Aachen (dpa)

Mordprozess nach mutmaßlichem Autorennen

Ulrike Hofsähs, dpa
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Von Ulrike Hofsähs, dpa
| 25.03.2022 15:59 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Das Justizzentrum Aachen mit dem Amts- und Landgericht. Foto: Marius Becker/dpa
Das Justizzentrum Aachen mit dem Amts- und Landgericht. Foto: Marius Becker/dpa
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Laut Anklage ging dem tödlichen Zusammenstoß ein illegales Autorennen in der Eifel voraus. Zwei Fahrer stehen vor Gericht - ein 20-Jähriger wegen Mordes.

Kurze schwarze Haare, Brille, ein hochgeknöpftes weißes Hemd, Jeans: Ein unauffälliger junger Mann nimmt auf der Anklagebank im Landgericht von Aachen Platz. Dem 20-Jährigen wird Mord vorgeworfen.

Er soll mit einem Freund ein illegales Autorennen auf einer kurvenreichen Straße in der Eifel gefahren sein. Beim Überholen kam es zu einem tödlichen Crash. Im entgegenkommenden Auto starb ein acht Jahre altes Mädchen, Fahrer und Beifahrerin überlebten.

Wegen versuchten Mordes ist ein 21-Jähriger angeklagt. Er soll sich an dem Rennen im zweiten Wagen beteiligt haben. Beide Angeklagten hätten einen „kurzfristigen Adrenalin-Kick“ über anderes Leben gestellt, trägt die Staatsanwältin vor.

Der Unfall am 3. August 2020 ereignete sich in den Sommerferien, als auf der Straße im Ausflugsziel Eifel mit entsprechend mehr Verkehr gerechnet werden musste. Die beiden jungen Männer seien auf der Landstraße viel zu schnell gefahren. Mordmerkmale seien Heimtücke und niedere Beweggründe, so die Anklage.

Der Angeklagte weint

Nach einer guten Stunde ergreift der 20-Jährige das Wort. „Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen“, sagt er. Er habe das Auto gefahren, mit dem es zu dem Zusammenprall kam. Er könne nur sagen, dass ihm das Geschehene unglaublich leid tue. Dann bricht er in Tränen aus, die Stimme kippt weg.

Der Verteidiger liest die vorbereitete Erklärung weiter vor. Darin beteuert der junge Mann, er habe den Unfall nicht bewusst provoziert. Diese Vorstellung sei absurd. Auch er selbst wurde schwer verletzt und hat möglicherweise dauerhaft Folgeschäden.

Die Anwälte warfen der Staatsanwaltschaft vor, sie habe sich bei den Ermittlungen vorschnell festgelegt. Aus dem Erscheinungsbild des Wagens habe man auf ein Rennen geschlossen, sagte ein Verteidiger. Dann sei in Richtung dieser „Arbeitshypothese“ ermittelt worden. Die Angehörigen des getöteten Mädchens sind Polizeibeamte. Er befürchte, dass dies eine Rolle spiele, und dass man bewusst oder unbewusst Partei ergreife.

Die zur Tatzeit 19-jährigen Autofahrer saßen zeitweise in Untersuchungshaft und sind nun auf freiem Fuß. Der inzwischen 21-jährige zweite Angeklagte äußerte sich zunächst nicht.

Ein Polizist, der am Unfallort war, berichtete, dieser unverletzt gebliebene Mann sei sehr nervös gewesen und habe immer auf seinem Handy rumgetippt. Er habe gesagt, dass er sich vor der Fahrt mit seinem Freund parallel auf der Straße aufgestellt und Telefonkontakt gehabt habe. Der erste Verdacht sei Handynutzung als Unfallursache gewesen, so der Beamte.

Doch eine Autofahrerin habe von riskanten Überholmanövern berichtet - und dass die Wagen eng beisammen fuhren. Mit Blick auf den Verlauf der Straße bei Simmerath sagte der Beamte: „Das erinnert schon ein bisschen an den Nürburgring.“ Der Prozess ist auf zwölf Verhandlungstage angelegt.

© dpa-infocom, dpa:220325-99-672519/4

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