Kassel (dpa)
Autoattacke auf Rosenmontagszug: Urteil erwartet
Mehr als 180 Zeugen sind im Prozess um die Autoattacke auf einen Karnevalsumzug im hessischen Volkmarsen vernommen worden. Nun wird das Urteil verkündet - der Angeklagte schweigt beharrlich.
Das Landgericht Kassel will heute sein Urteil im Prozess um die Autoattacke auf den Rosenmontagszug in Volkmarsen im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg verkünden.
Seit Mai verhandelt die 6. Strafkammer gegen einen 31-Jährigen, der am 24. Februar 2020 vorsätzlich mit einem Auto in eine Zuschauermenge gefahren sein soll. Dabei habe er laut Anklage mindestens 88 Menschen, darunter 26 Kinder, teilweise schwer verletzt.
182 Zeugen, 24 Verhandlungstage
Der Mann muss sich wegen 88-fachen versuchten Mordes sowie 89-facher gefährlicher Körperverletzung und wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verantworten. 182 Zeugen wurden an 24 Verhandlungstagen vernommen - auf die Ladung rund 200 weiterer von der Anklage benannter Zeugen hatte das Gericht verzichtet. Die Opfer beschrieben die Amokfahrt des Täters, ihre teils schweren Verletzungen und die nicht selten bis heute anhaltenden psychischen Folgen.
Der Angeklagte hingegen schwieg und verfolgte den Prozess mit ausdrucksloser Miene. Warum er die Tat begangen haben könnte, blieb völlig unklar. Auch Gespräche mit einer psychiatrischen Gutachterin hatte er abgelehnt.
Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung
Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie kam aufgrund von Akten, Zeugenaussagen und eigener Beobachtungen zu der Einschätzung, es gebe bei dem Angeklagten Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden und schizoiden Zügen. Der 31-Jährige sei aber voll schuld- und einsichtsfähig. Auch die Wiederholung einer solch schweren Tat schloss sie nicht aus und riet zu einer Sicherungsverwahrung nach verbüßter Strafe.
Staatsanwaltschaft und Nebenklägervertreter forderten in ihren Plädoyers eine lebenslange Freiheitsstrafe mit dem Vorbehalt anschließender Sicherungsverwahrung. Dabei wird am Ende der Haftzeit die Gefährlichkeit des Täters in einer weiteren Hauptverhandlung geprüft. Zudem sei die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Die Verteidigung plädierte für eine mildere Strafe als die geforderte Höchststrafe, da es sich um versuchten und nicht vollendeten Mord handele.
© dpa-infocom, dpa:211216-99-400470/4