Was Sie heute wissen müssen Müllparadies Ostfriesland | Gasheizung über alles | Weltgrößter Gallimarkt

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 29.09.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Klar nervt es jeden von uns, wenn wir bei Spaziergängen im Hammrich oder im Wald auf Müllablagerungen stoßen. Was sind das für Leute, die ihren ausgedünnten Kühlschrank oder den Inhalt ihres Schuppens einfach in der Natur entsorgen - und das in einem Land, das Mülltrennung und -entsorgung annähernd perfekt organisiert hat. Was wir sehen, ist aber offenbar nur die Spitze des Eisbergs. Das Gewerbeaufsichtsamt in Emden weiß viel mehr. Wie sich bei einer deutschlandweiten Umfrage der Journalistinnen Stefanie Helbig und Viktoria Steiber („Müllparadies Deutschland“) herausstellte, sind der Behörde vier wilde Müllkippen mit tausenden Tonnen Abfällen aller Art in Ostfriesland bekannt.

In Wittmund, Bunde, Uplengen und Filsum finden sich diese illegalen Ablagestellen, die meist nicht mal den betroffenen Rathäusern bekannt sind und seit zehn Jahren vor sich hinrotten. Laut Gewerbeaufsichtsamt sei keine der Altlasten derzeit umweltgefährdend. Trotzdem irritiert, dass die Beseitigung so lang dauert, weil es so aufwändig ist, die Verursacher auf dem Rechtsweg dazu zu zwingen. Daniel Noglik berichtet, und ich bin mir sicher, dass er nicht locker lassen wird, bis er mehr über die Müllkippen herausgefunden hat.

Anzunehmen ist, dass Friedrich Merz, Chef der CDU, als er diese Woche ukrainische Kriegsflüchtlinge als „Sozialtouristen“ beschimpfte, noch nie in einer Sammelunterkunft war. Vielleicht sollte ihn die Stadt Emden ja mal einladen, die inzwischen auch die Nordseehalle komplett mit Neuankömmlingen belegt hat. 72 „Gäste“ sind dort untergebracht, in Zelten, die zu „Dörfern“ zusammengefasst sind. Die städtischen Mitarbeiter tun alles, um den Kriegsflüchtlingen, die oft alles verloren haben, eine sichere Zuflucht zu bieten. Heiko Müller hat sich in der Nordseehalle umgesehen und blickt auch voraus: Bis zu 300 Gäste erwartet Emden in den nächsten Wochen. Und ein Ende des russischen Vernichtungskriegs ist nicht in Sicht.

Eine für uns noch spürbarere Kriegsfolge sind die explodierenden Gaspreise. In Ostfriesland wirken sie sich sogar auf noch mehr Menschen aus als in anderen Regionen Deutschlands. Denn nirgendwo sonst wurde in den vergangenen Jahren bei Wohnungsneubauten so stark auf den Energieträger Gas gesetzt wie in Ostfriesland. In Aurich und Leer bei über 90 Prozent der Neubauten, in Wittmund knapp darunter und in der Stadt Emden bei über 83 Prozent. Zum Vergleich: Deutschlandweit lag dieser Wert im Mittel bei deutlich unter 50 Prozent. Claus Hock hat sich die Zahlen angeschaut, die in Kooperation mit dem Journalisten-Netzwerk Correctiv ermittelt wurden, und mit der EWE darüber gesprochen, wie diese Abhängigkeit reduziert werden kann. Fazit: Es geht, aber nicht von heute auf morgen.

Vom Gas zum Tourismus. Wie Sie wissen, hängt ja alles mit allem zusammen. Und die Verunsicherung durch steigende Energiepreise hat sich offensichtlich auch auf die Reiselust geschlagen. Im Juli sanken die Übernachtungszahlen im Vorjahresvergleich, nicht überall in Niedersachsen, aber in Ostfriesland. Unsicherheit ist ein Grund, wie Lukas Münch erfragt hat, aber auch die Tatsache, dass Auslandsreisen in diesem Sommer wieder möglich waren. Das relativiert dann auch für die Experten den Rückgang um gut vier Prozent, wiewohl die Perspektiven für den Winter nicht günstig sind. Manche Gastwirte (und auch Hoteliers) haben errechnet, so habe ich gehört, dass sie angesichts der gestiegenen Heizkosten besser fahren, wenn sie ihren Betrieb gerade nicht öffnen. Der Druck auf die Bundesregierung, zielgenaue Entlastungen zu beschließen, steigt weiter.

