Was Sie heute wissen müssen
202 Coronatote | Lauter Irre | Känguru Johnny
Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.
Jetzt sind es mehr als 200 Tote durch Corona in Ostfriesland. Gestern meldeten die Gesundheitsämter erneut drei Verstorbene nach einer Covid-19-Infektion, zwei Frauen (64 und 66) und ein Mann (77). Damit läuft auch bei uns die Pandemie wie von den Epidemiologen vorausgesagt: Erst steigen die Inzidenzen und drei, vier Wochen später die Todeszahlen. Daraus wird klar, dass es noch einige Zeit so weitergehen wird, auch wenn die Inzidenzen zuletzt heruntergingen und alle ostfriesischen Landkreise und die Stadt Emden deutlich unter 170 liegen.
Gleichwohl werden die Konflikte über die richtige Corona-Strategie immer absurder. In Leer protestierten am Montagabend Querdenker (ohne Genehmigung) und Gegendemonstranten bei einer von der Partei Die Linke organisierten Veranstaltung (mit Genehmigung) machten Lärm dagegen. Beide Seiten brüllten sich an mit „Nazis raus“. Ein Gegner der Impfpflicht schreibt uns einen Leserbrief, dass „die 2-G-Regel eine tödliche Radikalisierung“ darstelle und „Laschet, Pistorius und weitere Verantwortliche Blut an den Händen haben“. Und ein anderer - Pseudonym „Alien aus Hamburg“ - mailt uns und einem Dutzend anderer Redaktionen bundesweit „ich wollte Sie nur informieren, dass sich mehrere Paket-Bomben auf dem Weg in Ihre Redaktion befinden“. Das alles und noch mehr in einer noch sehr jungen Woche. Da bleibt nur der Rückschluss: Es laufen in dieser Welt mehr Irre herum, als man gemeinhin vermutet.
Auch der hier gehört zu den Fehlgeleiteten: Prof. Dr. Reiner Osbild, Hochschullehrer in Emden und bis zum 5. November AfD-Kreisvorsitzender. Oder vielleicht ist er das auch nie gewesen, wie Andreas Ellinger bereits mehrfach analysiert hat und weshalb selbst die Landesgeschäftsstelle die Parteimitglieder vor der Kreisversammlung am 5. November warnte, weil Osbilds Einladung ungültig sei, da er ja kein Kreisvorsitzender war. Oder war er es am Ende doch? Eigentlich ist das egal, im Unterschied zu der Frage, wie dieser Mensch auf lernende, junge Menschen losgelassen werden kann? Einige Bürger aus Emden und Hinte protestieren nun dagegen in einem Schreiben, das an die Hochschule, die Emder Politik mit den Abgeordneten und das Wissenschaftsministerium geht. Zitiert werden auch Facebook-Posts über die OZ wie dieser: „Der IQ-defizitäre Braun […] ist der oberste dieser Büttel, die jeder Diktatur zu willen wären. […] Liebe Redaktion […]: IHR seid eine SCHANDE für unser schönes Ostfriesland, IHR verratet unsere Werte und IHR beschädigt die Demokratie.“ Was Freund Osbild von diesem Konflikt hält, können Sie spätestens gegen 8 Uhr weiter unten in den Kommentaren lesen. Da lässt er sich normalerweise nicht lumpen.
Das Boostern ist auch so ein Thema, bei dem es drunter und drüber geht. Montag verkündete das Land Nordrhein-Westfalen, die dritte Impfung bereits vier Wochen nach der zweiten zuzulassen. Eine ähnliche Regelung, hatte vorige Woche auch das Land Niedersachsen formuliert. Es sollte allerdings damit nur gesagt werden, dass Booster-Willige im Fall des Falles nicht nach Hause geschickt werden müssen. Die Stadt Emden, die dies anders verstand, probte daraufhin den Aufstand. Nun sind die Wogen allerdings wieder geglättet, wie Mona Hanssen berichtet. Alles nur ein Missverständnis, heißt es, aber was sollen eigentlich die Bürger denken?
