Oslo (dpa)

Psychiaterin: Utøya-Mörder Breivik so gefährlich wie zuvor

| 19.01.2022 17:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Die Psychiaterin Randi Rosenqvist sagt vor Gericht aus, dass man bei Breivik keine positive Entwicklung sehen könne. Foto: Ole Berg-Rusten/NTB/dpa
Die Psychiaterin Randi Rosenqvist sagt vor Gericht aus, dass man bei Breivik keine positive Entwicklung sehen könne. Foto: Ole Berg-Rusten/NTB/dpa
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Breivik sehnt sich nach eigenen Angaben nach Kontakten. Eine wichtige Zeugin weist darauf hin, dass dem verurteilen Rechtsterroristen nicht zu trauen sei. Ihre Aussage ist in einem Berufungsverfahren von zentraler Bedeutung.

Der Utøya-Mörder Anders Behring Breivik bleibt einer Rechtspsychiaterin zufolge auch zehn Jahre nach den schwersten Anschlägen der norwegischen Nachkriegszeit ein gefährlicher Mann.

Ihre Bewertung des Risikos, dass Breivik neue schwere Gewalttaten begehen könnte, habe sich seit ihrer ersten Einschätzung in den Jahren 2012 und 2013 nicht verändert, sagte die Psychiaterin Randi Rosenqvist während einer Gerichtsverhandlung im Gefängnis Skien, bei der es um die von dem verurteilten Massenmörder beantragte vorzeitige Haftentlassung auf Bewährung geht. Man könne keine positive Entwicklung bei ihm sehen.

Man kann ihm „nicht trauen“

Breivik sage etwas und glaube auch an das Gesagte, meine zu einem anderen Zeitpunkt aber etwas anderes, berichtete Rosenqvist. „Er ist nicht konsistent in dem, was er sagt. Und deshalb kann man ihm nicht trauen.“ Breivik sei ein narzisstischer, sehr selbstverherrlichender Persönlichkeitstyp. Man könne nicht wissen, was er im Falle einer möglichen Haftentlassung auf Bewährung eigentlich machen wolle - nicht einmal er selbst, sagte Rosenqvist.

Breivik, der sich mittlerweile Fjotolf Hansen nennt, hatte am 22. Juli 2011 bei Terroranschlägen im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utøya 77 Menschen getötet. Er nannte damals rechtsextreme und islamfeindliche Motive für seine Taten.

2012 war er zur damaligen Höchststrafe von 21 Jahren Verwahrung mit einer Mindestdauer von zehn Jahren verurteilt worden. Verwahrung geht im norwegischen Recht über eine normale Haftstrafe hinaus und beinhaltet, dass die Strafe immer wieder verlängert werden kann - Breivik könnte also nie wieder aus dem Gefängnis in Skien freikommen. Nach Ablauf der Mindestdauer durfte er jedoch erstmals beantragen, dass seine Freilassung auf Bewährung gerichtlich geprüft wird.

Staatsanwaltschaft hält ihn für gefährlich

Seit Dienstag und voraussichtlich bis Donnerstag wird darüber nun vor dem Bezirksgericht Telemark in der Haftanstalt verhandelt. Ein Gerichtsbeschluss soll zu einem späteren Zeitpunkt und möglicherweise schon nächste Woche bekanntgegeben werden. Breiviks Erfolgsaussichten sind gering. Die Aussage von Rosenqvist, die in dem Verfahren als wichtigste Zeugin gilt, dürfte seine Chancen weiter verringern. Im Wesentlichen muss das Gericht die Frage klären, ob er erneut schwere Straftaten begehen könnte und somit eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Die Staatsanwaltschaft hält ihn weiter für zu gefährlich.

Wie am ersten Verhandlungstag zeigte Breivik beim Betreten der zum Gerichtssaal umfunktionierten Turnhalle des Gefängnisses auch am Mittwochmorgen einen Zettel mit einer politischen Botschaft. Danach berichtete er von strengen Haftbedingungen und mangelndem sozialen Kontakt.

Knapp zehn Jahre in Isolation

Ihm sei nicht erlaubt worden, mit anderen zu kommunizieren und sinnvolle Beziehungen aufzubauen, sagte der seit knapp zehn Jahren in Isolation sitzende 42-Jährige. Er arbeite 70 Stunden wöchentlich, die meiste Zeit habe er für Studien und Geschäftspläne genutzt. Ihm werde aber weiter die Teilnahme an Vorlesungen verwehrt, was ihm das Studieren und Erreichen von Abschlüssen erschwere.

Am Dienstag hatte Breivik beteuert, von Gewalt Abstand genommen zu haben. Er sei jedoch weiter Nationalsozialist. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Dag Bjørvik, ob er beweisen könne, dass seine militanten Tendenzen verschwunden seien, entgegnete Breivik am Mittwoch, dass jemand, der wegen einer Straftat verurteilt wurde, niemals garantieren könne, dass dies nie wieder vorkommen könnte. Dies hänge davon ab, ob die Gesellschaft ihm eine Chance gebe.

© dpa-infocom, dpa:220119-99-771844/3

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