Was Sie heute wissen müssen Streiks mit geringen Folgen | Wolf tötet im Stall | Fünf Gründe fürs Landleben
Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.
Seien Sie froh, dass Sie hier in Ostfriesland leben, auf dem Land. Und nicht in einer größeren Stadt. Denn der generalstreikähnliche Zustand, in den die Gewerkschaften Verdi und EVG gestern beim Nah- und Fernverkehr unser Land gestoßen haben, lief in der Region eher glimpflich ab: Wo es k(aum) einen öffentlichen Verkehr gibt, verpufft jeder Arbeitskampf. Gut, auch in unserer Region fuhren keine Züge, weil die Eisenbahner mit Tröten und Plakaten unter anderem am Leeraner Bahnhof demonstrierten, aber zusätzliche Staus, weil Pendler von der Bahn aufs Auto umstiegen, vermeldete die Polizei keine. Blöd war halt, dass Urlauber zum Beginn der Osterferien mit dem Zug nicht ans Ziel kamen.
Dürfen die Gewerkschaften eigentlich den ganzen Verkehr lahmlegen? Mit dieser Frage befasste sich auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Antwort: „Da kein gesetzliches Regelwerk für Arbeitskämpfe existiert, ist er auf jeden Fall nicht offensichtlich verboten.“ Allerdings gelte das Ultima-Ratio-Prinzip, soll heißen, ein Warnstreik muss verhältnismäßig sein. Dies wäre von den Tarifpartnern zu überprüfen, und die werden es nicht tun. Und geht es den Arbeitnehmern im Öffentlichen Dienst wirklich so schlecht, wie die Verdi-Forderung von über zehn Prozent Gehaltserhöhung glauben macht? Da hat der „Spiegel“ mal nachrecherchiert. Antwort: Nein. Im Jahr 2018 verdienten Vollzeitbeschäftigte bei öffentlichen Arbeitgebern im Mittel 46.092 Euro, das sind 3841 Euro pro Monat. Alle anderen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland erhielten im Mittel 40.872 Euro, also lediglich 3406 Euro pro Monat. Andere Branchen haben nicht einmal die Chance auf jene fünf Prozent Gehaltsplus, die die Arbeitgeber anbieten. Aber das nur nebenbei.
Gestreikt wurde gestern übrigens auch in Emden, im VW-Werk. 800 der 1200 Mitarbeiter des Personaldienstleisters Autovision, die im Volkswagen-Werk tätig sind, beteiligten sich an dem Warnstreik und ließen in zwei Schichten für jeweils eine Stunde die Arbeit ruhen. Auch bei diesem Unternehmen gehen das Angebot und die IG-Metall-Forderung weit auseinander. Bei diesem Streik, ohne externe Betroffene, ist die Verhältnismäßigkeit ganz sicher gewahrt. Martin Alberts fasst zusammen.
Es sind die Fälle zehn und elf (vielleicht auch zwölf) in diesem Jahr in Ostfriesland und Umzu. Gestern wurden wieder Nutzviehrisse durch Wölfe bekannt. Ein Fall in Sande in Friesland macht deutlich, dass ein Schutz vor Angriffen sehr schwierig, wenn nicht unmöglich ist. Die fünf Schafe, die Freitagnacht von einem Wolf getötet worden waren, befanden sich schon in ihrem Nachtquartier, einem Stall. Zudem gab es weitere Sicherungsvorkehrungen. Wie genau der Tathergang war, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Susanne Ullrich hat nachgefragt.
In Hinte hatte ein umherziehender Wolf in der Nacht zum Samstag vier Pferde in einem Offenstall angefallen und verletzt - alles ausgewachsene Tier mit einem Stockmaß von 1,50 Meter und mehr. Eines der Pferde musste operiert werden. Sonntagnacht wurden auf einer Weide in Schwittersum drei tote und zwei verletzte Schafe gefunden. „Die Spurenlage lässt nicht eindeutig auf einen Wolfsangriff schließen“, so die Landwirtschaftskammer. Eine DNA-Probe wird nun ausgewertet, berichtet Claus Hock. Er hat sich auch ein paar Videos von Wölfen angeschaut, die in sozialen Medien verbreitet wurden und sie auf ihre Echtheit überprüft.
Ob Olaf Lies froh ist, nicht mehr für die Wölfe zuständig zu sein, weiß ich nicht. Jetzt jedenfalls macht der frühere Umweltminister in seinem neuen Amt als Wirtschaftsminister in Häfen - und verkündet gute Nachrichten. „Wir werden dem Norden mehr Gewicht geben“, versprach er gestern bei der Jahrespressekonferenz der Niedersächsischen Hafenzentrale in Oldenburg. Vor allem der Energiewandel biete Chancen. „Unsere Häfen sind nicht mehr nur das Tor zur Welt, sie sind auch das Tor für die Energie.“ Oliver Bär verfolgte die Pressekonferenz.
