Hilfe für die Flutopfer
Ein Neustart für die Vereine aus Eschweiler
Viele Eschweiler Projekte wurden von der Flutkatastrophe im Juli diesen Jahres sehr hart getroffen. Das Hilfswerk dieser Zeitung, „Ein Herz für Ostfriesland“, hilft einigen von ihnen beim Wiederaufbau.
Gemeinsam mit der Aachener Zeitung sammelt diese Zeitung Geld für die Betroffenen der Flutkatastrophe in Stolberg und Eschweiler. In diesem Text werden die restlichen Projekte vorgestellt, die vom Hilfswerk „Ein Herz für Ostfriesland“ unterstützt werden.
Eschweiler - Die Flutkatastrophe im Juli in Eschweiler hat nicht nur Privatpersonen und deren Besitz getroffen. Das zeigt sich noch mal ganz deutlich bei einem Rundgang durch die Stadt in der Nähe von Aachen. Fast alle Schulen und Kindergärten dort können seit mehr als vier Monaten nicht genutzt werden. Mittlerweile sind viele der Gebäude entkernt und sollen so bald wie möglich renoviert werden. Weniger gut sieht für andere öffentliche Einrichtungen aus – darunter das Hallenbad nahe der Innenstadt.
Dort zeigt sich, welche Kraft Wasser haben kann: Das große Schwimmbecken – eine Art XXL-Wanne aus Edelstahl – wurde von unten immer weiter hochgedrückt, bis es schließlich wie eine Getränkedose zerbeult wurde. Das Wasser drang in beide Kelleretagen des Gebäudes ein und zerstörte dort neben der Schwimmbadtechnik auch die Anlagen, die die umliegenden Schulen und Kindergärten mit Wärme versorgen.
SC Delphin Eschweiler
Von dem zerstörten Hallenbad ist ganz besonders der örtliche Schwimmverein, der SC Delphin Eschweiler, betroffen. „Die Flut hat unsere Trainingsstätte komplett zerstört. Außerdem haben wir unser Equipment verloren, das im Keller des Hallenbades gelagert wurde. Das sind knapp 32.000 Euro“, berichtet Christoph Herzog, der Vorsitzende des Vereins. Da im Eschweiler Hallenbad aktuell nicht an Training zu denken sei, trainieren die Kinder in umliegenden Städten und Kommunen – was mit enorm viel Fahrerei und Kosten verbunden sei. „Wir würden unseren Jugendleitern zumindest gern das Fahrtgeld erstatten“, sagt der Vereinsvorsitzende.
Das Spendengeld aus Ostfriesland soll vor allem den Kindern und Jugendlichen im Verein zugutekommen, sagt Herzog. „Wir wollen es nutzen, um mit den Kindern zum Training und zu den Wettkämpfen zu fahren. Ein weiterer Teil des Geldes wird in die Wiederbeschaffung unserer Ausrüstung gehen.“ Außerdem wolle der Verein Schwimmwochenenden für Kinder und Familien anbieten. Und man denke über die Anschaffung eines Vereinsbullis nach, damit die Kinder und Jugendlichen gesammelt zu den umliegenden Schwimmbädern gebracht werden können.
Eschweiler Geschichtsverein
Ähnlich hart hat es den Eschweiler Geschichtsverein getroffen. Das gesamte Archiv des Vereins im Keller des Eschweiler Rathauses wurde durch die Wassermassen zerstört. Die wenigen Dokumente, die gerettet werden konnten, sind feucht. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch sie dem Schimmel zum Opfer fallen“, berichtet Claudia Niederhäuser, stellvertretende Vorsitzende des Vereins. „Ein Herz für Ostfriesland“ unterstützt den Geschichtsverein, damit der an anderer Stelle eine neue Wirkungsstätte aufbauen kann.
„Wir wollen das Geld außerdem dazu nutzen, die Flut aufzuarbeiten. Weil das natürlich ein einschneidendes Erlebnis für unsere Stadt war“, sagt Niederhäuser. Wie so viele, ist auch sie selbst privat von der Flut betroffen. Gemeinsam mit den anderen Vereinsmitgliedern will Niederhäuser mit den unzähligen Betroffenen Gespräche führen, Umfragen starten sowie um Fotos und Videos bitten, um so die verheerenden Erinnerungen für die Nachwelt zu bewahren. Diese Dokumente sollen dann eventuell der Allgemeinheit in einer Art Museum zugänglich gemacht werden, erklärt Niederhäuser.
