Brüssel/Moskau (dpa)

Scholz verteidigt „klare Antwort“ an Moskau

| 16.12.2021 04:58 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Die Prozessbeteiligten sitzen im Gerichtssaal beim „Tiergartenmord“-Prozes. Foto: Christophe Gateau/dpa Pool/dpa
Die Prozessbeteiligten sitzen im Gerichtssaal beim „Tiergartenmord“-Prozes. Foto: Christophe Gateau/dpa Pool/dpa
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Das Urteil gegen einen Russen für einen Mord in Berlin sorgt für zusätzliche Spannungen zwischen Deutschland und Russland. Für die Ausweisung zweier Diplomaten droht Moskau mit Konsequenzen.

Im Streit um das Urteil im sogenannten Tiergartenmord-Prozess hat Bundeskanzler Olaf Scholz die faktische Ausweisung zweier russischer Diplomaten aus Deutschland verteidigt.

Der Richterspruch sei „eine klare Auskunft darüber, dass hier schlimme Dinge passiert sind, und deshalb ist es auch völlig richtig, dass die Außenministerin darauf mit einer klaren Antwort reagiert hat“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagmorgen vor Beginn seines ersten EU-Gipfels in Brüssel. Der Kreml in Moskau nannte die Ausweisung der Diplomaten „unangenehm“, setzt aber trotzdem auf Zusammenarbeit mit dem neuen Bundeskanzler.

Die Ausweisung der russischen Botschaftsmitarbeiter solle sich „in keiner Weise“ negativ auf den Dialog zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Scholz auswirken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Zuvor hatte das russische Außenministerium eine „angemessene Antwort“ angekündigt.

Wegen der Erschießung eines Georgiers im August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten verurteilte das Kammergericht Berlin am Mittwoch einen Russen zu lebenslanger Haft. Nach Überzeugung der Richter handelte der heute 56-Jährige im Auftrag staatlicher russischer Stellen - was Moskau zurückweist. Als Konsequenz erklärte das Auswärtige Amt zwei Diplomaten der russischen Botschaft in Berlin zu „unerwünschten Personen“. Dies kommt einer Ausweisung gleich.

Moskau beklagt Vorwürfe an angeblicher Beteiligung

Das russische Außenministerium beklagte in einer Mitteilung die „unbegründeten und völlig realitätsfremden Vorwürfe“ bezüglich einer angeblichen Beteiligung russischer staatlicher Strukturen an dem Verbrechen. Der getötete Georgier tschetschenischer Abstammung wurde in der Mitteilung als „Terrorist“ bezeichnet. Auch Putin nannte den Mann, der vor Jahren in der russischen Teilrepublik Tschetschenien aufseiten der Separatisten gekämpft haben soll, nach dessen Erschießung einen „Banditen“ und „Mörder“.

Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel zeigte sich in Brüssel offen für eine europäische Reaktion auf das Urteil im „Tiergartenmord“-Prozess. Bei dem Gipfel soll es auch um den Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine gehen, der Befürchtungen einer Invasion ausgelöst hat. Scholz betonte erneut, dass die Unverletzbarkeit der Grenzen „eine der ganz wichtigen Grundlagen des Friedens in Europa ist“. Man werde „alles dafür tun, dass es bei dieser Unverletzbarkeit tatsächlich bleibt“.

Die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert. Gründe sind auch die Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland 2014, ein Cyber-Angriff auf den Bundestag im Jahr 2015, für den russische Hacker verantwortlich gemacht werden, sowie die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok, den ein Labor der Bundeswehr nachgewiesen hatte.

© dpa-infocom, dpa:211216-99-400459/9

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