Köln (dpa)

Karnevalsstart im Schatten des Krieges

| 24.02.2022 04:42 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
An Weiberfastnacht beginnt der Straßenkarneval. Foto: Roberto Pfeil/dpa
An Weiberfastnacht beginnt der Straßenkarneval. Foto: Roberto Pfeil/dpa
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Im Rheinland startet der Straßenkarneval - die Gedanken vieler Jecken sind aber in der Ukraine. Sender ändern ihr Programm. Weiberfastnacht konnte nicht mehr abgesagt werden - Rosenmontag aber schon.

Karneval im Schatten des Krieges: In den rheinischen Hochburgen hat der Straßenkarneval begonnen. Doch während an Weiberfastnacht in Köln noch Zehntausende kostümierter Jecken in der Innenstadt schunkelten, hat das Festkomitee seinen geplanten Rosenmontagszug im Rheinenergiestadion abgesagt.

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine sei ein unbeschwertes Feiern kaum noch denkbar, sagte ein Sprecher. Stattdessen werde es eine Friedensdemonstration mit Persiflagewagen auf Plätzen in der Kölner Innenstadt geben.

OB Reker: „Mir ist wirklich nicht zum Feiern zumute“

Um Punkt 11.11 Uhr an Weiberfastnacht hatte das Dreigestirn mit dem traditionellen Countdown und dreimal „Kölle Alaaf“ auf einer Bühne in der Altstadt den Karneval eröffnet. „Mir ist wirklich nicht zum Feiern zumute, aber weder ich noch das Festkomitee können und wollen den Karneval absagen“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bei einem Empfang im Rathaus. „Jede und jeder muss das für sich selbst entscheiden, ob das der richtige Augenblick ist zu feiern“, sagte sie. „Ich feiere nicht.“

Das Festkomitee Kölner Karneval erklärte am Donnerstagmorgen, der Beginn des Straßenkarnevals bedeute für die Jecken hauptsächlich individuelles Feiern. „Nach zwei Jahren Pandemie ist die Sehnsucht danach sehr groß - und das Absagen mit so kurzem Vorlauf rein organisatorisch auch gar nicht möglich. Es wäre aus unserer Sicht auch das falsche Signal.“

„Krieg und Karneval passen nicht zusammen“

Für Rosenmontag sehe das anders aus, entschied das Festkomitee dann am frühen Nachmittag. Ein Rosenmontagszug sei angesichts der aktuellen Ereignisse nicht mehr denkbar, eine Absage noch möglich. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach sich ebenfalls dafür, aus Karnevalszüge abzusagen. „Krieg und Karneval in Europa passen nicht zusammen“, sagte er in Düsseldorf.

Am Abend wurde die Kölner Polizei vermehrt wegen Schlägereien, Diebstählen oder Delikten wie sexueller Belästigung gerufen. Es gebe erste Abwanderungstendenzen, es werde aber auch reichlich Alkohol konsumiert. „Wir sind noch lange nicht am Ende“, sagte ein Polizeisprecher. In Düsseldorf war die Altstadt mit vielen kostümierten Jecken belebt. Im Großen und Ganzen gehe es friedlich zu, berichtete ein Sprecher. Es sei weniger los als sonst an Weiberfastnacht, aber auch sehr kalt.

Wie in anderen Jahren auch, bildeten sich an Weiberfastnacht schon morgens vor vielen Kölner Kneipen Warteschlangen. Auch im Studentenviertel wurde es nach Angaben der Stadt rasch voll. In der Altstadt und auf anderen Partymeilen sei jedoch deutlich weniger los gewesen als sonst.

Laut Corona-Schutzverordnung ist das Karnevalfeiern in NRW draußen in sogenannten Brauchtumszonen unter 2G-plus-Bedingungen erlaubt. Köln hat für die Karnevalstage das gesamte Stadtgebiet zur „Brauchtumszone“ erklärt, so dass für Jecken überall im öffentlichen Raum 2G-plus gilt. Das heißt: Genesene oder zweifach Geimpfte brauchen einen aktuellen negativen Test oder eine dritte Impfung (Booster). In Kneipen müssen auch Geboosterte einen aktuellen Schnelltest vorweisen.

Düsseldorf: Kostümierte in der Altstadt, Leere vor dem Rathaus

In Düsseldorf strömten Tausende überwiegend junge Kostümierte in die Altstadt, wo Absperrgitter die „Brauchtumszone“ markieren. Sicherheitspersonal kontrollierte Taschen auf Glas, die Impfnachweise wurden nur stichprobenhaft nachgesehen.

Anders als sonst herrschte auf dem Platz vor dem Rathaus gähnende Leere. Während dort normalerweise traditionell die „Möhnen“ zum Sturm auf das Rathaus blasen, blieben die Rathaustüren dieses Mal zu.

WDR stoppt Karnevalsprogramm

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) reagiert auf den Krieg in der Ukraine und streicht sämtliche geplanten Karnevalssendungen. Das teilte der Sender mit. Ob die vom WDR produzierte 20.15 Uhr-Sendung „Karneval in Köln“ am Rosenmontag in der ARD ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest.

Das WDR-Fernsehen hatte am Donnerstagmorgen zunächst noch mit einer Karnevals-Sondersendung angefangen, die aber nach drei von geplanten sieben Stunden beendet wurde. Bereits in der Sendung hatte die Redaktion sich bemüht, den Spagat zwischen Karneval und Krieg zu bewerkstelligen. Zuschauer waren dazu aufgerufen, ihre gemischten Gefühle via Email oder WhatsApp ins Studio zu schicken.

Während der WDR bereits alle Sendungen im dritten Programm gestrichen hat, ist die Planung im Ersten laut einer ARD-Sprecherin noch im Fluss. Dass die Rosenmontags-Show ausgestrahlt wird, galt in Senderkreisen allerdings als unwahrscheinlich.

Auch das ZDF reagiert und wird die ursprünglich für diesen Freitag geplante „Mainz bleibt Mainz“-Fernsehfastnacht aus dem Hauptprogramm nehmen. „Aufgrund der aktuellen Ereignisse in der Ukraine verzichten wir auf die Ausstrahlung von 'Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht' im Hauptprogramm. Die bereits am Dienstag und Mittwoch aufgezeichnete Sitzung wird ab Freitagabend 20.15 Uhr in der ZDF Mediathek abrufbar sein“, hieß es in einem Statement.

© dpa-infocom, dpa:220224-99-260336/24

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