Nischni Tagil (dpa)

Warmspringen in Russlands Kälte: DSV-Adler starten Titeljagd

Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa
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Von Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa
| 19.11.2021 11:57 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
„Spezl“: Die Skispringer Marcus Eisenbichler (r) und Karl Geiger. Foto: Czarek Sokolowski/AP/dpa
„Spezl“: Die Skispringer Marcus Eisenbichler (r) und Karl Geiger. Foto: Czarek Sokolowski/AP/dpa
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WM-Triumphe, Einzelsiege, Olympia-Medaillen: Deutschlands Skispringer haben in den vergangenen Jahren viel gewonnen. Vor dem bevorstehenden Winter mit sehr vielen Medaillenchancen sticht deshalb vor allem ein begehrter Titel heraus.

Ihr berühmtes „fliegendes Doppelzimmer“ mussten Markus Eisenbichler und Karl Geiger unfreiwillig aufgeben. Das Coronavirus zwang das Skisprung-Duo aus Bayern in Einzelzimmer, doch den großen deutschen Erfolgen auf den Schanzen dieser Welt tat dies keinen Abbruch. 

Tournee-Einzelsieg und zwei WM-Medaillen in Oberstdorf sowie Skiflug-WM-Gold für Geiger, dazu zwei gemeinsame Heim-WM-Titel im Allgäu und Platz zwei im Gesamtweltcup für Eisenbichler. Das wird die Messlatte für die beiden besten deutschen Flieger sein, wenn es in der russischen Kälte von Nischni Tagil am 20. November (16.00 Uhr/ARD und Eurosport) wieder losgeht.

„Das Größte ist das Fliegen“

„Wenn es ansatzweise wieder so wird, kann ich nur sagen: Habe die Ehre, das war genial“, sagte der 28 Jahre alte Geiger, der mit Eisenbichler (30) befreundet ist. Oder wie es „Eisei“ mit seinem wenig dezenten bayerischen Dialekt gerne ausdrückt. Die beiden Sportler sind „Spezl“. Man freue sich für den anderen, wenn dieser Erfolge feiere, sagte Eisenbichler, dem in diesem Sommer gar eine Halle in seiner Heimat Siegsdorf gewidmet wurde.

„Ich muss selbst zufrieden sein mit meiner Leistung, das war ich letztes Jahr. Ich habe vier Medaillen gemacht und bin Zweiter im Gesamtweltcup geworden, es war eine meiner besten Saisonen. Ich kann mich nicht beschweren“, erklärte Eisenbichler. Doch Kumpel  Geiger war oft einen Tick besser, vor allem bei den Großereignissen. 

Die gibt es auch in diesem Winter massig. Angefangen mit der  Vierschanzentournee um den Jahreswechsel, gefolgt von den Olympischen Spielen in Peking (4. bis 20. Februar) und der Skiflug-WM in Vikersund (11. bis 13. März), wo sich die herausragenden deutschen Flieger besonders gute Chancen ausrechnen dürfen. „Das Größte für einen Skispringer ist das Fliegen, das ist die Königsklasse. Wenn man da gut fliegt, ist es das Schönste, was man erleben kann“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher.

„Das fliegende Doppelzimmer“ in derHauptrolle

Inmitten der riesigen Konkurrenz um die beiden Überflieger Ryoyu Kobayashi (Japan) und Norwegens Gesamtweltcup-Sieger Halvor Egner Granerud wollen die Deutschen wieder bei allen Saisonhöhepunkten eine große Rolle spielen. Vor allen „Denker“ Geiger, der sich einen Ruf als Spezialist für die ganz großen Wettbewerbe erarbeitet hat, traut  der Chefcoach viel zu. „Der Stand heuer ist besser als der im letzten Jahr. Daher glaube ich, dass er wieder gereift ist“, sagte  Horngacher. Wenn Geiger gesund bleibe, „hat er wieder richtig große Chancen“. Im vergangenen Winter hatte ihn selbst eine Corona-Infektion unmittelbar vor der Tournee nicht ausbremsen können.

Die ersten Wochen mit Weltcups in Russland, Finnland und Polen sind zum Schwung holen, bevor es über den Heim-Weltcup in Klingenthal und die Generalprobe in Engelberg (Schweiz) langsam auf die Tournee zugeht. „Ich schaue einfach, dass ich gut in die Saison reinstarte und dass ich mein Niveau immer mehr steigern kann. Dann können die Wettkämpfe kommen“, sagte Eisenbichler. Geiger sieht er überhaupt nicht als Konkurrent. „Wenn einer schwächelt, ist der andere da. Lieber ist ein Deutscher vor mir als ein anderer. Das ist mir 1000-mal lieber“, stellte der Bayer klar.

Die von schweren Verletzungen genesenen Andreas Wellinger, Stephan Leyhe und Severin Freund dürften maximal Nebenrollen einnehmen, wenn „das fliegende Doppelzimmer“ an die Form des Vorjahres anknüpft. Bei Olympia, WM und Skiflug-WM gab es zuletzt viele deutsche Medaillen, doch eines bleibt seit Sven Hannawald 2002 aus: ein deutscher Tournee-Sieger. „Irgendwann wird hoffentlich Skisprung-Deutschland einmal einen Gesamtsieger haben. Da werden wir alles dran setzen“, sagte Geiger. Er habe gelernt, „wie ich mich zum entscheidenden Punkt hin pushen kann“.

An einer Impfung wird keiner vorbeikommen

Wie groß das Thema Corona im zweiten Pandemie-Winter spielt, ist noch nicht abzusehen. An einer Impfung werden die Topathleten kaum vorbeikommen, wenn sie sich in China nicht drei Wochen in Quarantäne begeben wollen. Sportlich wird neben den Top-Athleten besonders der Norweger Daniel-André Tande im Fokus stehen. Der ehemalige  Skiflug-Weltmeister war im März in Planica schwer gestürzt und hatte mehrere Tage im Koma gelegen. Er zog sich einen Schlüsselbeinbruch und eine punktierte Lunge zu, zudem stellten die Ärzte vier Hirnblutungen fest. In Russland gehört er wieder zu Norwegens Weltcup-Team.

© dpa-infocom, dpa:211119-99-61226/2

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