Rom (dpa)
Franziskus' persönliche Einblicke in TV-Interview
Papst Franziskus gibt einem italienischen TV-Sender ein Interview. In der Talkshow spricht er über Sorgen der Kirche, aber auch private Dinge. Nur über ein Thema wurde nicht geredet.
Die Gefahren des Glaubens, die Übel der Gesellschaft, aber auch persönliche Anekdoten: Papst Franziskus hat in einem TV-Interview über die Herausforderungen der katholischen Kirche gesprochen und daneben Privates erzählt.
Auf eine emotionale Frage wusste der Pontifex dabei am Sonntag keine Antwort. Der Moderator Fabio Fazio hatte Franziskus gefragt, warum Gott es zulasse, dass Kinder leiden müssten. „Dafür habe ich keine Erklärung“, sagte der 85-Jährige. „Ich habe meinen Glauben, versuche Gott, meinen Vater, zu lieben. Aber warum Kinder leiden, darauf habe ich keine Antwort.“
In dem knapp eine Stunde langen Interview, das der öffentlich-rechtliche Sender Rai am Nachmittag aufgezeichnet hatte und am Abend ausstrahlte, fehlte ein brisantes Thema. Über die Missbrauchsskandale der vergangenen Jahrzehnte in der katholischen Kirche, deren jüngste Erkenntnisse zuletzt in Deutschland für Aufsehen gesorgt hatten, wurde nicht gesprochen. Kritiker bemängeln, dass Kindesmissbrauch durch Geistliche in Italien noch viel zu wenig untersucht werde.
Klerikalismus ist „Perversion der Kirche“
Ansonsten wurde Franziskus, der aus dem Vatikan zugeschaltet war, oft deutlich. Er warnte etwa vor einer Überhöhung und Aufwertung der Geistlichen und Oberen in der Kirche gegenüber den Laien. „Der Klerikalismus ist die Perversion der Kirche“, unterstrich der Pontifex. Er führe zu Starrheit und einem Festfahren in der Kirche, „und unter jeder Art von Starrheit gedeiht Fäule“, sagte der Papst, der Laien künftig viel stärker einbinden will.
Ähnlich scharf verurteilte Franziskus eine immer aggressiver werdende Gesellschaft, auch schon bei Kindern. „Ich denke an die Schulen, an Mobbing“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Manchmal gehe die Aggressivität von kleinen Dingen aus, etwa von Tratschereien. Üble Nachrede könne Familien und Gemeinschaften spalten. „Der Tratsch zerstört die Identität“, mahnte Franziskus. Und wenn es nicht möglich ist, den Kindern schlimmes Leid zu ersparen, dann haben Erwachsene nach Ansicht des Papstes „nur einen Weg: Ihnen im Leid beistehen“.
Berufswunsch Metzger
Franziskus sprach auch über sein Privatleben, etwa den Berufswunsch als kleiner Jorge Bergoglio in Buenos Aires. Er erinnerte daran, wie er mit seiner Mutter und Großmutter einkaufen ging. „Und da habe ich einen Metzger gesehen, der in seine Tasche das Geld steckte. Da habe ich gedacht, dass ich auch Metzger werden will - wegen des Geldes“, erzählte der Pontifex und musste lächeln.
Auf die persönliche Frage des Starmoderators Fazio, ob der Papst Freunde habe, antwortete dieser: „Ja, ich habe Freunde, die mir helfen, die ich schon ein Leben lang kenne.“ Freunde seien wichtig.
Das sei auch einer der Gründe gewesen, warum er nach der Papstwahl 2013 nicht in die päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast gezogen sei, sondern weiterhin im Gästehaus Santa Marta wohne. Dort könne er mit mehreren Leuten plaudern und das brauche er. „Die anderen Päpste vor mir waren Heilige. Aber als Heiliger komme ich nicht zurecht. Ich brauche menschliche Kontakte.“ Er habe „wenige, aber echte Freunde“.
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