Surabaya (dpa)

U-Boot-Drama vor Bali bleibt Rätsel

Ahmad Pathoni und Carola Frentzen, dpa
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Von Ahmad Pathoni und Carola Frentzen, dpa
| 20.04.2022 19:40 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Das U-Boot KRI Nanggala der indonesischen Marine fährt in den Gewässern vor Ost-Java. Foto: Eric Ireng/AP/dpa
Das U-Boot KRI Nanggala der indonesischen Marine fährt in den Gewässern vor Ost-Java. Foto: Eric Ireng/AP/dpa
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Das Verschwinden eines U-Boots vor Bali hielt vor einem Jahr viele in Atem. Nach vier Tagen gab es traurige Gewissheit: Es war havariert und die gesamte Besatzung tot. Noch immer sind viele Fragen offen.

Den Hinterbliebenen bleibt nicht mehr als die Namen ihrer Lieben auf einer schwarzen Granittafel. Das Meer hat die Leichen von 53 Seeleuten, die am 21. April 2021 vor Bali in einem U-Boot der indonesischen Marine verunglückten, nicht mehr freigegeben.

„Wir sind auf ewiger Patrouille“ steht auf einem Denkmal, das im Januar in Indonesiens zweitgrößter Stadt Surabaya enthüllt wurde. Dort war die in Deutschland gebaute KRI Nanggala-402 in See gestochen. Vier Tage nach dem Verschwinden wurde das Wrack dann in 800 Metern Tiefe entdeckt, zerbrochen in drei Teile. Ein Jahr danach gibt es immer noch mehr Fragen als Antworten.

Ein Rückblick: Der Kontakt bricht gegen 3.00 Uhr morgens während einer Routinemission ab, nachdem die Crew gerade um Erlaubnis gebeten hat, zwecks einer Torpedoübung tiefer zu tauchen. Dann verschwindet das knapp 60 Meter lange U-Boot, etwa 95 Kilometer vor der Urlaubsinsel Bali. Eine fieberhafte Suche mit Spezialschiffen und Sonar beginnt. Experten befürchten schnell das Schlimmste, weil der Sauerstoff an Bord nur für 72 Stunden ausreicht. Zudem darf das Boot nur 250 bis maximal 500 Meter abtauchen. Danach kann es dem Druck nicht mehr standhalten - und wird gefaltet wie eine Ziehharmonika.

Keine Bergung geplant

Das 1395 Tonnen schwere Wrack wird wohl für alle Zeiten auf dem Meeresgrund ruhen. Pläne, es zu heben, gibt es nicht. Um sich die Dimension vorzustellen: Die „Nanggala“ liegt doppelt so tief unter der Meeresoberfläche wie das Empire State Building hoch ist. Eine Bergung wäre nicht nur kompliziert, sondern auch kostspielig und gefährlich, sagte Soleman B. Ponto, ein pensionierter Admiral der indonesischen Marine, der Deutschen Presse-Agentur. „Und selbst wenn wir es bergen könnten, hätte dies keinen offensichtlichen Nutzen.“

Bergungen aus großer Tiefe sind extrem schwierig. Das zeigt auch das Schicksal des argentinischen U-Boots „ARA San Juan“. Das Schiff mit 44 Seeleuten an Bord war im November 2017 auf der Fahrt von Ushuaia nach Mar del Plata verschwunden. Erst ein Jahr später gelang es einer Suchmannschaft der privaten Firma Ocean Infinity, das U-Boot in mehr als 900 Metern Tiefe zu orten. Die Behörden schlossen eine Bergung aus, weil Argentinien nicht über die technischen Mittel verfüge.

Wartung oder Wasserschwellung?

Was das Unglück der „Nanggala“ verursacht hat, ist derweil noch immer ein Mysterium. „Es gibt keine laufende Untersuchung. Diese wurde sofort eingestellt, als die Suchaktion beendet war“, sagte eine Offizierin der indonesischen Marine, die anonym bleiben wollte. Ponto hat aber eine Theorie: Auslöser könnten Reparatur- und Wartungsarbeiten gewesen sein.

Das U-Boot wurde 1978 von der Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel gebaut. Seit 1981 war es im Dienst der indonesischen Marine. Von 2009 bis 2012 wurde es in Südkorea generalüberholt. Seither konnte es vier Torpedos gleichzeitig auf verschiedene Ziele abschießen. Die Höchstgeschwindigkeit unter Wasser wurde von 21,5 Knoten (40 km/h) auf 25 Knoten (46 km/h) erhöht.

„Man kann nicht einfach das Originaldesign von U-Booten manipulieren“, sagte Ponto. „Bei U-Booten, die so alt sind wie die „Nanggala“, sollte man beim Originaldesign bleiben, weil das Risiko zu hoch ist.“ Zwar sei die Unglücksursache nicht letztlich geklärt. „Aber wenn wir uns das Alter, die Wartungsgeschichte und die letzten Reparaturarbeiten ansehen, könnte all das ein Faktor gewesen sein.“

Ein früherer Kommandant der „Nanggala“ brachte hingegen die Theorie ins Spiel, dass eine enorme Wasserschwellung - bekannt als interne Einzelwelle - das U-Boot in die Tiefe gezogen haben könnte. Im Englischen heißen solche gefährlichen Strömungen „Oceanic Nonlinear Internal Solitary Waves“. Der Nasa zufolge kommen sie gerade in der Lombokstraße vor, der Meerenge zwischen Bali und der Nachbarinsel Lombok, wo Wasser vom Pazifik in den Indischen Ozean fließt.

Familien entschädigt

Seit dem Unglück verfügt die indonesische Flotte nur noch über vier U-Boote. Das Militär will aber bis 2029 acht bis zehn Neuzugänge erwerben. Im Februar unterzeichnete der örtliche Marineschiffbauer PT PAL eine vorläufige Vereinbarung mit der französischen Naval Group über den Bau von zwei U-Booten der Scorpène-Klasse.

Für die Familien der toten Seeleute wurden als Entschädigung Häuser gebaut. Und eben jenes Denkmal mit einem originalgetreuen Nachbau der „Nanggala“ und den Namen der 53 Toten. Surabaya sei als Standort ausgewählt worden, weil hier die meisten Angehörigen lebten. So müssten sie nicht an die Balisee fahren, um ihrer Lieben zu gedenken, sagte Admiral Yudo Margono bei der Einweihung.

© dpa-infocom, dpa:220420-99-972308/2

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