London (dpa)
Ära geht zu Ende: Abramowitsch will FC Chelsea verkaufen
Der russische Milliardär Roman Abramowitsch will den FC Chelsea verkaufen. Der Erlös soll den Opfern des Kriegs in der Ukraine zugutekommen.
Unter dem Druck möglicher Sanktionen hat der russische Milliardär Roman Abramowitsch den Verkauf von Champions-League-Sieger FC Chelsea angekündigt. Der Erlös solle über eine Stiftung den Opfern des Ukraine-Kriegs zugutekommen, teilte der 55 Jahre alte Oligarch mit.
Damit steht eine fast 20-jährige Besitzer-Ära bei den Londonern vor dem Ende: Mit dem finanziellen Engagement von Abramowitsch war Chelsea zu einem der erfolgreichsten Clubs der Welt aufgestiegen und gewann zuletzt unter Trainer Thomas Tuchel zum zweiten Mal die Königsklasse sowie die Club-Weltmeisterschaft.
Im besten Interesse des Clubs
„Auf kurze Sicht“ werde sich für die Mannschaft „hoffentlich“ nicht viel ändern, sagte der deutsche Fußball-Welttrainer der BBC nach dem Viertelfinaleinzug seines Vereins im FA Cup. „Vielleicht ändert es gar nichts. Wir werden tun, was wir können, um die Nebengeräusche zu unterdrücken und fokussiert zu bleiben, was nicht immer einfach ist.“
Abramowitsch steht seit Wochen in Großbritannien wegen seiner angeblichen Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin im Fokus der Aufmerksamkeit. Immer wieder forderten Abgeordnete im Unterhaus, ihn auf die Sanktionsliste zu setzen.
Bei seinen Entscheidungen habe immer das Wohl des Clubs im Zentrum gestanden, erklärte Abramowitsch der Mitteilung zufolge. Zu verkaufen sei in der aktuellen Situation, „sowohl im besten Interesse des Clubs, der Fans, der Mitarbeiter als auch der Sponsoren und Partner“. Er werde keine Rückzahlung der Darlehen, die sich auf 1,5 Milliarden Pfund belaufen sollen, fordern, teilte Abramowitsch weiter mit.
Zuvor hatte es Gerüchte über einen möglichen Verkauf gegeben. In der vergangenen Woche hatte Abramowitsch bereits angekündigt, die Verwaltung des Clubs an eine wohltätige Stiftung abzugeben. Er hoffe nun, dass er noch ein letztes Mal die Stamford Bridge besuchen und sich verabschieden könne.
Wyss: „Ich kann mir den Einstieg gut vorstellen“
Schon vor der endgültigen Rückzugsankündigung von Abramowitsch hatte ein Schweizer Milliardär Interesse an dem Verein angemeldet. „Ich habe mit drei weiteren Personen am Dienstag ein Angebot erhalten, um Chelsea von Abramowitsch zu kaufen“, sagte Hansjörg Wyss der Schweizer Zeitung „Blick“. Ob er kaufen werde, stehe noch nicht fest, schrieb die Zeitung am Mittwoch. „Da muss ich jetzt vier bis fünf Tage zuwarten. Abramowitsch fordert derzeit viel zu viel“, zitiert die Zeitung Wyss.
„Ich kann mir den Einstieg bei Chelsea mit Partnern gut vorstellen“, meinte Wyss weiter. „So etwas mache ich ganz sicher nicht alleine. Wenn ich Chelsea kaufe, dann mit einem Konsortium bestehend aus sechs bis sieben Kapitalgebern.“
Wyss (86) ist einer der reichsten Männer der Welt. Das US-Magazin Forbes schätzt sein Nettovermögen zur Zeit auf 5,1 Milliarden Dollar. Er lebt seit Jahrzehnten in den USA. Dort leitete er eine Firma für Medizintechnik, die er 2012 für einen Milliardengewinn an das US-Unternehmen Johnson & Johnson verkaufte. Er fördert und finanziert zahlreiche Bildungsinstitutionen und Umweltschutzprojekte.
Abramowitsch im Visier der Behörden
Seit der Übernahme durch Abramowitsch vor 19 Jahren hat der einstige Fahrstuhlverein Chelsea jeweils fünfmal die englische Meisterschaft und den FA Cup, dreimal den Ligapokal sowie je zweimal die Champions League und die Europa League gewonnen. Vor kurzem triumphierten die Blues erstmals auch bei der Club-Weltmeisterschaft.
Abramowitsch war auch immer mit dem Kreml in Verbindung gebracht worden. Dem britischen Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei zufolge geht aus einem Dokument des Innenministeriums hervor, dass der Oligarch wegen seiner Verbindungen zu Putin und Korruptionsvorwürfen ins Visier der Behörden geriet.
Zuletzt wurde über einen Sprecher behauptet, der 55-Jährige wolle sich als Vermittler in dem Konflikt einbringen. Abramowitsch versuche zu helfen - man könne aber mit Blick darauf, was auf dem Spiel stehe, keine weiteren Details nennen, hieß es.
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