Berlin (dpa)

Corona-Gipfel: 2G plus für Restaurants und Kneipen

Sascha Meyer und Theresa Münch, dpa
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Von Sascha Meyer und Theresa Münch, dpa
| 07.01.2022 05:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
Bundeskanzler Olaf Scholz (l, SPD) mit Hendrik Wüst (M, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa
Bundeskanzler Olaf Scholz (l, SPD) mit Hendrik Wüst (M, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Pool/dpa
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Spontan ins Café oder die Kneipe, das wird für viele bald nicht mehr möglich sein: Künftig muss man Test oder Booster-Impfung vorweisen. Das ist nicht die einzige Neuerung im Kampf gegen die Omikron-Welle.

Bund und Länder rüsten sich für die anrollende Omikron-Welle mit möglicherweise explodierenden Corona-Zahlen. Zugangsregeln für Restaurants, Cafés und Kneipen werden verschärft.

Die Quarantäne für Kontaktpersonen und die Isolierung für Infizierte werden verkürzt, damit wichtige Infrastrukturen bei einer rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante nicht zusammenbrechen.

Man erwarte deutlich steigende Infektionszahlen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Beratung mit den Regierungschefs der Länder am Freitag. „Und deswegen können wir auch keine Entwarnung für unser Gesundheitssystem aussprechen.“ Trotzdem scheren die ersten Länder bereits aus und erklärten, Teile des Beschlusses nicht umzusetzen.

Auf dem Podium demonstrierten Kanzler und Ministerpräsidenten Einigkeit. Mit Kontaktbeschränkungen und der Impf- und Boosterkampagne würden Bund und Länder weiter „einen gemeinsamen Weg“ beschreiten, „diese Krise zu bewältigen“, sagte Scholz.

NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erklärten zwar, nicht in allen Fragen einer Meinung zu sein. So wollen die CDU-Länder weiter, dass die sogenannte epidemische Lage nationaler Tragweite wieder eingeführt wird. Giffey betonte jedoch: „Ich finde, wir sollten jetzt nicht eine Spaltung herbeireden, die so einfach nicht da ist. Sondern es gibt eine konstruktive Zusammenarbeit und das Abwägen und Diskutieren über den besten Weg.“

Sachsen-Anhalt allerdings erklärte direkt, die schärferen Zugangsregeln für Restaurants und Cafés nicht mitzumachen. Anders als in anderen Bundesländern gebe es hier fast nur die Delta-Variante des Coronavirus, deshalb seien neue Maßnahmen zunächst nicht nötig, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in Magdeburg. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder machte klar, man wolle erst einmal prüfen, ob eine Verschärfung in Bayern tatsächlich nötig sei.

Scholz betonte, man habe sich bemüht, die Regeln möglichst überschaubar zu gestalten, „damit man sie gut verstehen kann“. Folgende Beschlüsse wurden getroffen:

2G plus in Restaurants und Cafés

Unabhängig von den Infektionszahlen soll künftig überall auch in der Gastronomie eine 2G-plus-Regel gelten. Geimpfte und Genesene müssen dann zusätzlich einen tagesaktuellen negativen Corona-Test oder eine Auffrischungsimpfung vorweisen.

Die dafür meist nötige dritte Spritze haben inzwischen mindestens 34,6 Millionen Menschen - den für 2G nötigen vollen Grundschutz mit zwei Spritzen mindestens 59,6 Millionen. Bundesweit seit längerem vereinbart sind bereits 2G-Zugangsregeln ohne Test für Gaststätten, Kinos, Theater und viele Geschäfte.

In einer Reihe von Bundesländern gelten entsprechende 2G-plus-Regeln schon heute, etwa in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in Hessen zumindest in Corona-Hotspots.

Grund für die strengere Regel in der Gastronomie sei, dass man beim Essen und Trinken keine Maske tragen könne, sagte Scholz. „Das ist eine strenge Regelung, aber es ist eine notwendige, die dazu beiträgt, dass wir besser vorankommen und dass wir die Infektionen besser kontrollieren können, als das jetzt der Fall ist.“ Ein negativer Antigen-Schnelltest bietet aus seiner Sicht ausreichend Sicherheit.

