Berlin (dpa)
Scholz reist nicht zu den Olympischen Spielen in Peking
Viele Staats- und Regierungschefs haben ihren Besuch bereits angekündigt. Kanzler Scholz bleibt der Olympia-Eröffnungsfeier in Peking dagegen fern.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat nicht vor, zu den Olympischen Winterspielen nach Peking zu reisen. „Ich habe keine Reisepläne“, sagte der SPD-Politiker im ZDF-„heute journal“. „Deshalb kann man nicht davon ausgehen, dass ich plötzlich da auftauche und sage: Hallo, hier bin ich.“
Scholz hatte Fragen nach einem Besuch der Olympischen Spiele über viele Wochen unbeantwortet gelassen. Noch am Mittwochnachmittag hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf eine entsprechende Frage gesagt: „Über Reisen des Bundeskanzlers werden wir Sie zeitnah informieren.“ Zur Eröffnungsfeier am Freitag werde Scholz aber sicher nicht fliegen. Dazu werden unter anderen der russische Präsident Wladimir Putin, die Staatschefs von Polen, Serbien, Ägypten, Argentinien, Kasachstan und Turkmenistan sowie der Kronprinz von Saudi-Arabien in Peking erwartet.
Ob überhaupt ein offizieller Vertreter der Bundesregierung an der Feier im Olympiastadion der chinesischen Hauptstadt teilnehmen wird, konnte Regierungssprecher Hebestreit nicht sagen. Das Auswärtige Amt teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass von seiner Seite sicher niemand dabei sein werde - also auch kein Vertreter der deutschen Botschaft in Peking. CSU-Chef Markus Söder forderte die Teilnahme eines Regierungsvertreters an der Feier. „Ich finde, eine deutsche Außenpolitik muss bei aller Skepsis auch im Gespräch bleiben.“
Diplomatischer Boykott
Die USA hatten schon vor Wochen einen diplomatischen Boykott der Spiele vom 4. bis 20. Februar angekündigt. Australien, Kanada, Großbritannien und Neuseeland schlossen sich an. Hintergrund ist vor allem die Menschenrechtslage im bevölkerungsreichsten Land der Welt. Die Führung in Peking steht wegen ihres Umgangs mit den muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang und den Tibetern in der Kritik, aber auch wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong oder Drohungen gegen Taiwan.
Kanzler Scholz hatte mehrfach betont, dass es in der Europäischen Union einen Abstimmungsprozess über die Frage des diplomatischen Boykotts gebe. „Meines Wissens läuft dieser Prozess noch“, sagte Regierungssprecher Hebestreit. Einzelne EU-Länder haben sich allerdings schon festgelegt - so fährt etwa Polens Präsident Andrzej Duda zur Eröffnung.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und die für Sport zuständige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten bereits im Dezember festgelegt, dass sie nicht nach Peking reisen. Beide machten aber deutlich, dass es sich dabei um persönliche Entscheidungen handele, die nichts mit der politischen Grundsatzentscheidung über einen diplomatischen Boykott zu tun haben.
„Ich bin großer Sportfan, aber zu Olympia werde ich in dieser Zeit definitiv nicht fahren - das war für Außenminister auch in der Vergangenheit nicht üblich“, sagte Baerbock in einem dpa-Interview. Die für Sport zuständige Innenministerin Faeser ließ einen Sprecher erklären, dass sie „schon aus Pandemiegründen“ nicht selbst nach Peking reisen wolle.
„Das Fernbleiben allein ist noch keine Lösung“, sagte Söder dazu. Er hätte es sich gut vorstellen können, dass Baerbock „ihre kritische Haltung auch in Gesprächen in Peking zum Ausdruck bringt“. Generell gebe es in der Außenpolitik den Trend, gern über Statements zu arbeiten. Das vertrauensvolle Gespräche komme oft zu kurz. Außerdem müsse man auch Respekt vor den Athletinnen und Athleten zeigen, die über Jahre hinweg trainierten und sich häufig sehr allein gelassen fühlten.
Auch die Regierungen der Nachbarländer Chinas gehen unterschiedlich mit Olympia um. Japan schickt keine Regierungsdelegation, will von einem diplomatischen Boykott aber ausdrücklich nicht sprechen. Südkoreas Regierung wird bei den Spielen durch den Minister für Kultur-, Sport- und Tourismus, Hwang Hee, vertreten.
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