Was Sie heute wissen müssen Chance für Boris | Aufreger bei H.P. | Küsse in Wiesmoor
Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.
Es ist noch gar nicht lang her, da stellte das Saarland fast so viele Bundesminister, wie es Einwohner hat: Altmaier, Kramp-Karrenbauer, Maas. Nun, so scheint es, hat Niedersachsen das Momentum: Heil, Baerbock und nun auch Pistorius - nicht zu vergessen SPD-Chef Klingbeil. Boris Pistorius, der gestern von Bundeskanzler Scholz ernannte neue Verteidigungsminister, widerspricht sowohl dem Gebiets- wie auch dem Geschlechterproporz, und trotzdem könnte er der richtige Mann am richtigen Platz sein - denke ich und schrieb dazu einen Kommentar über den „roten Sheriff“. Für den Satz „Jungs stehen nun mal mehr auf Jungs“ werde ich aber bestimmt noch Prügel beziehen, dass die Bundeswehr einen männlichen Oberbefehlshaber bevorzugt, entspricht nicht unbedingt dem Zeitgeist.
Immerhin, auch Gitta Connemann, CDU-Bundestagsabgeordnete und von mir gestern noch wegen ihrer geschichtsvergessenen Worte gerügt, gibt dem ehemaligen Osnabrücker Oberbürgermeister und amtierenden niedersächsischen Innenminister Kredit: „Er ist ein Neuling im Thema und im Bund – und das während eines Krieges. Aber er hat eine Chance verdient.“ Petra Herterich über ostfriesische Reaktionen zur Beförderung von Boris Pistorius.
Erste Wahl von Olaf Scholz dürfte der „harte Hund aus Osnabrück“, wie ihn unser Berlin-Korrespondent Tobias Schmidt nennt, nicht gewesen sein. Am 9. Januar soll der Bundeskanzler vom bevorstehenden Rücktritt Lambrechts erfahren haben, erst am Montag machte er Pistorius das neue Jobangebot. Oder nicht? Karolina Meyer-Schilf und Tobias Schmidt haben versucht, die letzten Tage zu analysieren. Der 62-jährige Pistorius ist nun am Zenit seiner Karriere, „er kann daher frei aufspielen“, schreibt Burkhard Ewert in seinem Kommentar. Dass Christine Lambrecht in ihrer kurzen Amtszeit einige wesentliche Entscheidungen getroffen hat, sollte angesichts all der Kritik an ihrer Amtsführung nicht unter den Tisch fallen, schreibt Tim Prahle. Burkhard Ewert hält sie für ein „Opfer des Quotendenkens“.
Zurück nach Ostfriesland: Hans Peter Geerdes, weltbekannt unter seinem Künstlernamen H.P. Baxxter, weiß, wo er herkommt und verleugnet seine Heimatstadt nicht. Dort, in Leer, fand Montagabend die Premiere der Dokumentarfilms „FCK 2020 - zweieinhalb Jahre mit Scooter“ statt. Anwesend waren neben Baxxter und dessen Mutter, die Regisseurin Cordula Kablitz-Post, viele Weggefährten und geladene Gäste und Nikola Nording - insgesamt 460 Besucher. In dieser Woche ist die Doku, eine, wie Nikola schreibt, „spannende Band-Dokumentation, selbst, wenn man mit Techno nichts anfangen kann“, in mehreren ostfriesischen Kinos zu sehen.
„Leer ist immer etwas Besonderes. Ich bin auch etwas aufgeregt. Es ist schon krass, ich kenne das Kino noch als Deli und war als Kind und Jugendlicher hier. Ich hätte nie damit gerechnet, hier einmal einen Film zu zeigen“, erzählte Baxxter, als Nikola Nording ihn vor der Filmvorführung interviewte.
Mehr als 500 Millionen Euro Verlust hat Aurichs wichtigstes Unternehmen Enercon im Jahr 2021 gemacht. Die Zahlen für 2022 sind noch nicht bekannt, die Zahl der gebauten Windräder, so viel steht fest, entsprach allerdings ganz und gar nicht den Erwartungen. „Fehlende Teile, die aufgrund zerbrochener Lieferketten den pünktlichen Aufbau verhindert haben, aber auch Investoren, die angesichts deutlich gestiegener Kosten vor der Umsetzung ihrer Projekte zurückscheuen“, hatten dem Konzern zugesetzt, schreibt Ole Cordsen. Preissteigerungen zwischen 30 und 40 Prozent waren die Folge. Trotzdem ist man bei Enercon optimistisch. Angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch Klimawandel und den Energiekrieg mit Russland „gibt es für unsere Gesellschaft keine Alternative als schnell und konsequent die erneuerbaren Energien auszubauen“, heißt es aus der Konzernzentrale.
