Was Sie heute wissen müssen

Dr. Wietoska | Stürmische Nadia | Topcus Buch

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 31.01.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Krankenhäuser haben gewisse Parallelen zu Zeitungsredaktionen. Hier wie dort gibt es an der Spitze eine Dualität. Hier der Leitende Chefarzt und der Geschäftsführer, der fürs Wirtschaftliche verantwortlich ist, dort Chefredakteur und Geschäftsführer. In den guten alten Zeiten trafen sich Chefredakteure zum Mittagessen mit wichtigen Politikern und Wirtschaftsbossen, um dann zum Abend hin den Leitartikel zur Lage der Nation zu schreiben. Chefärzte gingen vormittags zum Golfen, aßen mittags im Sternerestaurant (auch mal mit dem Chefredakteur), um nachmittags Privatpatienten zu operieren. Und heute? Heute haben hier wie dort die Geschäftsführer das Sagen, und Doktoren und Journalisten sind all die schönen Privilegien los.

Das sind natürlich alles Klischees, und es war ganz bestimmt niemals so gewesen (obwohl ich mich an solche Chefärzte/-redakteure tatsächlich erinnere). Aber manchmal bin ich dann doch irritiert, zum Beispiel, als ich am Wochenende die jüngste Geschichte von Andreas Ellinger gelesen habe. Im Mittelpunkt steht Dr. Hans-Jürgen Wietoska, Ärztlicher Direktor des Klinikums Leer. Schon vor einem Jahr in der Affäre um den Leeraner DRK-Geschäftsführer Hary Feldmann war seine Rolle nicht ganz glücklich. Wenn aber nun stimmt, dass er Privatpatienten (oder ihm persönlich bekannte Leute) bevorzugt geimpft hat, dann liegt doch einiges im Argen im Selbstverständnis des Herrn Chefarzt. Zwei Patienten waren Zeugen des Vorgangs und hatten sich beschwert. Die bisherigen Erklärungsversuche des Klinikums sind nicht sehr überzeugend. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Glimpflich verlief dagegen für Ostfriesland der heftige Sturm, der ab Samstag über ganz Norddeutschland hinwegbrauste. „Nadia“, so wurde das Unwetter genannt, stürzte Bäume um und räumte Gärten leer. Vor allem hielt der Orkan die Feuerwehren auf Trab, die viele Einsätze hatten, wie Vera Vogt und Sebastian Bete in einer ersten Bilanz am Samstagabend feststellten. In der Nacht zum Sonntag beruhigte sich der Wind etwas. Gestern meldeten Polizei und Feuerwehren 33 gemeinsame Einsätze im Bereich Kreis Leer und Stadt Emden und 31 in den Kreisen Aurich und Wittmund. Verletzt wurde nach bisherigem Stand niemand.

Am heutigen Montag sind in Leer, in Aurich und auch in Norden wieder „Spaziergänger“ unterwegs, also Menschen, die gegen Impfpflicht und Corona-Maßnahmen demonstrieren. Das ist ihr gutes demokratisches Recht, und wie an dieser Stelle schon so oft dargestellt, sind viele der Protestanten Menschen mit ehrenwerten Motiven und keine Rechtsextremen, Neonazis oder Reichsbürger. Da die Situation so aufgeheizt und das Misstrauen so groß ist, haben wir Journalisten es schwer, mit den Protestierenden ins Gespräch zu kommen. Marion Luppen ist es vergangene Woche gelungen, mit zwei Auricher Spaziergängern ein Interview zu führen, anonym zwar, aber sehr offen. Sie begründen auch, warum sie sich nicht impfen lassen. Nicht alle Argumente bestehen einen Faktencheck.

In Norden ist für heute erneut eine Gegendemonstration angekündigt, unter dem Motto „Für ein solidarisches Miteinander – Impfen schützt uns alle!“. Dagegen steht die Versammlung der Maßnahmenkritiker unter dem Motto „Nörden steiht up! Freie Ostfriesen für freie Entscheidung!“. Die einen stehen nur, die anderen marschieren. In Papenburg hatten sich die Impfbefürworter schon am Samstag versammelt und bildeten rund um den Kanal eine Menschenkette. Rund 600 Teilnehmer sollen es gewesen sein, berichten Kristina Müller und Hermann Hinrichs.

