Berlin (dpa)
Lauterbach mahnt trotz Lockerungen zu Vorsicht
Ein Leben fast wie früher versprechen die geplanten Corona-Lockerungen. Schon jetzt gibt es viele Freiheiten zurück. Ein ansteckender Omikron-Untertyp breitet sich aber aus.
Nach monatelangen Corona-Beschränkungen haben die Menschen in Deutschland wieder mehr Freiheiten zurückbekommen. Das Bundesgesundheitsministerium sieht aber keine flächendeckende Entspannung des Corona-Infektionsgeschehens in Deutschland.
Es sehe so aus, dass der Höhepunkt der fünften Welle tatsächlich in der Mehrheit der Bundesländer überschritten sei - dies gelte aber nicht für alle, sagte ein Sprecher am Freitag in Berlin. Insgesamt habe man es nach wie vor mit einer recht hohen Inzidenz zu tun, in einigen Bundesländern stiegen die Inzidenzen weiterhin.
Am Freitag sind in Deutschland weitere Corona-Maßnahmen weggefallen. In der Gastronomie und Hotellerie etwa gilt nun die 3G-Regel, nach der auch Ungeimpfte mit negativem Test zum Beispiel im Restaurant essen dürfen. Auch die lange geschlossenen Clubs und Diskotheken dürfen wieder öffnen, dort gilt die 2G-plus-Regel. Bei Großveranstaltungen sind mehr geimpfte oder genesene Zuschauer (2G) zugelassen.
Die Lockerungen sind der zweite Schritt des bundesweiten Lockerungsplans, den Bund und Länder Mitte Februar beschlossen hatten. Ab dem 20. März sollen im dritten Schritt „alle tiefgreifenderen“ Maßnahmen entfallen, wenn die Lage in den Kliniken es zulässt. Die bundesweite Rechtsbasis für solche Maßnahmen läuft am 19. März aus. Sogenannte Basisschutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht in Innenräumen sollen aber bestehen bleiben.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach rief zu weiterer Vorsicht beim Corona-Kurs im Frühling auf. „Wir müssen wachsam sein“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagabend bei einer Online-Diskussion der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Lauterbach bekräftigte, dass auch Wegfall aller tiefgreifenden Corona-Beschränkungen zum 20. März „bestimmte Basisschutzmaßnahmen“ weiter nötig seien. Bei den laufenden Beratungen über eine neue bundesweite Rechtsbasis dafür gehe es daher darum, „eine unmittelbare Antwort“ auf eine mögliche neue Verschärfung der Corona-Lage zu bekommen.
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) will, dass der Basisschutz bestehen bleibt. „Es ist klar: Die nächste Welle kann im Herbst oder Winter auf uns zurollen. Das sagen uns alle Experten und darauf müssen wir vorbereitet sein“, sagte Wüst.
Rund 13.200 Dosen Nuvaxoxid verabreicht
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck ist dagegen für eine Ende der Maskenpflicht im Sommer. „Wir müssen in einen Sommerreifen- und Winterreifen-Modus übergehen Im Herbst und Winter Maske, im Sommer nicht“, sagte Streeck im Podcast „Die Wochentester“ von Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und „Kölner Stadtanzeiger (Freitag). Es sei klar, dass das Virus bleiben werde. „Anstatt zu hoffen, dass wir die Infektionsketten immer durch eine Impfung alle drei Monate unterbinden, ist es wichtig, dass jeder eine Grundimmunität aufbaut. Wir werden uns alle noch irgendwann mit diesem Virus leider infizieren.“
Am Donnerstag hatte das RKI nach längerem Rückgang wieder einen leichten Anstieg der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz gemeldet. Am Freitag war der Anstieg sogar deutlich, von 1174 auf 1196. Der Anteil der wohl noch leichter übertragbaren Omikron-Untervariante BA.2 wächst seit Jahresbeginn kontinuierlich. Fachleute befürchten seit Wochen, dass die Ausbreitung von BA.2 die Omikron-Welle verlängern und den Rückgang der Fallzahlen verlangsamen könnte.
Seit knapp einer Woche wird in Deutschland der neue Novavax-Impfstoff verimpft. Zuletzt zählte das Robert Koch-Institut (RKI) rund 13.200 Dosen des Impfstoffs Nuvaxoxid des US-Herstellers, die als Erstimpfung verabreicht wurden. Bei dem Impfstoff handelt sich um einen Proteinimpfstoff - also eine andere Technologie als bei den bisher zumeist eingesetzten mRNA-Präparaten von Pfizer/Biontech und Moderna, gegen die manche Menschen Bedenken haben.
Lauterbach hatte Donnerstag gesagt, dass das Präparat aktuell „nicht wirklich erfolgreich“ verimpft werden könne. „Wir versuchen das natürlich, wir kämpfen dafür.“ Mittlerweile sei aber auch eine „Verhetzung“ dieses Impfstoffes durch Impfgegner in sozialen Medien weit fortgeschritten, so dass er nicht wirklich platzierbar sei.
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