Berlin (dpa)
Brinkhaus verzichtet zugunsten von Merz auf Fraktionsvorsitz
Unionsfraktionschef Brinkhaus hat die Reißleine gezogen. Bei einer Kampfkandidatur gegen den neuen CDU-Chef Merz hätte er kaum eine Chance gehabt.
Der künftige CDU-Chef Friedrich Merz wird Mitte Februar auch den Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag übernehmen und damit Oppositionsführer im Parlament.
Der bisherige Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus verzichtet zugunsten von Merz auf eine erneute Kandidatur. Das teilte Brinkhaus am Donnerstagabend in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Brief an die Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU mit. Brinkhaus schlägt vor, den neuen Fraktionschef am 15. Februar zu wählen, in der nächsten regulären Sitzungswoche des Bundestages. Dass die Unionsabgeordneten Merz wählen, gilt als sicher.
Brinkhaus vermeidet Machtkampf
Brinkhaus war ursprünglich bis Ende April gewählt worden. Mit seinem Schritt vermeidet er vor den wichtigen Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen im März und Mai einen neuerlichen Machtkampf in der CDU, der die Wahlkämpfe belastet hätte. Die CDU-Regierungschefs in den drei Bundesländern ringen um ihre Wiederwahl. In der Union war befürchtet worden, dass neue interne Streitigkeiten Anhänger der Christdemokraten gerade nach den Machtkämpfen der vergangenen Jahre um den CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur mit CSU-Chef Markus Söder abgeschreckt hätten.
Merz macht mit seinem Schritt quasi das nach, was die damalige CDU-Vorsitzende und spätere Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2002 zu seinem großen Ärger getan hatte: Merkel hatte ihn damals vom Amt des Vorsitzenden der Unionsfraktion verdrängt.
Merz-Lob nach Rückzugsankündigung
Noch am Abend äußerte sich Merz anerkennend über den Verzicht von Brinkhaus. „Auch wenn wir in der Sache unterschiedlicher Auffassung waren, so danke ich Ralph Brinkhaus für seine Bereitschaft, die beiden Aufgaben des Vorsitzenden in Partei und Fraktion in eine Hand zu legen“, erklärte Merz auf dpa-Anfrage. Er ergänzte: „Wir bündeln damit die Arbeit in Partei und Fraktion.“ Brinkhaus bleibe „aktives und wichtiges Mitglied unserer Bundestagsfraktion, ich werde seine Fähigkeiten und seine Unterstützung gern in Anspruch nehmen.“
Brinkhaus schrieb, Merz habe ihn darüber informiert, dass er sich in jedem Falle für den Fraktionsvorsitz bewerben werde. „Es ist kein Geheimnis, dass bezüglich des Fraktionsvorsitzes zwischen Friedrich Merz und mir unterschiedliche Auffassungen bestehen, die wir auch nicht ausräumen konnten. Ich denke, wir beide haben gute Gründe für unsere Positionen“, heißt es in dem Brief weiter.
„Es darf kein Dissens werden, der der Union schadet - insbesondere angesichts der anstehenden Landtagswahlen, deren Ergebnisse für uns so entscheidend sind“, ergänzte der Fraktionschef. Er schlage daher vor, schnell Klarheit zu schaffen und die Ende April anstehende Wahl des Fraktionsvorsitzenden „auf die nächste Plenarwoche, das heißt auf den 15. Februar 2022, vorzuziehen“. Er selbst werde dann nicht mehr kandidieren.
Amtsinhaber appelliert an Abgeordnete
Zugleich bat Brinkhaus die Abgeordneten, „den neuen Fraktionsvorsitzenden so zu unterstützen und zu tragen, wie auch ich von der Fraktion unterstützt und getragen worden bin. Denn nur so werden wir weiter erfolgreich sein.“ Er werde der Fraktion „selbstverständlich“ als Abgeordneter erhalten bleiben „und wie bisher mit großem Engagement und Freude am Erfolg unseres gemeinsamen christdemokratischen und christsozialen Projekts mitwirken“.
Merz war am Samstag bei einem Online-Parteitag von den Delegierten mit nach CDU-Rechnung 94,62 Prozent der Stimmen zum künftigen CDU-Vorsitzenden gewählt worden. Die Wahl muss noch durch eine anschließende Briefwahl bestätigt werden. Deren Ergebnis wird an diesem Montag bekannt gegeben.
Brinkhaus hatte kürzlich noch gesagt: „Wenn die Fraktion das wünscht und wenn die Fraktion mich wählt, dann werde ich das also auch gerne nach dem 30. April weitermachen.“ Merz hatte noch am Samstagabend direkt nach seiner Wahl in der ZDF-Sendung „Was nun?“ zum Fraktionsvorsitz gesagt: „Das ist eine Frage, die im Augenblick nicht auf der Tagesordnung steht. Und wenn sie auf der Tagesordnung steht, besprechen wir sie.“ Auf die Frage, ob das Wahlergebnis ihm dazu Rückenwind gebe, ergänzte er: „Das ist jedenfalls kein Gegenwind.“
Merz war im Dezember in der ersten Mitgliederbefragung der CDU zum Parteivorsitz mit 62,1 Prozent zum Nachfolger Armin Laschets bestimmt worden, der als Kanzlerkandidat gescheitert war. Merz ist der dritte CDU-Vorsitzende, seitdem Angela Merkel 2018 angekündigt hatte, sich nach 18 Jahren von der Parteispitze zurückzuziehen.
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