Berlin (dpa)
Omikron-Krisen-Gipfel: Silvester wohl nur in kleiner Runde
Kurz vor Weihnachten beraten Bund und Länder nun doch noch einmal über Corona-Maßnahmen. Es geht um Schritte zur Abschwächung der drohenden Omikron-Welle.
Kurz vor Weihnachten zwingt Omikron Bund und Länder zu einem weiteren Corona-Krisengipfel: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder beraten an diesem Dienstag über Maßnahmen gegen eine befürchtete massive Infektionswelle durch die neue Coronavirus-Variante.
Vorab zeichnete sich ab, dass es nach Weihnachten vor allem um weitere Kontaktbeschränkungen gehen wird - auch für Geimpfte oder Genesene. Silvesterpartys in großen Gruppen dürften dieses Jahr tabu sein. Lockdown-Maßnahmen, wie großflächige Geschäfts- oder Restaurantschließungen, sind zunächst wohl nicht geplant.
Vertreter der Bundesregierung und der Bundesländer machten am Montag deutlich in welche Richtung es gehen wird: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei einem Besuch in Rom, man werde sich am Dienstag unter anderem mit den privaten Kontakten auch von Geimpften befassen.
Silvester im Kleinen
„Die große Silvestersause“ wird es auch in diesem Jahr nicht geben können, machte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) im ARD-„Morgenmagazin“ deutlich. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von Kontaktbeschränkungen insbesondere zu Silvester.
Bund und Länder bereiteten die Gespräche am Montag weiter vor. Vorab kusierte in Berlin ein Verhandlungspapier mit möglichen Maßnahmen, das aber nur einen Zwischenstand wiedergab. In dem auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Dokument heißt es etwa zum Thema Silvester: Feiern mit vielen Personen seien in der gegenwärtigen Lage nicht zu verantworten.
Ab 28. Dezember solle deshalb für private Treffen mit Geimpften und Genesenen eine Obergrenze von zehn Personen gelten. Treffen, an denen auch nur ein Ungeimpfter oder nicht Genesener beteiligt ist, bleiben beschränkt auf den eigenen Haushalt und maximal zwei Personen eines anderen. Nach dpa-Informationen wurde die Vorlage mit Stand Montagvormittag vom Kanzleramt verschickt.
Geht in Clubs und Diskotheken die Musik aus?
Ein weiterer Punkt sind Partys in Clubs. In einigen Bundesländern darf schon seit einiger Zeit nicht mehr getanzt werden. Schließungen sind nach dem letzten Bund-Länder-Beschluss von Anfang Dezember aber an den Inzidenzwert von 350 gekoppelt. Nun dürfte bundesweit erst einmal grundsätzlich die Musik ausgehen.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte am Montag im Deutschlandfunk, er sei sich sicher, dass Clubs und Diskotheken geschlossen würden. In der Beratungsvorlage hieß es ebenfalls: „Clubs und Diskotheken ("Tanzlustbarkeiten") in Innenräumen werden geschlossen.“ Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach von Änderungen bei Innenveranstaltungen und in Clubs.
Bei den Beratungen am Dienstag wird es aller Voraussicht nach auch um Fußballspiele, Konzerte und andere Veranstaltungen gehen. Hier könnten sich Bund und Länder auf weitere Begrenzungen von Zuschauerzahlen oder auch auf komplette Absagen einigen.
SPD-Chefin Saskia Esken sprach sich für eine „eine wesentliche Beschränkung der Großveranstaltungen zum Beispiel im Sport“ aus. Umgesetzt werden müssen die Beschlüsse wie immer in den Bundesländern durch eigene Verordnungen. Die genauen Regeln und auch das Datum des Inkrafttretens können sich im Ergebnis unterscheiden.
Wohl kein Lockdown
Lockdown-Maßnahmen wie zum Beispiel in den Niederlanden sind in Deutschland zunächst nicht geplant. Finanzminister Lindner sagte: „Wir wollen keine pauschalen Schließungen von Schulen, wir wollen auch keine pauschale Schließung von Gastronomie, Hotellerie und Handel.“
Der Schlüssel zur Bewältigung der vierten und fünften Welle sei, nicht nachzulassen beim Impfen und Boostern und Kontaktbeschränkungen vorzunehmen, „damit es eben nicht zu pauschalen Lockdowns wie in den Niederlanden kommen muss“, so der FDP-Chef.
NRW-Ministerpräsident Wüst wies darauf hin, dass solche Maßnahmen in Deutschland momentan „aufgrund der aktuellen Rechtslage nicht möglich“ seien. Die Ampel-Parteien hatten im Herbst das Infektionsschutzgesetz entsprechend geändert. „Wenn es die pandemische Lage erzwingen würde, dann müsste der Bundestag das wieder ändern“, sagte Wüst.
Wegen der Ausbreitung der neuen Omikron-Variante, die als deutlich ansteckender gilt, rechnet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit einer „massiven fünften Welle“. Der neue Expertenrat der Bundesregierung hatte am Wochenende seine Stellungnahme dazu vorgelegt. Das Gremium ist unter anderem mit Virologen, Immunologen, Kinder- und Jugendmediziner, Ethikern und Bildungsforschern besetzt und hatte gefordert, „wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens“ vorzubereiten, „insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen“.
Die Experten warnen auch vor einer extremen Belastung des Gesundheitssystems und der gesamten kritischen Infrastruktur des Landes, sollten viele Menschen zeitgleich krank werden oder in Quarantäne müssen. Hierzu gehörten unter anderem Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung und die entsprechende Logistik.
© dpa-infocom, dpa:211220-99-447911/14