OZ-Weihnachtsaktion Der Weg zum Brotkorb Rheiderland fiel ihr nicht immer leicht
Seit 14 Jahren kauft die Weeneranerin Elfriede Zillmer beim Brotkorb vergünstigt Lebensmittel ein. Was die Einrichtung für die 83-Jährige bedeutet.
Weener - Ihren Rentennachweis muss Elfriede Zillmer schon lange nicht mehr vorzeigen, wenn sie beim Brotkorb Rheiderland in Weener einkaufen geht. Seit der Eröffnung der Einrichtung im Jahr 2008 ist Elfriede Zillmer dort Kundin und mittlerweile bei allen bekannt. Der Brotkorb Rheiderland unterstützt, wie die Tafeln, bedürftige Menschen in Ostfriesland mit Lebensmittel-Spenden. Gegen einen Nachweis, wie zum Beispiel einen Rentennachweis, der ein geringes Einkommen belegt, erhalten Menschen die Möglichkeit, beim Brotkorb für einen Betrag von vier Euro einkaufen zu gehen. Er ist jeden Mittwoch geöffnet.
„Ich brauche meinen Rentenschein schon seit Jahren nicht mehr vorzeigen“, sagt Zillmer und lacht. Sie ist von Beginn an Kundin in der Einrichtung von Volker Kraft, der außerdem das soziale Kaufhaus betreibt. Noch heute erledigt die 83-Jährige ihre Einkäufe dort manchmal mit dem Fahrrad. „Jeden Morgen, wenn ich aufstehen kann, sage ich, hoffentlich wird das heute wieder ein schöner Tag!‘“ Die Weeneranerin ist derzeit gesundheitlich eingeschränkt. Ihre Lungen und das Herz bereiten ihr Probleme im Alltag. „Wenn ich keine Luft kriege, ist das fürchterlich.“ Für größere Einkäufe im Brotkorb begleitet sie eine Bekannte mit dem Auto. Zillmer geht jeden Mittwoch in der Einrichtung einkaufen. Wenn sie vom Brotkorb spricht, leuchten ihre Augen. Sie ist gerne dort.
Anfeindungen im Supermarkt
„Ich kann mir jetzt noch ein bisschen was weglegen von meiner kleinen Rente“, sagt sie. „Aber wenn ich jede Woche 50 Euro zum Einkaufen ausgeben müsste, könnte ich das sicherlich nicht.“ Lebensmittel wie Butter, Milch oder Sahne kaufe sie im Supermarkt. Vielleicht mal ein Stück Käse. „Es gibt auch Butter im Brotkorb, aber das ist eher selten.“ In der Auslage im Supermarkt, in der günstigere Produkte angeboten werden, schaue sie gerne rein, sagt Elfriede Zillmer. „Da ist mir egal, wer hinter mir steht und guckt.“ Auch wenn sie dabei schon Kommentare gehört habe wie: „Die sitzt schon wieder da in den Angeboten.“ Aber das sei doch nicht schlimm, habe sie da gedacht. „Es wird doch angeboten.“
Anfeindungen habe sie während ihrer Einkäufe beim Brotkorb bisher nicht erlebt. „Auf den Brotkorb lasse ich nichts kommen. Da bist du Mensch. Das ist echt schön“, sagt sie. Auch das Angebot des sozialen Kaufhauses nehme sie seit vielen Jahren wahr. „Ich habe fast keine Klamotte an, die ich da nicht gekauft habe“, sagt sie und zeigt auf ihre beige Stoffhose. „Die ist uralt, aber ich habe sie immer wieder gerne an. Wenn ich Kleidung neu kaufen müsste, wäre ich an der knappen Kante“, sagt sie.
Scham vor den Nachbarnt
Sie habe nie im Überfluss leben können, fährt Zillmer fort. „Mein Mann trank jeden Tag. Er war jeden Tag betrunken“, sagt sie und schluckt. Nach einer kurzen Redepause fährt sie fort: „Das war keine schöne Zeit.“ Ihr Mann habe damals viel Geld ausgegeben. „Meine Mutter war auch keine reiche Frau. Sie blieb nach dem Krieg mit vier kleinen Kindern sitzen. Ihr Mann galt nach dem Krieg als vermisst und wurde dann für tot erklärt. Dadurch kannte ich keine großen Verhältnisse mit dem Geld. Aber wir haben schön gelebt, meine Mutter war zufrieden. Das habe ich immer versucht, auch zu sein.“ 2005 ließ sich Elfriede Zillmer von ihrem Mann scheiden. Die Zeit solle vergessen sein, sagt sie, komme aber immer wieder hoch.
Noch bevor Elfriede Zillmer dann zum ersten Mal zum Brotkorb ging, kaufte sie bereits im Sozialkaufhaus Kleidung ein. Was war das für ein Gefühl? „Das war nicht schön. Aber das ging noch“, antwortet die 83-Jährige. Kleidung kauften Menschen eher. „Als wir dann in der Schlange stehen mussten zum Kauf für Lebensmittel, da konnte einen ja jeder sehen“, erzählt sie. „Da habe ich mich anfangs weggedreht.“ Der Weg zum Brotkorb habe sie damals Überwindung gekostet. Sie habe sich geschämt. Auch vor der Nachbarschaft. „Heute sage ich: Seid froh, dass es das Haus gibt. Ich denke gerne zurück. Ich war froh, wenn ich dort schönes Brot oder sogar Kuchen bekommen habe.“ Mit der Zeit sei es ihr leichter gefallen, zum Brotkorb zu gehen. „Ich gehe einfach einkaufen. Aber eben dort. Und ich werde nett und lieb behandelt. Das macht auch etwas aus“, sagt Elfriede Zillmer. Seit Jahren kenne sie schon keine Preise mehr. „Ich staune immer, wenn ich die Reklamen sehe.“ Ab und zu kaufe sie auch ein Schwarzbrot dazu oder Fleisch von der Fleischerei Leggedör in Weener.
Viel mehr als nur Orte zum Einkaufen
Außerdem sind der Brotkorb und das Sozialkaufhaus für Elfriede Zillmer viel mehr, als nur Orte zum Einkaufen. Es gebe beim Brotkorb einen Tisch, an dem Menschen sich treffen und Kaffee trinken – gegen einen kleinen Obolus. Dort treffe sie auch Bekannte, die nicht dort einkauften. Früher ging die 83-Jährige zum Kegeln, war regelmäßig schwimmen und sang in einem Chor. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme sei sie heute viel zu Hause. Der jüngste ihrer drei Söhne helfe ihr im Haushalt und im Garten. Zuhause fühlt sie sich gut. Erledigt kleine Gartenarbeiten oder löst gerne Kreuzworträtsel.
Sie freue sich an jedem Mittwoch, dass sie zum Brotkorb gehen könne. „Wenn ich klagen würde, täte ich eine große Sünde. So gut geht es mir. Vielleicht nicht unbedingt gesundheitlich. Aber sonst. Ich leide nirgendwo eine Not. Und dann muss man dankbar und zufrieden sein. Und das bin ich.“
So können Sie spenden
Jeder Euro hilft den Tafeln in Ostfriesland und dem Brotkorb Rheiderland. Wer spenden möchte, kann dies per Überweisung unter dem Stichwort „OZ-Weihnachtsaktion 2022“ tun. Die Bankverbindung lautet: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH, IBAN DE28 2859 0075 0011 1112 01, Ostfriesische Volksbank eG.
Es kann außerdem via Paypal gespendet werden. Alle Informationen gibt es auch auf der Internetseite von „Ein Herz für Ostfriesland“ .