Berlin (dpa)
Haie und Kraniche gehören zu den Verlierern des Jahres
Momentan läuft das „größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit“, heißt es vom WWF. Die Zahl der als bedroht geführten Tier- und Pflanzenarten erreicht in der Roten Liste einen Höchstwert.
Die Zahl der in der Roten Liste als bedroht eingestuften Tier- und Pflanzenarten ist auf über 40.000 angewachsen.
Das sind mehr als je zuvor, wie die Umweltschutzorganisation WWF zum Erscheinen ihrer jährlichen Bilanz der Gewinner und Verlierer im Tierreich betont. Angesichts der Entwicklung warnt der WWF vor „einer katastrophalen Zuspitzung des weltweiten Artensterbens“. Das „größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit“ sei im Gange. Lichtblicke gebe es dort, wo sich der Mensch intensiv für Natur- und Artenschutz einsetze.
„Beim Artenschutz geht es längst nicht mehr nur um die Beseitigung eines Umweltproblems, sondern um die Frage, ob die Menschheit nicht irgendwann auf der Roten Liste in einer Gefährdungskategorie landet und zum Verlierer ihrer eigenen Lebensweise wird“, sagte Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand beim WWF Deutschland. Stellvertretend für viele andere führen die Umweltschützer folgende Tierarten als Gewinner und Verlierer in ihrer Bilanz auf:
Die Verlierer
Afrikanische Waldelefanten: Die Bestände des in Zentral- und Westafrika lebenden Waldelefanten brachen in den vergangenen 31 Jahren um 86 Prozent ein. Er gilt seit diesem Jahr offiziell als „vom Aussterben bedroht“. Der kleinere Verwandte des Afrikanischen Elefanten spielt eine wichtige Rolle für den Erhalt der Wälder und damit auch für den Klimaschutz.
Eisbären: Nicht zum ersten Mal steht der Eisbär auf der Verlierer-Liste des WWF - seine Zukunft sieht düster aus. Die rapide Erwärmung der Arktis lässt das Eis schmelzen. 2035 könnte der arktische Ozean im Sommer erstmals komplett eisfrei sein, schreibt der WWF. Studien zufolge würden nachfolgend die meisten Eisbär-Populationen bis Ende dieses Jahrhunderts zusammenbrechen.
Laubfrösche: Der Verlust ihres Lebensraumes durch den Bau von Straßen und Siedlungen stelle die größte Gefahr für Laubfrösche und viele andere Amphibien-Arten dar. Jede zweite der hierzulande lebenden Amphibienarten sei laut Roter Liste Deutschland in ihrem Bestand gefährdet.
Grauer Kranich: Noch ist der Kranich auf der Roten Liste nicht als gefährdet eingestuft. Doch seine Zukunft ist nach Ansicht des WWF ungewiss. So fielen infolge des Klimawandels vermehrt die Nistplätze des größten in Deutschland heimischen Vogels trocken. Das Insektensterben sorge zudem für Nahrungsmangel beim Nachwuchs.
Haie und Rochen: Überfischung, Lebensraumverlust und Klimawandel - dieses Trio ist für den schlechten Zustand vieler Hai- und Rochenarten verantwortlich. Ein Drittel gelte laut Internationaler Roter Liste seit 2021 als bedroht, berichtet der WWF.
Dorsch, Stint und Co: Die europäischen Wanderfische wie Lachs oder Stör leiden vor allem unter Ausbau und Begradigung von Flüssen, dem Bau von Wasserkraftwerken und Überfischung. Die Dorsch-Bestände in der westlichen Ostesse seien nach langjähriger Überfischung und infolge der Klimakrise zusammengebrochen und erholten sich nicht mehr. Dem Stint mache besonders die Elbvertiefung zu schaffen.
Edle Steckmuschel: Die Klimaerwärmung und damit die Erwärmung des Mittelmeeres könnte der Edlen Steckmuschel zum Verhängnis werden. Laut aktuellem WWF-Report sind die Bestände der größten dort lebenden Muscheln in manchen Regionen Spaniens, Italiens und Frankreich stark zurückgegangen oder komplett verschwunden. Warmes Wasser begünstigt die Ausbreitung eines Parasiten und hemmt den Fortpflanzungserfolg der Tiere.
Die Gewinner
Iberischer und Eurasischer Luchs: In den vergangenen 18 Jahren habe sich die Population des Iberischen Luchses mehr als verzehnfacht, schreibt der WWF. Es lebten nun mehr als 1000 dieser Tiere in ihrer Heimat Spanien und Portugal. In Deutschland hätten sich die Bestände des verwandten Eurasischen Luchses erholt. Hier sind nun rund 130 ausgewachsene und um die 60 Jungtiere heimisch.
Nepalesische Panzernashörner: Die Haut dieser Nashörner ist von dicken Falten durchzogen, was den Anschein einer dicken Panzerung erweckt. Gegen die Zerstörung ihrer Lebensräume und die Jagd auf ihr Horn sind die Tiere dennoch machtlos - die Art gilt als gefährdet. In Nepal zeigten nun die jahrelangen Schutzbemühungen Wirkung, schreibt der WWF. Seit 2015 sei der Bestand um 16 Prozent gewachsen.
Großtrappen: Großtrappen leiden vor allem unter der Intensivierung der Landwirtschaft. Sie habe dazu geführt, dass die mit bis zu 17 Kilogramm schwersten flugfähigen Vögel der Welt in vielen Ländern ausgestorben oder akut bedroht sind. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt seien 2021 jedoch 347 dieser Vögel gezählt worden - der höchste Stand seit 40 Jahren.
Siam-Krokodil: Acht junge Siam-Krokodile entdeckten Forscher Anfang September in Kambodscha. Damit ist laut WWF zum ersten Mal seit über zehn Jahren eine Fortpflanzung dieser vom Aussterben bedrohten Art in der Natur nachgewiesen worden.
Bartgeier: Im Alpenraum flattern nach WWF-Angaben wieder über 300 Bartgeier - ein Erfolg für das vor über 30 Jahren gestartete Wiederansiedlungs-Programm. 2021 habe es einen Zuwachs von etwa 50 Junggeiern gegeben.
© dpa-infocom, dpa:211229-99-531271/2