Berlin (dpa)
CDU startet Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz
Nach dem Desaster bei der Bundestagswahl soll ein neuer Parteichef die CDU wieder nach vorne bringen. Erstmals können dabei alle Mitglieder mitreden.
Die CDU hat mit einer Mitgliederbefragung über den Nachfolger von Parteichef Armin Laschet begonnen.
„Ein Blick in die Twitter-Timeline zeigt: Mails sind in der Nacht raus, digitale Wahlkabine wie geplant geöffnet … und schon fleißig besucht“, schrieb Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig bei Twitter.
Erstmals sollen die rund 400.000 Parteimitglieder eine Vorentscheidung über die Spitzenpersonalie treffen. Kandidaten sind der geschäftsführende Kanzleramtsminister Helge Braun, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen. Nach ihrem Desaster bei der Bundestagswahl will die Partei sich personell neu aufstellen, der als Kanzlerkandidat gescheiterte Laschet tritt nicht wieder an.
Abstimmung bis 16. Dezember
Die CDU-Mitglieder können bis zum 16. Dezember online oder per Briefwahl abstimmen, am Tag danach soll das Ergebnis vorgestellt werden. Falls eine zweite Abstimmungsrunde nötig ist, beginnt diese am 29. Dezember, sie würde bis zum 12. Januar 2022 dauern. Die endgültige Entscheidung über den neuen Vorsitzenden sollen dann die 1001 Delegierten bei einem digitalen Parteitag am 21./22. Januar treffen. Anschließend muss die Wahl per Briefwahl bestätigt werden.
Bei einer gemeinsamen Vorstellungsrunde der drei Kandidaten waren am Mittwoch viele Übereinstimmungen deutlich geworden. Alle drei plädierten etwa dafür, dass die Union mehr Menschen mit Migrationshintergrund einbinden und für Frauen attraktiver werden müsse. Viel Einigkeit gab es auch beim Kampf gegen die Corona-Pandemie, der Klima- und der Außenpolitik.
Röttgen und Merz hatten bereits Anfang des Jahres für den Parteivorsitz kandidiert - und damals auf einem Parteitag gegen Laschet verloren. Dieser sagte nun der „Süddeutschen Zeitung“, dass er gerne vieles verändert hätte, „aber ich hatte einfach zu wenig Zeit“. „Es freut mich, dass jetzt alle Kandidaten für den Parteivorsitz erklären, dass wir das Soziale stärker betonen müssen, dass wir mehr Vielfalt brauchen, dass wir mehr Frauen in Führungsämtern und dass wir mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte brauchen. Als ich für den CDU-Vorsitz kandidiert habe, war all das noch mein Alleinstellungsmerkmal, jetzt wollen es alle.“
Südwest-CDU nominiert Jung
Die baden-württembergische CDU hat ihren Klimaexperten Andreas Jung als neuen Bundesvize nominiert. Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag soll im Bundesvorstand Nachfolger von Thomas Strobl werden, teilte die Südwest-CDU in Stuttgart mit. Das Landesvorstand habe ihn am Freitagabend einstimmig für den Vize-Posten nominiert. Der 46-jährige Konstanzer Jung war auch als Klimaexperte im „Zukunftsteam“ des gescheiterten Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet gewesen.
Landeschef Strobl (61) sagte zur Kür von Jung: „Wir sind gerade mittendrin in der Neuaufstellung der CDU. Als zweitgrößter Landesverband werden wir dazu einen starken Beitrag leisten – inhaltlich und personell.“ Jung stehe mit seiner politischen Arbeit für Nachhaltigkeit. Jung, der auch Chef der baden-württembergischen Landesgruppe in der Unions-Fraktion ist, erklärte, die Erneuerung der CDU brauche „auch die Kraft des Südens“. Er forderte: „Die Aufforstung unserer Klimapolitik muss weiter gehen.“
Röttgen zu Kanzlerkandidatur
Vorsitzkandidat Röttgen regte an, künftig die Mitglieder von CDU und CSU über die Kanzlerkandidatur der Union entscheiden zu lassen, falls es mehrere Anwärter gibt. „Wir müssen aus Fehlern der Vergangenheit lernen“, sagte er der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“. „Ich möchte deshalb, dass die nächste Kanzlerkandidatur der Unionsparteien gemeinsam zwischen CDU und CSU entschieden wird: Wer ist der Richtige, um die Wahl zu gewinnen? Wenn es dann wieder zwei Kandidaten gibt, sollen die Mitglieder von CDU und CSU entscheiden, wer es wird.“ Ähnlich hatte Röttgen sich in dieser Woche bereits im Fernsehsender Phoenix geäußert.
Die Union hatte bei der Bundestagswahl ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt. SPD, Grüne und FDP wollen in den kommenden Tagen die erste Ampel-Koalition auf Bundesebene bilden und die Union damit in die Opposition schicken.
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