Berlin (dpa)

Scholz: „Da wächst was zusammen, was zusammenpasst“

Oliver von Riegen und Bettina Grachtrup, dpa
|
Von Oliver von Riegen und Bettina Grachtrup, dpa
| 21.11.2021 12:57 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP biegen offenbar in eine Zielgerade ein. Olaf Scholz zeigt sich zufrieden. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP biegen offenbar in eine Zielgerade ein. Olaf Scholz zeigt sich zufrieden. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Artikel teilen:

Zwischendurch wurde wohl heftig gestritten. Aber die Ampel-Parteien lassen keinen Zweifel daran, dass sie gemeinsam regieren wollen. In dieser Woche wollen sie einen großen Schritt weiter sein.

Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP biegen offenbar in eine Zielgerade ein. Laut SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sind sie voll im Zeitplan.

Es gebe „sehr gute, sehr konstruktive Gespräche, die auch schnell vorankommen“, sagte Scholz am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Grünen-Chefin Annalena Baerbock räumte zeitweilige Probleme ein: „Wir hatten die Nase auch mal richtig voll, weil wir das Gefühl hatten, für den Klimaschutz sind nur die Grünen verantwortlich.“

Die Ampel-Parteien hatten vergangene Woche angekündigt, dass in dieser Woche ein Koalitionsvertrag vorgelegt werden soll. Zum Auftakt der Koalitionsgespräche am 21. Oktober hatten sie das Ziel ausgegeben, dass Scholz in der Nikolauswoche ab dem 6. Dezember zum Kanzler gewählt und seine Regierung im Bundestag vereidigt wird.

Scholz sparte in seiner Rede auf dem Parteitag der SPD Brandenburg in Schönefeld nicht mit großen Worten, als er auf die geplante Ampel-Koalition einging. „Es finden sich neue Freunde, die SPD, die Grünen und die FDP. (...) Da wächst was zusammen, was zusammenpasst“, sagte er in Anlehnung an ein Zitat von Ex-Bundeskanzler Willy Brandt (SPD). Dieser hatte nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 gesagt: „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört.“

Scholz: Man merke, dass menschlich alles stimme

Scholz lobte die Atmosphäre der Verhandlungen. „Man merkt, dass da nicht nur Sachprobleme ordentlich bearbeitet werden und es immer gute gemeinsame Vorhaben gibt, sondern dass da auch menschlich alles stimmt“, sagte er. „Das ist ja auch wichtig, wenn man sich vornimmt, nicht nur einen Koalitionsvertrag zu schreiben, sondern auch eine Regierung zu bilden und das gut zu machen die vielen Jahre.“

Für die Grünen waren die Gespräche aber zeitweise offensichtlich schwierig. Baerbock sagte bei einer Rede auf dem Parteitag der Brandenburger Grünen in Potsdam, es gebe Bereiche, in denen „diese Farbkonstellation einen wirklichen Aufbruch schaffen wird“. Sie machte aber auch deutlich: „Klar ist, dass Klimaschutz kein einzelnes Kapitel in diesem Koalitionsvertrag sein kann.“

Klimaneutralität müsse die Leitlinie für jeden Politikbereich sein, nicht nur für ein Umweltressort, sondern auch für die Landwirtschaft, für den Verkehr und vor allen Dingen auch für Wirtschaft und Industrie, sagte Baerbock. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sprach von „brutal anstrengenden“ Verhandlungen. „Wir haben bereits viel erreicht.“ Er hoffe, dass man in der neuen Woche das Ergebnis lesen könne.

Dem Vernehmen nach wurde auch am Wochenende verhandelt. Derzeit beraten die Hauptverhandler die Ergebnisse der fachpolitischen Arbeitsgruppen. Das Spitzenteam soll noch bestehende Konfliktpunkte beilegen. Zudem steht noch die Verteilung der Ministerposten an - traditionell werden diese wichtigen Personalien am Ende von Koalitionsgesprächen geklärt. Am Wochenende kursierten bereits Listen mit Namen - offiziell bestätigt wurden sie aber zunächst nicht.

Scholz denkt schon über Wiederwahl nach

Scholz sieht in der geplanten Ampel nicht nur ein Bündnis für eine Wahlperiode. Wenn die Regierung zustande komme und im Dezember gewählt werde, „sollten wir antreten, um auch wiedergewählt zu werden“, sagte er. „Wir wollen daraus ja eine längere Geschichte werden lassen, wenn die Bundeskanzlerwahl jetzt stattgefunden hat, und das bedeutet, dass man sich auch miteinander die ganze Zeit so aufführt wie eine Regierung, die das Land gut regiert.“

Der dritte im Bunde, FDP-Chef Christian Lindner, sieht das ähnlich. Er sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Eine Koalition sollte mit der Absicht antreten, gemeinsam wiedergewählt zu werden.“ Wenn man es anders angehe, führe das zu koalitionsinternem Wettbewerb. „Das schwächt eine Konstellation insgesamt.“ Wenn man die Wahlprogramme als Ausgangspunkt nehme, dann beginne die Ampel offensichtlich als Zweckbündnis. „Daraus kann zukünftig aber mehr entstehen.“

Auch FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki äußerte sich zuversichtlich. Zwar brauche es einen hohen pädagogischen Aufwand, um zu vernünftigen Lösungen zu kommen, sagte er am Sonntag auf einem Landesparteitag in Schleswig-Holstein. „Und damit meine ich nicht die Sozialdemokraten.“ Dass die Liberalen Koalitionspartner würden, könne er aber mit Sicherheit sagen. „Wir bleiben sitzen, bis wir ein vernünftiges Ergebnis haben.“

© dpa-infocom, dpa:211121-99-85048/2

Ähnliche Artikel