum, dass sich die CDU in den nächsten zwei Jahren neu aufstelle und kraftvoll nach vorne schaue. „Nicht zurück, sondern nach vorn.“
Merz, der als Liebling der Konservativen in der CDU gilt, wird vorgehalten, er stehe für einen Weg zurück in alte Zeiten. Mit diesem Kurs seien Wähler der Mitte nicht zu erreichen, meinen viele in der CDU. Seine bisher bekannten Rivalen um den Parteivorsitz, der Außenpolitiker Norbert Röttgen und der geschäftsführende Kanzleramtschef Helge Braun, werben damit, für die Mitte der Partei zu stehen.
Merz betonte, er wolle, dass alle, die sich „im weitsten Sinne als Christdemokraten“ verstünden - Wirtschaftsliberale und sozialpolitisch engagierte Menschen genauso wie Wertkonservative -, in der CDU eine politische Heimat fänden. Auch mit seinem Aufschlag mit einem aus Frauen und Männern gemischten Team dürfte Merz versuchen, Bedenken zu zerstreuen, er sei Solist und nicht zum Teamplay fähig.
Mit Blick auf das angespannte Verhältnis zwischen dem bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat gescheiterten CDU-Vorsitzenden Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder sagte Merz, nach dem CDU-Parteitag am 21./22. Januar müsse eine neue Zusammenarbeit mit der CSU begonnen werden. Er habe mit Söder mehrfach darüber gesprochen, „dass wir das ändern müssen, dass das besser werden muss“, sagte Merz vor dem Hintergrund wiederholter Spitzen Söders gegen Laschet, die den Wahlkampf belastet hatten. Ein erster Schritt werde sein, dass man sich regelmäßig mit den engeren Parteiführungen, also den Präsidien, austausche und nicht nur unter den Vorsitzenden.
Offen ließ Merz, ob er nach einer Wahl zum Parteivorsitzenden auch zum Fraktionsvorsitz greifen würde, oder ob der Amtsinhaber Ralph Brinkhaus im Amt bleiben solle. Er habe mit Brinkhaus ausführlich gesprochen. Personalentscheidungen in Partei und Fraktion sollten gemeinsam vorbereitet werden. Auf Nachfrage betonte Merz allerdings, es sei kein Geheimnis, dass er es für richtig halte, dass in der Opposition Partei- und Fraktionsvorsitz in einer Hand seien. „Das muss man nicht so machen, das kann man so machen.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Fraktionsvize Carsten Linnemann sollten künftig wichtige Rollen in der CDU spielen, sagte Merz. So solle Kretschmer die „Stimme des Ostens“ für die CDU sein. Linnemann solle die Grundsatzkommission der Partei leiten. Er begrüße auch eine Kandidatur Kretschmers für den stellvertretenden Parteivorsitz, genauso wie die erneute Kandidatur der bisherigen stellvertretenden Bundesvorsitzenden Silvia Breher oder der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin Karin Prien. Auch mit diesen Ankündigungen dürfte Merz versucht haben, sich als möglichst breit aufgestellten Kandidaten zu präsentieren.
Einer Frauenquote in der CDU steht Merz skeptisch gegenüber. Dieses Thema müsse nach der Vorsitzendenwahl noch einmal besprochen werden. „Ich habe immer gesagt, es ist die zweitbeste Lösung“, sagte Merz. Er würde sich einer Quotenlösung zwar nicht verschließen. „Wenn wir es aber in der praktischen Umsetzung besser machen können ohne Quote, dann machen wir es ohne Quote besser.“
Merz kandidiert zum dritten Mal in Folge als Parteichef, zwei Mal hat er bisher verloren. Er sieht nun aber eine andere Ausgangslage. „Dieses Mal ist fast alles anders“, sagte er. Dieses Mal würden die Mitglieder beteiligt und die CDU sei ziemlich sicher in der Opposition. Die CDU stehe vor neuen Aufgaben und Herausforderungen und müsse sich auch inhaltlich neu aufstellen. Merz nannte etwa den Klimawandel, die Zukunft des Wirtschaftsstandorts, Digitalisierung, Sicherheitspolitik sowie die Zukunft der Bundeswehr als Kernthemen.
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