Krieg in der Ukraine

Unbürokratische Hilfe für Ukrainerinnen und Kinder

Horst Kruse
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Von Horst Kruse
| 18.03.2022 18:14 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Ralph Butzin inmitten der Geflüchteten, die er nach Barßel und ins Saterland gebracht hat (von links) Svitlana Voit, ihre Kinder Makar Korolivk und Hanna Bautina, Ralph Butzin, Anastasiya Levchenko und Hlib Levchenko. Foto: Kruse
Ralph Butzin inmitten der Geflüchteten, die er nach Barßel und ins Saterland gebracht hat (von links) Svitlana Voit, ihre Kinder Makar Korolivk und Hanna Bautina, Ralph Butzin, Anastasiya Levchenko und Hlib Levchenko. Foto: Kruse
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Nach einem Hilferuf aus Kiew entstand der Verein Up to Help. Ralph Butzin holt Kriegsflüchtlinge in die Region und kümmert sich um Wohnraum. 3000 Euro gab es von „Ein Herz für Ostfriesland“.

Barßel, Saterland, Oldenburg, Leer - Als Ende Februar Russland den Krieg in der Ukraine begann, war für Michael Kröger schnell klar: Meine Familie - das sind seine Lebensgefährtin Anastasiya Levchenko und deren Sohn Hlib - muss hier raus. Der gebürtige Barßeler lebt seit 2015 in der ukrainische Hauptstadt Kiew. Der 49-Jährige nahm über Facebook Kontakt mit dem Oldenburger Ralph Butzin auf.

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Beide hatten sich vor etwa zehn Jahren in Rhauderfehn in einem Fitnessstudio kennengelernt, danach aber kaum noch Kontakt. „Ich habe nicht lange überlegt und bin in die Ukraine gefahren“, sagt Ralph Butzin. Ein Schrotthändler, einst selbst geflohen vor Krieg und Terror, stellte ihm kostenlos einen alten Transporter zur Verfügung. Butzin fuhr in die westukrainische Stadt Lemberg nahe der polnischen Grenze und brachte nicht nur Krögers Familie in Sicherheit, sondern auch gleich deren Nachbarin Svitlana Voit und deren beiden Kinder. Michael Kröger und der Ehemann von Svitlana Voit blieben in Kiew.

3000 Euro von „Ein Herz für Ostfriesland“

„Als ich das Elend in den Sammellager in Lemberg gesehen habe, war mir klar, wir müssen noch mehr Menschen schnell da rausholen“, sagt Butzin. Innerhalb weniger Tage hat er gemeinsam mit Kröger den Verein Up to Help mit Sitz in Oldenburg gegründet und inzwischen zwölf weitere Kriegsflüchtlinge nach Deutschland geholt. In Oldenburg hat der Verein für diese Menschen, es sind Frauen und Kinder aus drei Familien, ein Haus gemietet. Das stand leer und wurde innerhalb kurzer Zeit durch Spenden mit Möbeln eingerichtet. Eine Spende in Höhe von 3000 Euro gab es für Up to Help von der Hilfsorganisation „Ein Herz für Ostfriesland“ der Zeitungsgruppe Ostfriesland.

„Ziel des Vereins ist es, Menschen, die unverschuldet in eine Notsituation geraten sind, unbürokratisch und schnell zu helfen“, sagt Butzin. „Mit den Spenden können wir dafür Sorge tragen, dass die Menschen die ihr Leben und ihr Land hinter sich lassen mussten, ihre Würde bewahren können.“ Inzwischen habe Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies die Schirmherrschaft übernommen, sagt Butzin.

Kostenlose Busfahrten

„Hier geht es uns gut“, sagte Anastasiya Levchenko. Sie lebt mit ihrem Sohn in einer Wohnung im Saterland. Für Svitlana Voit und Kinder hat das Unternehmer-Ehepaar Anna und Arben Haxhijaj aus Barßel eine Wohnung zur Verfügung gestellt. „Die Wohnung stand leer, es ist selbstverständlich, dass wir helfen“, sagt Arben Haxhijaj, der selbst einst vor dem Krieg im Kosovo nach Deutschland flüchten musste. Pressesprecher Sascha Sebastian Rühl vom Landkreis Cloppenburg teilte mit, dass diesen Geflüchteten schnell geholfen werden soll. „Sie sollen sich bei der Gemeinde anmelden, dann erhalten sie auch finanzielle Unterstützung.“ Eine Sofort-Maßnahme des Landkreises sei außerdem, dass die Flüchtlinge Busse und den Rufbus Moobil+ kostenlos nutzen können.

Für Butzin ist klar: „Wir holen noch mehr Menschen hierher.“ Er habe inzwischen etliche weitere Wohnungsangebote auch aus dem ostfriesischen Raum erhalten. „Es hat sich herumgesprochen, was wir machen“, sagt Butzin. In Kiew hat Michael Kröger derweil für die kommende Woche einen Konvoi mit Lastwagen geplant. Er soll, sofern es die Sicherheitslage zulässt, Flüchtlinge nach Lemberg bringen. „Auf dem Rückweg werden dann dringend benötigte Hilfsgüter nach Kiew gebracht“, erklärt Butzin. „Das ist aber abhängig von der Lage vor Ort. Ob es klappt, wissen wir nicht.“ Die beiden aus der Ukraine geflüchteten Frauen hoffen, dass sie schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Nur einen Rucksack mit Kleidung haben die Geflüchteten aus Kiew mitgebracht.

Unternehmen wollen Arbeitsplätze bieten

Arbeiten würden sie auch sofort gerne, sagen sie. „Tatsächlich sagen mir das alle, die hierherkommen“, sagt Butzin. Er habe inzwischen auch Kontakt mit Unternehmern in Oldenburg. „Sie wollen die Menschen in Lohn und Brot bringen.“

Um weitere Spenden für Up to Help zu erhalten, hat Ralph Butzin zu einer Benefiz-Sportveranstaltung aufgerufen. Rückmeldung habe es aus mehr als 40 Städten gegeben, nicht nur aus Deutschland. Butzin ist als Organisator vieler Indoorcycling-Veranstaltungen bekannt und setzt auch in dieser Krise auf die Kraft der Gemeinschaft: An zwei Tagen will er mit möglichst vielen sportbegeisterten Menschen ein Zeichen für den Frieden in der Ukraine setzen – und den Menschen im Kriegsgebiet helfen. An diesem Samstag können Unterstützer beim Fitness im Ziegelhof in Oldenburg gegen eine Spende in der Zeit von 12 Uhr bis Mitternacht eine Stunde beim Spinning in die Pedale treten. „Jeder Teilnehmer kann das spenden, was er gerne beitragen möchte“, sagt Butzin.

„Ein Herz für Ostfriesland“

Wer ukrainischen Kriegsflüchtlingen helfen möchte, kann das mit einer Überweisung an „Ein Herz für Ostfriesland“ mit der IBAN DE 94 2856 2297 0414 5372 02 (Raiffeisen-Volksbank, Aurich) tun. Bitte geben Sie das Stichwort „Ukraine“ an. Wer nicht möchte, dass sein Name veröffentlicht wird, vermerke das bitte bei der Überweisung.

Jeder gespendete Euro wird gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung gestellt, die sich um ukrainische Kriegsflüchtlinge kümmern. Es gibt keine Abzüge, die Verwaltungskosten trägt die ZGO. Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden. Wichtig: Dabei muss die vollständige Adresse mitgeteilt werden.

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