Washington (dpa)
Amy Gutmann wird erste US-Botschafterin in Deutschland
Die Top-Position an der US-Botschaft in Deutschland wird wieder besetzt. Die von Joe Biden nominierte Politologin Amy Gutmann hat keine Erfahrungen als Diplomatin. Ihre Entsendung ist eine Premiere.
Die amerikanische Hochschulpräsidentin Amy Gutmann wird als erste Frau den US-Botschafterposten in Deutschland übernehmen.
Mit der Zustimmung des Senats in Washington nahm die 72-jährige Wunschkandidatin von Präsident Joe Biden am Dienstag die letzte politische Hürde. Vor ihrem Wechsel nach Berlin muss die vielfach ausgezeichnete Politikwissenschaftlerin mit deutsch-jüdischen Wurzeln nur noch vereidigt werden, was als Formalie gilt. Gutmann ist seit 2004 Präsidentin der renommierten Pennsylvania University. Im Senat gab es für sie 54 Ja- und 42 Nein-Stimmen. Vier Senatoren stimmten nicht ab.
„Ermutigendes und überfälliges Zeichen“
In Berlin wurde das Votum mit Erleichterung aufgenommen, denn es beendet eine Periode von mehr als 20 Monaten, in denen der Botschafterposten unbesetzt war - so lange wie nie zuvor nach dem Zweiten Weltkrieg. Grund dafür war eine Blockade der oppositionellen Republikaner im Senat. Der Demokrat Biden hatte Gutmann bereits im Juli vergangenen Jahres nominiert. Die Demokraten haben dort aber nur 50 der 100 Stimmen. Um eine Abstimmung herbeizuführen, sind jedoch meist 60 Stimmen nötig, weswegen die Republikaner Bidens Nominierung aufhalten konnten.
Das positive Votum im Senat erfolgte nur einen Tag nach dem Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in den USA. Auch in der Opposition in Berlin wurde sie positiv aufgenommen. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter nannte sie ein „ermutigendes und überfälliges Zeichen für die Wiederbelebung der transatlantischen Partnerschaft“. Dass Gutmann Wurzeln in Deutschland hat, werde der deutsch-amerikanischen Freundschaft gut tun. „Die Nominierung zeigt, dass Präsident Biden der transatlantischen Partnerschaft wieder eine höhere Bedeutung zumisst und sich für ihre Stärkung einsetzt, das freut mich sehr.“
Vater flüchtete aus Bayern vor den Nazis
Gutmanns Vater stammt aus dem bayerischen Feuchtwangen. Nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland flüchtete er 1934 mit seiner Familie nach Indien. Später zog er nach New York, wo Amy Gutmann 1949 im Stadtteil Brooklyn geboren wurde. Sie studierte später Politologie an der Elite-Universität Harvard und lehrte fast drei Jahrzehnte an einer weiteren Spitzen-Uni, Princeton in New Jersey, bevor sie nach Pennsylvania wechselte.
Seit 2004 ist sie Präsidentin der University of Pennsylvania in Philadelphia, eine der ältesten und angesehensten Universitäten der USA und darüber hinaus. Sie hat einen guten Draht ins Weiße Haus. Als Vizepräsident besuchte Biden die Uni, trat bei einer Podiumsdiskussion mit Gutmann auf. Seine Enkelin Naomi hat dort studiert. Sie wurde 2009 unter Präsident Barack Obama aber an die Spitze einer Bioethik-Kommission berufen.
Diplomatische Erfahrung hat die Uni-Präsidentin nicht. Als Wissenschaftlerin wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2011 zählte sie das Magazin „Newsweek“ zu den „150 Frauen, die die Welt bewegen“. Von der Zeitschrift „Fortune“ wurde sie 2018 als eine der 50 wichtigsten Führungspersönlichkeiten der Welt eingestuft.
Vorgänger Grenell machte sich kaum Freunde
Unklar blieb zunächst, wann genau Gutmann ihren Dienst in Berlin antritt. Es wird damit gerechnet, dass das spätestens im März der Fall sein wird. Der Botschafterposten war bereits nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten fast 16 Monate unbesetzt. Richard Grenell übernahm dann im Mai 2018 das Amt. Im politischen Berlin machte er sich mit seiner rabiaten Art kaum Freunde. Aus der Opposition kamen sogar vereinzelt Forderungen, ihn zur „unerwünschten Person“ zu erklären. Auch schon deshalb freuen sich in Berlin viele auf „die Neue“.
© dpa-infocom, dpa:220209-99-38388/4