In der unendlichen Geschichte um Hayo Moroni, Rechtsanwalt und Ratsherr auf Norderney, wurde gestern ein weiteres Kapitel geschrieben. Der „Maskenrebell“, wie er gerne genannt wird, muss jetzt doch keine 100 Euro Bußgeld bezahlen. Der Grund: In dem Ordnungswidrigkeiten-Bescheid wegen Maskenverweigerung im Gerichtssaal war ein falsches Datum eingetragen worden. Das Amtsgericht Aurich stellte deshalb das Verfahren ein. Aber die Geschichte geht weiter: Weil die Angelegenheit noch nicht verjährt ist, will die Kreisverwaltung Moroni nun ein neues Bußgeld aufdrücken. Was für ein Hin und Her. Marion Luppen hat die Gerichtsverhandlung verfolgt.

Erinnern Sie sich? Gestern erst berichteten wir ausführlich über den Diebstahl von zwei Feuerwehr-Fahrzeugen aus dem Feuerwehrhaus in Aurich-Plaggenburg, die Stunden später beschädigt im Wald gefunden wurden. Was soll der Unsinn, lautete die naheliegende Frage als Leser. Und ein Unsinn war es offenbar auch, wenn auch ein folgenreicher. Als tatverdächtig ermittelt wurde nämlich ein 18-Jähriger. Er war, wie Grit Mühring gestern erfragt hat, offenbar auch als Einzeltäter unterwegs.

Gestern in zwei Wochen wird der Gallimarkt eröffnet. Auf dieses größte Volksfest in Ostfriesland freuen sich nicht nur viele Leeraner, sondern auch die Schausteller. 20 Großfahrgeschäfte sind angekündigt, darunter neun, die der Gallimarkt noch nicht kennt. Zum Beispiel den Airborn, eines der größten transportablen Hochfahrgeschäfte. Im Internet wird es als größter Propeller der Welt beschrieben, berichtet Katja Mielcarek. „Das wird ein Jahrhundert-Gallimarkt“, sagt denn auch Timo von Halle, Vorsitzender der ostfriesischen Schausteller, voraus. Die Jahrmärkte in den vergangenen Monaten hätten gezeigt, wie groß der Nachholbedarf der Besucher nach der Corona-Pause sei. Er rechnet „mit einem gigantischen Besucheransturm“. Nun denn, wer’s mag. Ich wünsche schon jetzt viel Vergnügen.

Was heute wichtig wird:

  • In Hesel wird die Bundesstraße 436 saniert. Das sorgt für Stau und Frust bei den Autofahrern. Tobias Rümmele erklärt, was genau gebaut wird und wann der Verkehr wieder fließt.
  • Am nordöstlichen Stadtrand von Leer entsteht eine Tankstelle von Score und ein Neubau des Autohaus Völker und Peters. Michael Kierstein fragt nach, wie der aktuelle Stand ist.
  • Die Staatsanwaltschaft Aurich legt einem 50-Jährigen unter anderem den sexuellen Missbrauch eines Kindes in 140 Fällen zur Last. Da der Angeklagte vorige Woche nicht erschien, geht der Prozess heute los.
  • Jens Schönig berichtet aus dem Amtsgericht Aurich. Dort ist ein 31-Jähriger angeklagt. Er soll im April 2021 in Victorbur eine Frau ins Osterfeuer geschubst haben. Sie erlitt Brandverletzungen.
  • Patrick Senner und Eike Schmidt wollen im August 2023 ein Figurentheater in Aurich im alten Lazarett eröffnen. Lars Löschen traf die beiden und sprach mit ihnen über ihre Pläne für dieses Theater.
  • Würstchen im Wasserkocher zubereiten, Fisch in der Spülmaschine und Ei in der Mikrowelle? Im Internet finden sich viele Tipps, wie energiesparend gekocht werden kann. Mona Hanssen fragte Fachleute.
  • Am Samstag wird in der Emder Innenstadt Erntedankfest gefeiert. Dorothee Hoppe weiß bereits, was die Gäste erwartet. Schon jetzt kann verraten werden, dass es wieder Kartoffelpuffer gibt.
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