Was Sie heute wissen müssen
Keine Debatte? Peinlich | Diesel für 1,22 Euro | Landwirte in der Klemme
Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.
Stellen wir uns vor, die Große Koalition wäre noch an der Bundesregierung, Russland hätte vor drei Wochen die Ukraine überfallen, der ukrainische Präsident Selenskyj hätte vor dem Bundestag eine Brandrede gehalten, und die Bundesregierung hätte der grünen Opposition eine Debatte darüber verweigert. Die Grünen-Fraktion wäre ausgerastet, die FDP mutmaßlich auch. Ganz sicher. Absurd ein solches Szenario, meinen Sie. Ganz und gar nicht. Genau so spielte es sich gestern im Bundestag ab, nur dass die Grünen und die FDP nun Teil der Koalition sind und justamente der CDU/CSU diese Debatte verweigerte. Stattdessen wurde nach der beeindruckenden Rede des ukrainischen Regierungschefs mit der Tagesordnung fortgefahren und zwei Abgeordnete durften sich über Geburtstags-Glückwünsche freuen. Peinlich? Unwürdig? Gewiss. Petra Herterich sprach mit ostfriesischen Abgeordneten, und Berlin-Korrespondentin Rena Lehmann kommentierte den denkwürdigen Vorfall.
Schade, dass es so gelaufen ist, denn zuletzt spielte unser Land eine sehr positive Rolle: Als Zufluchtsort für Kriegsflüchtlinge, auf dem diplomatischen Parkett und auch mit der Entscheidung, mehr für die europäische Sicherheit zu tun. Aber die wahren Helden sind die Bürger. Zum Beispiel der Emder Autohändler Wilhelm Bredemeier. Ursprünglich wollte er nur Verbandskästen mit abgelaufenem Verfallsdatum für die Opfer des Krieges sammeln, mittlerweile hat sich diese Aktion aber nach dem Schneeballprinzip zu einer großen Hilfsaktion entwickelt. Der Geschäftsmann will sich gemeinsam mit einem Freund an diesem Sonnabend selbst auf den Weg an die polnisch-ukrainische Grenze machen. Heiko Müller hat mit ihm gesprochen.
Ihre Solidarität zeigen die Ostfriesen durch Spenden - bei „Ein Herz für Ostfriesland“ gingen bis gestern rund 240.000 Euro ein - durch die Aufnahme von Flüchtlingen (morgen erscheint dazu ein Bericht auf unserer Webseite) und durch lautstarken Protest, wie übermorgen in Emden: Die Emder Motorradfahrerin Silke Kramp hat zu einer Fahrt für den Frieden und die Ukraine aufgerufen. Am Sonntag startet der Korso gegen 12.15 Uhr bei der Raiffeisen-Tankstelle in Neermoor. Gegen 13 Uhr soll der Parkplatz der Sparkassen-Arena in Aurich erreicht werden. Dort ist ein einstündiger Aufenthalt eingeplant, wonach es nach Emden geht. Gegen 14.30 Uhr erwartet sie die Ankunft bei dem Parkplatz im Schulzentrum bei der Nordseehalle.
Als meine Kollegen Jasmin Keller und Claus Hock vor einer Woche mit einem Wohnmobil an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren waren, hatten sie Erlebnisse, die sie ihr Leben lang nicht vergessen werden. Vieles davon können Sie, liebe Leserinnen und Leser, auf dieser multimedial aufbereiteten Webseite nachlesen. Auffällig war, wie viele Ukrainer ihre Haustiere mit auf die Flucht genommen hatten. Deshalb sind jetzt auch Tierschützer in Ostfriesland gefordert, Tiere aufzunehmen. Michael Hillebrand hat sich mit Sonja Lindemann, der Vorsitzenden des Norder Vereins Aktive Tierfreunde, unterhalten.