Giffey erhofft sich von den neuen Auflagen noch mehr Schwung für die Impf-Kampagne. „Das ist ein zusätzlicher Anreiz für das Boostern, das ist ein gewünschter Anreiz, den wir auch wollen“, sagte sie. Menschen mit Boosterimpfung hätten in der Pandemie mehr Schutz und mit milderen Krankheitsverläufen zu rechnen, wenn sie sich doch mit Corona infizierten.

Quarantäne und Isolation verkürzt

Es wird erwartet, dass die Omikron-Variante zu hohen Infektionszahlen führt und viele auch als Kontaktpersonen in Quarantäne müssen. Damit das öffentliche Leben nicht zusammenbricht, wurden die Quarantäne und die Isolierung Infizierter verkürzt. Ab wann dies genau gelten soll, ist allerdings unklar. Die dafür erforderlichen Änderungen rechtlicher Regelungen würden Bund und Länder „zeitnah“ vornehmen, heißt es im Beschluss.

Nach der Änderung müssen Kontaktpersonen gar nicht mehr in Quarantäne, wenn sie eine Auffrischungsimpfung haben, frisch doppelt geimpft sind, geimpft und genesen oder frisch genesen sind. Als „frisch“ gilt ein Zeitraum von bis zu drei Monaten. Für alle Übrigen sollen Isolation oder Quarantäne in der Regel nach zehn Tagen enden. Nach sieben Tagen kann man sich zudem mit PCR- oder Antigentest freitesten lassen.

Bisher gilt für Kontaktpersonen einer mit Omikron infizierten Person eine strikte Quarantäne von 14 Tagen, freitesten ist nicht möglich. Häufig erfährt man allerdings gar nicht oder spät, welche Virusvariante man hat.

Kontaktbeschränkungen

Die seit kurz vor Weihnachten geltenden Beschränkungen sind weiter in Kraft. Seitdem dürfen sich auch Geimpfte und Genesene nicht mehr unbegrenzt treffen, sondern maximal zu zehnt, Kinder nicht mitgezählt. Für Treffen, an denen auch nur ein Ungeimpfter oder nicht Genesener beteiligt ist, gilt schon länger: Es dürfen nur Leute des eigenen und maximal zwei Personen eines anderen Haushalts dabei sein, Kinder nicht mitgezählt.

Konsens über Impfpflicht

Einstimmig bekräftigten die Länder und Scholz, dass sie eine allgemeine Impfpflicht für nötig halten. Die Länder erwarten, dass Bundestag oder Bundesregierung schnell einen Fahrplan dafür vorlegen. Wüst wies darauf hin, Scholz habe die Impfpflicht bereits für Februar avisiert, jetzt dürfe nicht parteipolitisch taktiert werden.

Scholz verwies auf die Zuständigkeit des Bundestags, betonte aber noch einmal, er selbst würde für eine Impfpflicht stimmen. Er fühle sich vom Votum der Länder „da maximal unterstützt“.

Scholz warb zudem erneut fürs Impfen und Boostern. „Wer eine Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen, sollte da nicht hingehen, sondern eher hinrennen“, betonte er. Zudem bekräftige der Kanzler „das ehrgeizige Ziel“ von weiteren 30 Millionen Impfungen bis Ende Januar.

Wie schlimm die Omikron-Welle Deutschland treffen werde, lasse sich nur schwer voraussagen, sagte Scholz. Er rechne damit, dass es zu höheren Infektionszahlen komme - und auch „zu solchen, die zu groß sind“. Doch diese Rechnung habe viele Variable, vom Boostern und Impfen bis hin zur Wirkung der Kontaktbeschränkungen.

Erstmals seit gut zweieinhalb Wochen stieg die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt wieder über die Marke von 300. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Freitag mit 303,4 an. Er war zuletzt stetig gestiegen, wobei das RKI von einer Untererfassung der Neuinfektionen wegen weniger Tests und Meldungen im Zuge der Feiertage und der Ferien ausging. Der Anteil der ansteckenderen Virusvariante Omikron nimmt schnell zu.

© dpa-infocom, dpa:220107-99-619714/27

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