Die niedersächsischen Seehäfen konnten 2022 immerhin das beste Jahr seit 2008 verzeichnen. In Ostfriesland ist die Bilanz gemischt. Der Emder Hafen verzeichnete laut André Heim, Geschäftsführer der Hafenmarketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen, einen Seegüterumschlag von rund 4,28 Millionen Tonnen, was dem landesweiten Plus von sechs Prozent entspricht. Auf nur noch 6626 Tonnen Warenumschlag im Seeverkehr kam der Leeraner Hafen, was einem Rückgang von rund 80 Prozent entspricht. Heim schob dies auch auf Probleme bei der Tiefe der Fahrrinne bei der Anfahrt zum Hafen.
Eine weitere Attraktivitätssteigerung erwartet Emden im Sommer, wenn die „MS Harmonika“ in den regelmäßigen Fährbetrieb nach Kristiansand in Norwegen geht. Der örtliche Einzelhandel, die Gastronomie und die Hotellerie sind jedenfalls begeistert von den Perspektiven, die sich durch die zusätzlichen Gäste bieten können. 2500 Passagiere und bis zu 300 Autos passen auf die Fähre. Emden sollte „nicht nur Durchgangsort sein, sondern auch dazu einladen, einen Tag vorher oder nachher noch Emden zu erleben“, beschreibt die Emder Touristik-Chefin und Stadtmarketing-Leiterin Martje Merten die Perspektiven. Heiko Müller hat mit ihr und Emder Unternehmern gesprochen.
Je größer die Wohnungsnot, umso problematischer der sogenannte Graue Markt: Vermieter, die die Not der Menschen ausnutzen, um Bruchbuden zu horrenden Mietpreisen anzubieten. Solche gibt es unter anderem in Leer. In einer verwahrlosten Wohnung hatte ein einschlägig bekannter Hauseigentümer vier seiner Mieter über Monate sogar Strom und Wasser abstellen lassen. Dafür war er verurteilt worden - milde, zu einer Geldstrafe von 1200 Euro, weil das Amtsgericht Leer sein monatliches Einkommen auf 1200 Euro geschätzt hatte. Das bezweifelte nun die zweite Instanz an. Aus 1200 Euro wurden 2100 Euro. Eine lächerlich geringe Strafe für den Oldenburger. Und das Problem des Grauen Wohnungsmarktes wird dadurch eher noch befördert, wie Katja Mielcarek in ihrem Kommentar schreibt.
Das muss man Tobias Rümmele lassen. Das Freiburger Großstadtkind hat in Ostfriesland die volle Dröhnung gesucht. Er zog bei seiner Ankunft vor gut drei Jahren so richtig aufs Land, in die Nähe von Rhauderfehn. Kurz vor seinem Abschied aus Ostfriesland - nachdem wir ihn bei der OZ zu einem erwachsenen Mann erzogen haben, will er zurück nach Freiburg - hat er noch eine Liebeserklärung an die Wahlheimat geschrieben. Er hat fünf Gründe gesammelt, die gegen die Großstadt und für ein Landleben (in Ostfriesland) sprechen. Die Stichworte lauten Natur, Zusammenhalt, Kultur, Wohnen und Zukunft. Gut gemacht, Tobi.
Was heute wichtig wird:
- Der Bau von Brücken und Straßen dauert gefühlte Ewigkeiten. Der Bau des LNG-Terminals in Wilhelmshaven ging dagegen sehr schnell. Gibt es ein Umdenken in der Politik? Tatjana Gettkowski hat nachgefragt.
- Die Stadt Leer hat viele Schulden, aber kein Geld. Da stellt sich der Haushalt von ganz alleine auf, sollte man meinen. Aber ist das wirklich so? Katja Mielcarek berichtet.
- Die Gemeinde Ihlow ist gut aufgestellt, wenn es um die Anzahl männlicher Erzieher in den Kitas geht. Einer von ihnen ist der gelernte Bankkaufmann Bertram Gerdes. Nicole Böning stellt ihn vor.
- Die Hafenkiste in Aurich hat seit drei Wochen einen neuen Betreiber, im Internet ist aber noch die alte Speisekarte. Wie wichtig ist das Internet für Gastronomen? Gabriele Boschbach fragt nach.
- Drei sind einer zu viel? Nicht für Menschen, die polyamor unterwegs sind - also mehrere Liebesbeziehungen gleichzeitig haben. Wie lebt sich das so? Rieke Heinig hat sich umgehört.
- Traditionell beginnt im April in Ostfriesland die Motorrad-Saison. Welche neuen Trends gibt es? Welche Treffen sind wichtig? Und was sagt die Polizei? Mona Hanssen berichtet.
- Wie viele Nordseegarnelen werden eigentlich pro Jahr von ostfriesischen Krabbenkuttern an Land gezogen? Und wie hat sich das Angebot an Granat verändert? Claus Hock schaut sich die Zahlen an.