Verein „Inde Insel“
Mit den Schicksalen der Betroffenen haben auch Andrea Reuscher, Verena Freimann und Alexandra Schöner zu tun, die kurze Zeit nach dem Hochwasser den Verein „Inde Insel“ gegründet haben. Gemeinsam wollen sie den Menschen helfen, ihnen Beratungen und Gespräche anbieten und ein offenes Ohr für deren Probleme haben. „Nach dem Hochwasser hatten wir hier in Eschweiler mit vielen weiteren Ehrenamtlern und Organisationen eine Ausgabestelle für Hilfsgüter eingerichtet“, berichtet Andrea Reuscher. Als die Ausgabestelle Ende August geschlossen wurde, weil die Räumlichkeiten anderweitig genutzt werden mussten, sei ihnen aber klar geworden, dass sie weiterhin für die Betroffenen da sein wollen, erklären die drei Frauen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Leute einen riesigen Bedarf an Gesprächen, Betreuung und Beratung haben“, so Reuscher. Deshalb habe man sich dazu entschieden, eine Beratungsstelle zu eröffnen. Dabei wollen sich die Frauen vor allem auf die Themen Resilienz, also der Bewältigung des Fluttraumas, Mobbing, Burnout, Paarberatung und Erziehungsberatung konzentrieren. Andrea Reuscher erklärt: „Durch das Hochwasser sind so viele Menschen psychisch labil geworden. Denen wollen wir helfen. Dadurch, dass Vieles ein Kostenfaktor ist, wollen wir unsere Beratungen kostenlos anbieten.“ Deshalb sei der Verein aber auf Unterstützung von außerhalb angewiesen.
Um professionelle Beratungen anbieten zu können, haben die gelernte Krankenschwester, die Sozialpädagogin und die pädagogische Betreuerin in ihrer Freizeit Fortbildungen besucht. „Wir haben die entsprechenden Zertifikate bekommen und machen das alle neben unserem normalen Berufsalltag“, so Reuscher. Außerdem würden sie zusätzlich über ein Abendstudium für Psychotherapie nachdenken, denn bei der „Inde Insel“ handele es sich um „eine absolute Herzensangelegenheit“. Das Spendengeld wollen Andrea Reuscher, Verena Freimann und Alexandra Schöner für weitere Materialien nutzen – etwa für die Arbeit an Schulen – sowie für die Finanzierung der Einrichtung der neuen Vereinsräume.
Kulturstätte Talbahnhof
Erst kam Corona, dann kam die Flut. Die letzten Monate waren auch für Walter Danz nicht leicht. Er betreibt mit dem Talbahnhof die einzige Kulturstätte Eschweilers. Seit März 2019 hat Danz etwa 150 Veranstaltungen absagen müssen, schätzt er. „Das hat uns natürlich sehr mitgenommen. Wir hatten eigentlich nur noch Ausgaben.“ Die kurze Atempause im Sommer, als wieder Veranstaltungen möglich waren, wurde dann abrupt von der Flut unterbrochen. „Unsere ganzen Keller, unser Bistro und unsere Küche wurden überschwemmt und sind bis heute nicht nutzbar“, so der Gastronom.
Die Instandsetzung werde sicherlich noch Wochen, wenn nicht Monate dauern. Denn die Renovierung gestalte sich schwierig: „Teilweise ist der Boden durch das Wasser komplett abgesackt. Das hat dann natürlich auch die ganzen Innenwände und alles andere in Mitleidenschaft gezogen. Abwasser, Frischwasser, Belüftung – das muss jetzt alles gänzlich erneuert werden.“
Zum Glück gebe es im Talbahnhof einen Saal, wo nun unter provisorischen Bedingungen kleinere Veranstaltungen stattfinden könnten – wäre da nicht die sich erneut zuspitzende Coronalage. Ohne Unterstützung, so Danz, wüsste er nicht, ob die beliebte Kulturstätte noch eine Zukunft hat. Mit der Spende aus Ostfriesland könne nun zumindest das Fortbestehen bis in das nächste Jahr gesichert werden: „Die Spende sichert uns ein Weiterleben. Sie sichert, dass wir weiterhin Veranstaltungen machen können, dass wir unsere Mitarbeiter bezahlen können. Das nimmt uns wirklich ganz viele Sorgen,“ sagt Walter Danz gerührt.
„Retter und Mutmacher“ für das Auenland
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Weiterhin Ausnahmezustand im Flutgebiet