Menschen in Einsamkeit #KeinerBleibtAllein – auch nicht in Ostfriesland

| | 20.12.2022 12:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Einsamkeit ist ein Problem, welches immer mehr Menschen in Deutschland betrifft. Verschiedene Initiativen wollen etwas dagegen tun. DPA-Symbolfoto: Sommer
Einsamkeit ist ein Problem, welches immer mehr Menschen in Deutschland betrifft. Verschiedene Initiativen wollen etwas dagegen tun. DPA-Symbolfoto: Sommer
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Immer mehr Menschen fühlen sich einsam. Initiativen dagegen gibt es, eine konzentriert sich vor allem auf Weihnachten und Silvester – und ist auch in Ostfriesland aktiv.

Ostfriesland - Immer mehr Menschen fühlen sich einsam. Gerade in der Weihnachtszeit, in der sich in Film und Fernsehen, in den Medien, in der Werbung viel um Familie, Freunde, Liebste und Gemeinschaft dreht, kann dieses Gefühl überbordend werden. Die Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen hat da in den vergangenen zwei Jahren viel verschlimmert. Doch es gibt Initiativen, die gegensteuern.

Was und warum

Darum geht es: Eine bundesweite Initiative will dafür sorgen, dass an Weihnachten und Silvester niemand allein bleiben muss.

Vor allem interessant für: diejenigen, die Menschen zum Ende des Jahres etwas Gutes tun wollen und für diejenigen, die unter Einsamkeit leiden.

Deshalb berichten wir: Wir waren im Internet auf die Initiative #KeinerBleibtAllein afmerksam geworden.

Den Autor erreichen Sie unter: c.hock@zgo.de

Doch was ist Einsamkeit? Es ist vor allem ein Gefühl und kann, muss aber nicht mit tatsächlicher Isolation einhergehen. „Einsamkeit entsteht, wenn die eigenen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen“, schreibt dazu das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend auf seiner Internetseite. Und weiter: „Der empfundene Mangel kann sich sowohl auf die Zahl der Kontakte als auch auf die Tiefe und Enge der Bindungen beziehen. Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, daher sind die Ursachen für Einsamkeit individuell und lassen sich nur schwer verallgemeinern.“

#KeinerBleibtAllein: Digitale Initiative

Besonders betroffen, das berichtet auch die Krankenkasse Barmer auf ihrer Internetseite, sind nicht nur ältere Menschen. Tatsächlich zieht sich das Gefühl der Einsamkeit, seit Corona noch schlimmer, durch alle Altersklassen und gesellschaftliche Schichten. Das hat auch Christian Fein festgestellt. Der Mannheimer ist Initiator einer besonderen Initiative, die gerade mit dem Neustart kämpft: #KeinerBleibtAllein.

Christian Fein will mit #KeinerBleibtAllein Menschen aus der Einsamkeit holen. Foto: privat
Christian Fein will mit #KeinerBleibtAllein Menschen aus der Einsamkeit holen. Foto: privat

Unter diesem Schlagwort (oder: Hashtag, deswegen das #) ist die Initiative seit fünf Jahren in sozialen Netzwerken unterwegs. „KeinerBleibtAllein ist ein digitales Projekt in den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter, Instagram und Mastodon und vermittelt zu Weihnachten und Silvester seit dem Jahr 2017 Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum, die allein sind in Gesellschaft“, heißt es auf der Internetseite keinerbleibtallein.net. „Bei uns können sich Menschen suchen, die Gesellschaft suchen und Menschen, die Gesellschaft anbieten wollen“, so Fein im Gespräch mit dieser Zeitung.

Neustart nach Corona

Diese Vermittlung bezieht sich vor allem auf die beiden großen Feiertage im Jahr: Weihnachten und Silvester. 2019 haben rund 90.000 Menschen sowohl als Suchende als auch als Gebende in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz teilgenommen. „Dann mussten wir 2020 aussetzen und 2021 ging nur unter starken Kontaktbeschränkungen“, so Fein.

In diesem Jahr wolle man aber den Neustart wagen. Rund 20.000 Menschen haben sich bereits registriert, weil sie Gesellschaft suchen oder bieten wollen. Erstmals in diesem Jahr hat Fein einen Topf ins Leben gerufen, mit dem auch Armutsbetroffenen für die Treffen unter die Arme gegriffen werden kann.

Auf dem Land spielt Mobilität eine Rolle

„Wir rechnen noch mit mehr Teilnehmern“, sagt Fein. Das Problem: Nach den beiden Corona-Jahren muss die Initiative erstmal wieder ins Rollen kommen – und das auch im ländlichen Bereich. „Gerade in Bereichen wie Ostfriesland sind wir noch nicht so bekannt“, sagt Fein. So war auch kein Gastgeber bereit, mit dieser Zeitung über das Projekt zu sprechen. „Das liegt aber eben auch daran, dass in den vergangenen zwei Jahren durch Corona kaum vermittelt wurde bzw. werden konnte. Vorerfahrungen also nicht vorliegen können“, so Fein.

Außerhalb größerer Städte würde zudem das Thema Mobilität eine Rolle spielen. „Deswegen fragen wir, wenn Menschen aus kleineren Orten kommen und Gesellschaft suchen, auch immer ab, wie mobil sie sind“, erklärt Fein.

Kontakt über Soziale Netzwerke

Aktuell verzeichnet die Initiative „quer über Ostfriesland verteilt“ noch 48 Menschen, die über Weihnachten oder Silvester Gesellschaft suchen. „Ein paar konnten wir auch schon zu Gastgebern vermitteln“, sagt Fein. Diese Vermittlung laufe eigentlich immer gleich ab. Wer Gesellschaft sucht und wer Gesellschaft bietet, kann sich über Facebook, Twitter, Mastodon oder Instagram an #KeinerBleibtAllein wenden. Dann guckt das Team hinter der Initiative, ob Angebot und Nachfrage in den Orten und Städten zusammenpassen. „Wenn es dann eine Übereinstimmung gibt, können die Menschen selbst entscheiden, wie sie sich kennenlernen wollen. „Meistens wird dann erstmal geschrieben oder telefoniert“, sagt Fein.

Weitere Initiativen

Auch Hilfetelefone, beispielsweise folgende vom Bundesfamilienministerium geförderten Beratungsangebote unterstützen bei Einsamkeit:

  • Die Nummer gegen Kummer: das Elterntelefon unter 0800 111 0 550 und das Kinder- und Jugendtelefon unter 116 111
  • Die Telefon-Seelsorge unter 0800 111 0 111, 0800 111 0 222 oder 116 123. Alle Hilfetelefone bieten auch online Unterstützung an.

Bewusst ist die Sache nicht öffentlich gehalten, eine öffentliche Datenbank an Gastgebern gibt es also nicht. Wichtig bei #KeinerBleibtAllein: Nur mit der Anmeldung geht niemand Verpflichtungen ein. „Wenn die Vermittlung nicht passt, kann man immer noch Nein sagen“, sagt Fein. Auch wenn man als Gastgeber plötzlich selbst irgendwo eingeladen ist, kann man sein Angebot immer zurückziehen. Die Vermittlung ist ebenfalls kostenlos, auch ansonsten entstehen bei #KeinerBleibtAllein keine Kosten für die Teilnehmer.

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