Das gilt auch für die neueste Neuregelung, dass für Booster-Geimpfte 2G+ nicht mehr gilt, sie keine Tests mehr brauchen. Ob das medizinisch plausibel ist, sei mal dahingestellt, aber es klassifiziert die Gesellschaft in drei Gruppen: Ungeimpfte, Geimpfte und Geboosterte, wobei viele Geimpfte gerne auch geboostert wären, aber es nicht sind, weil sie noch keinen Termin bekommen haben und so viel Impfstoff gar nicht vorhanden ist. Eigentlich blickt kein Mensch mehr durch, bei diesen Ausnahmen von Ausnahmen von ohnehin sich wöchentlich ändernden Regeln. Martin Teschke hält dies in seinem Kommentar für ein „Sinnloses Zuckerbrot“.
Kein Wunder, dass darüber auch die Gastronomen und Hoteliers sauer sind. Da keiner mehr durchblickt, fürchten sie, dass über Weihnachten auch deutlich weniger Gäste nach Ostfriesland kommen und dass weniger Einheimische zu ihnen zum Essen kommen. Michael Hillebrand hat sich deshalb in Greetsiel umgehört und auch den Dehoga-Kreisvorsitzenden Erich Wagner befragt. Der ärgert sich über die ständigen Veränderungen und spricht von einem „Shutdown durch die Hintertür“. Dazu komme noch, dass es für die Betriebe in der Branche nicht die Winterhilfen von vor einem Jahr gebe. „Die Kollegen wissen nicht mehr weiter. Einige von ihnen heulen.“
Entschuldigen Sie, liebe Leser, auch diese Tageszusammenfassung ist wieder pandemiegeprägt. Leider ist die Nachrichtenlage weiterhin so. Bleibt zum Ende aber doch noch ein ganz anderes Thema. Ein tierisches. Gestern berichteten wir, dass in Emden ein Känguru ausgebüchst war und nahe eines Supermarkts in Wolthusen gesichtet wurde. Mona Hanssen machte gestern den Halter von Jonny ausfindig und sprach mit ihm und einem Tierarzt über die Haltung seiner beiden (winterharten) Benett-Kängurus. Ganz nebenbei bekam sie mit, dass es in Rechtsupweg drei weitere diese Tiere gibt. Ostfriesland, das Land der Kängurus - naja, immer noch besser als die ganzen Irren (siehe oben).
Was heute wichtig wird:
- In Leer haben sich Gegner der Corona-Regeln erneut zu einer ungenehmigten Demo versammelt. Was davon rechtlich zu halten ist und was Stadt und Polizei tun können, erklärt Staatsrechtler Prof. Dr. Alexander Thiele. Katja Mielcarek hat mit ihm gesprochen.
- Der Verlag Isensee hat in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ein Kinderbuch herausgegeben, in dem moderne Landwirtschaft verständlich erklärt wird. Themen wie Glyphosat oder Gülle werden allerdings ausgespart. Karin Lüppen berichtet.
- Nicht nur für Touristen sind sie begehrte Fotomotive. Aber tatsächlich sind sie viel mehr als das. Für die OZ-Serie „Watt ’n Meer“ hat sich Nicole Böning die Leuchttürme von Ostfriesland angesehen. Manche von ihnen sind noch in Betrieb.
- Keine Pause: Der Sommertrend - alle machen Urlaub an der Küste - setzt sich auch jetzt noch fort. Im November zählte Langeoog 7000 Übernachtungen mehr als im November 2019. Die Gastronomie ächzt. Imke Oltmanns berichtet.
- Die finanzielle Situation der Stadt Emden ist alles andere als rosig. Als Grund wird unter anderem die fehlende Gewerbesteuer angeführt. Ein Großteil davon kommt von VW. Wie abhängig ist Emden vom Autobauer? Gordon Päschel geht er Frage nach.
- Wer online ein Parkticket in Emden bucht, muss pro Stunde 90 Cent zahlen. Darunter geht nichts. Mit Bargeld ist das allerdings anders. Andere Kommunen sind da schon weiter. Mona Hanssen hakt nach.
Wenn Sie diesen Nachrichtenüberblick jeden Morgen bequem per E-Mail zugestellt bekommen möchten, dann abonnieren Sie doch einfach unseren Newsletter.