Die hohen Spritpreise sind nicht nur für Krabbenfischer, Spediteure und Pendler existenzgefährdend, sondern auch für unsere Bauern. Diesel, Strom und Gas sind nicht die einzigen Kostentreiber, auch die Preise für Dünger und Kraftfutter schießen aufgrund des Kriegs in die Höhe. Peter Habbena aus Schoonorth, der Landesvorsitzende des Bundesverbands deutscher Milchviehhalter (BDM), rechnet im Gespräch mit Ole Cordsen mit dramatischen Folgen: „Wenn wir in vergangenen Jahren davor gewarnt haben, statt eines Strukturwandels einen richtigen Strukturbruch zu bekommen: Ich bin überzeugt, jetzt wird er eintreten, jetzt kommt er in der breiten Fläche.“ Auch Bäuerin Maren Osterbuhr aus Strackholt ist in Alarmstimmung: „Man frag sich, von welchem Geld, das man nicht hat, man all das eigentlich bezahlen soll.“
1,22 Euro für einen Liter Treibstoff. Was in der jetzigen Situation wie ein Traum klingt, wurde am Donnerstag Wirklichkeit: An einer Tankstelle in Warsingsfehn war Diesel unglaublich günstig. Eine Fehlschaltung hatte den falschen Preis auf der Preistafel der Vela-Tankstelle erscheinen lassen. Der folgende Ansturm auf die Zapfsäulen sorgte für einen Polizeieinsatz. Tobias Rümmele berichtet.
Fußballer Patrick de Buhr vom SV Holtland könnte ganz groß rauskommen. Am Sonntag hatte er sich im Bezirksliga-Spitzenspiel gegen Bunde nach einem Abpraller ein Herz genommen und das Leder aus rund 30 Metern am völlig verdutzten Bunder Keeper volley ins Netz gehämmert. Zu seinem Glück hatte der regionale Fernsehsender Ems-TV das Spiel übertragen und das Tor aufgenommen. Nun wurde die Aufnahme bei der ARD-Sportschau für das „Tor des Monats“ eingereicht. Matthias Herzog berichtet.
Und noch eine Nachricht vom Sport. Kickers Emden ist voriges Wochenende mit einem Auswärtssieg großartig in die Aufstiegsrunde gestartet. Am morgigen Sonnabend sollte das erste Heimspiel gegen den SV Ramlingen/Ehlershausen im Ostfriesland-Stadion zu Emden stattfinden. In Kooperation mit staige.tv wollte unsere Sportredaktion die Partie im Video-Livestream zeigen und hatte dazu den renommierten Live-Kommentator Hardy Kloßek gewonnen. Jetzt hat sich das Thema erstmal erledigt: Wegen mehrerer Corona-Fälle musste Kickers die Partie gestern Abend absagen. Ingo Poppen berichtet.
Was heute wichtig wird:
- Die „MS Ella“ auf dem Nordgeorgsfehnkanal soll wieder in Schuss gebracht werden. Läuft alles glatt, sind schon in diesem Sommer wieder Ausflugsfahrten möglich. Tobias Rümmele berichtet.
- In der vergangenen Woche wurden am Emsdeich in Terborg und in Leer drei Schafe von einem Wolf gerissen. Wie sehen die Schäfer die Situation mit dem Raubtier? Michael Kierstein hat mit ihnen gesprochen.
- Krieg macht betroffen: Viele Menschen spenden derzeit viel Geld an Hilfsorganisationen für die Ukraine. Aber woran erkenne ich seriöse Spendenaktionen? Worauf sollte ich achten? Nora Kraft berichtet.
- Ingo Lenz aus Wiesmoor verfüttert Mais an Kühe. Aus dem Dung und der Gülle gewinnt er Strom. Er ist einer der ersten in Ostfriesland, die ein Güllekraftwerk errichtet haben auf ihrem Hof. Ole Cordsen sah sich den Betrieb an.
- Ein Leben ohne Masken hat ein Kind aus Emden wie viele andere Kinder nie kennengelernt: Es wurde am Tag geboren, als der erste Lockdown unser aller Leben veränderte. Stephanie Tomé hat mit der Familie gesprochen.
- Rund 600 Kilogramm Müll verursacht jeder Ostfriese im Jahr. Mona Hanssen hat sich zum Welttag des Recyclings angesehen, wie viel Müll in Ostfriesland entsteht, welchen Weg er eigentlich nimmt und gibt Tipps, wie man den Abfall richtig trennt.