Wie leicht man sich mit Omikron infizieren lassen kann, erlebe ich ja gerade am eigenen Beispiel (auch wenn ich fünf Tage nach dem PCR-Abstrich noch immer kein Testergebnis habe). Aber es besorgt auch meine Kolleginnen und Kollegen, die regelmäßig politische Sitzungen besuchen. Klar ist, dass trotz Corona politische Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Frage ist, ob es wirklich so sein muss, dass jede Kommunen ihre eigenen Regeln macht. Und einige Sitzungen hinterlassen während der Omikron-Welle ein ungutes Gefühl. Ein Erlebnisbericht.

Dass die Stadt Aurich weder einen Autobahn- noch einen Bahnanschluss hat, ist eine Hypothek für die wirtschaftliche Zukunft der Stadt. Darüber wird schon lange gesprochen, erst vor einem halben Jahr keimte angesichts der neuen Herausforderungen durch die angestrebte Mobilitätswende neue Hoffnung auf. Was ist daraus geworden? Was hat der Landkreis unternommen, wie ist die Stimmungslage beim Land? Nicole Boening hat sich erkundigt und unter anderem mit dem Landtagsabgeordneten Wiard Siebels gesprochen, der dem Thema seine politische Karriere verdankt. Aber muss es unbedingt die Bahn sein? Wie wäre es mit einer Straßenbahn oder mit Wasserstoffbussen oder mit ... ? Es gibt viele Optionen für Aurich, wie der Stadtplaner Prof. Dr. Alexander Schmidt im Interview sagt. Er hatte bis zu seiner Emeritierung das Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung an der Universität Duisburg-Essen geleitet.

Canan Topcu, Journalistin aus Hanau, ist seit gut einem Jahr Kolumnistin dieser Zeitung. Einmal pro Woche schreibt sie unter dem Titel „Artikel 1 GG“, den ersten Kontakt mit der OZ hatte sie in einem Interview vor knapp zwei Jahren nach den Anschlägen in Hanau. Jetzt hat sie ein Buch geschrieben: „Nicht mein Antirassismus“. Die türkischstämmige Kollegin hält darin ein Plädoyer für mehr Dialog und gegenseitiges Verständnis. Lesenswert. Meine Besprechung lesen Sie hier.

Was heute wichtig wird:

  • Es gibt Streit um den Sperrmüll im Landkreis Leer: Die FDP hat vorgeschlagen, dass es wieder eine kostenlose, flächendeckende Sperrmüllabfuhr geben soll. Im Abfallwirtschaftsausschuss gab es bei der Idee heftigen Widerspruch. Karin Lüppen berichtet.
  • Intensivstationen stehen stark im Fokus: Zur Belastung durch Covid-Patienten kommen Personalengpässe. In Hamburg gab es Proteste. Keiner sprang mehr für den anderen ein. Wie lange halten die Pflegekräfte bei uns noch durch? Vera Vogt fragt nach.
  • Masterplan Ems 2050: Immer öfter ziehen Landwirte und Naturschützer an einem Strang. Nicole Böning berichtet, wie das beim Schutz von Wiesenbrütern bereits klappt und vor welchen Herausforderungen beide Seiten dabei stehen.
  • Bis 1989 lagerten mitten in Ostfriesland Atomsprengköpfe, mit denen im Ernstfall russische Bomberstaffeln vom Himmel geholt werden sollten. Ein Standort war die Fehn-Kaserne Wiesmoor. Daran soll jetzt erinnert werden. Ole Cordsen berichtet.
  • Der Stadt Wittmund steht eine Million Euro ins Haus, um die Innenstadt aufzumöbeln. Bisher besticht die durch Langeweile und Ödnis. Doch wie soll das Geld am besten ausgegeben werden? Imke Oltmanns fragt nach.
  • Junge Leute in ungewöhnlichen Berufen: Claus Hock hat mit einem Hufschmied und mit einer Sattlerin gesprochen. Außerdem hat er die Handwerkskammer befragt, in welchen Berufen es besonderen Nachwuchsmangel gibt.
  • Die Mobile Beratung gegen Rechts bringt eine neue Informationsbroschüre heraus. Wie sieht diesbezüglich eigentlich die Situation in Ostfriesland und im restlichen Nordwesten aus? Claus Hock hat nachgehakt.
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