Im Zweifel für den Angeklagten. Nach dieser Maxime sorgen die Verteidiger von Christian Rademacher-Jelten im Drogen-Prozess zur „Wiesmoor-Connection“ um höchstmögliche Verwirrung. Beispiel gefällig? Die auf Rademacher-Jeltens Rechnung gekaufte Tauchpumpe soll zur Entwässerung eines Kellers gedient haben – und nicht etwa zum Bewässern der im Mai gefundenen Cannabisplantage, wie es das Gericht annimmt. Einen wegen des angeblichen Wasserschadens beantragten Gutachter als Zeugen lehnte Richter Björn Raap allerdings ab. Auch die weiteren Anträge fanden nicht sein Wohlgefallen, wie Prozessbeobachter Daniel Noglik notiert hat.
Der Digitalisierung und allen vergangenen Vorhersagen zum Trotz ist das papierlose Büro bis heute eine Chimäre. Eher im Gegenteil, es scheint, der Papierverbrauch nehme eher zu als ab. Die öffentliche Verwaltung könnte eine Vorreiterrolle spielen, durch den Gebrauch von Recyclingpapier. Noch in den 1990er Jahren gab es darüber große öffentliche Debatten. Und heute? Nicole Böning hat nachgefragt, ein Beitrag zu unserer Klimaserie.
Irgendwie spüren wir es ja alle jeden Tag an der Supermarktkasse: Nicht nur Energie, auch Lebensmittel sind in den vergangenen 12, 15 Monaten deutlich teurer geworden. Um sieben, acht, neun Prozent, so sagen es die Inflationsrechnungen. Aber das sind abstrakte Zahlen. Vera Vogt hat nun die Probe aufs Exempel gemacht, ist einkaufen gegangen und hat die Preise mit jenen verglichen, die sie in Angebotsprospekten von 2019 fand. Besonders krass: Butter ist mehr als doppelt so teuer, Kartoffelchips auch. Bei anderen Produkten sind die Unterschiede nicht so krass.
Mehr als vier Jahre her ist es, dass der Moscheeverein in Aurich eine Baugenehmigung für den Bau eines Gebetshauses an der Oldersumer Straße bekommen hat. Längst schon ist die Moschee in Betrieb. Jetzt ist auch der Rechtsstreit um die Genehmigung beendet. Die Kläger hatten geltend gemacht, dass eine Moschee nicht in ein Wohngebiet passe. Lärm und erhöhter Verkehr seien zu befürchten. Obwohl das Gericht deutlich machte, dass die Stadt obsiegen werde, stimmte sie einem Vergleich zu, wie Gabriele Boschbach ausführt. Der klingt interessant.
Wann haben Sie zuletzt geküsst? Wiesmoor soll sich zur „heimlichen Liebeshauptstadt Deutschlands“ entwickeln, wie der Bürgermeister es nennt? Ein kleines Projekt soll dabei helfen. Es nennt sich Kuss-Haltestelle. Ole Cordsen erklärt, worum es bei dieser äußerst sympathischen Idee geht.
Was heute wichtig wird:
- In Niedersachsen sollen künftig Bürgerräte die Politik beraten. Der Clou: Die Mitglieder werden aus der Bevölkerung per Zufall ausgelost. Macht das Sinn? Tobias Rümmele fragt bei Politikerinnen und Politkern nach.
- Längere Zeit hatten Handwerker das Problem, dass es zu wenig Material und zu wenig Personal gibt. Hat sich die Situation entspannt? Oder gibt es mittlerweile andere Probleme? Katja Mielcarek hat nachgefragt.
- Die Anklage legt einem 56-Jährigen schwere Brandstiftung zur Last. Mit einem Unkrautbrenner soll er ein Mehrfamilienhaus in Westoverledingen in Brand gesetzt haben. Nora Kraft verfolgt den Prozess in Aurich.
- Ein Mann und sein Kutter: Nicole Böning trifft Jann-Tjado Gosselaar. Er war Azubi von Gerold Conradi und kaufte den Kutter von dessen Onkel. Die GRE19 „Flamingo“ - ein Schiff mit Geschichte.
- Andreas Wermerßen aus Wiesmoor plant, ein Haus aus ökologischen Baustoffen zum Selbstkostenpreis zu bauen. Los gehen soll es in diesem Jahr mit dem Dach. Jens Schönig stellt das Bauprojekt vor.
- Alte Elektrogeräte müssen nicht zwangsläufig viel mehr Strom brauchen als neue. Mona Hanssen schaut sich Fakten und Mythen rund um „Stromfresser“ an und hat mit einem Gerät nachgemessen.
- Es geht wieder mal um höhere Löhne, um was auch sonst: Die IG Metall demonstriert an diesem Mittwoch in Emden. Lars Löschen mischt sich in den Demonstrationszug und berichtet.