Analyse: Vorschlag aus Aurich Auch Bundestagsfraktionen wollen mehr Transparenz auf dem Mietmarkt
Mittels Meldepflicht für neue Mietverträge könnten die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte eine lückenlose Mieten-Übersicht erstellen. Was halten die Bundestagsfraktionen davon?
Ostfriesland/Berlin - Vertreter der Bundestagsfraktionen haben teilweise positiv auf einen Vorschlag aus Ostfriesland reagiert, wie der Mietmarkt transparenter gemacht werden könnte. Der Vorsitzende des Auricher Gutachterausschusses für Grundstückswerte Martin Homes hatte auf Anfrage unserer Zeitung angeregt, die Mietverträge genauso den Gutachterausschüssen zu übermitteln wie Kaufverträge für Grundstücke und Häuser.
Mit diesem Vorschlag hat unsere Zeitung die Bundestagsfraktionen konfrontiert – und gefragt, ob sie analog zu den Immobilienpreisen eine jährliche oder sogar unterjährige Aktualisierung eines Mietspiegels in der Fläche befürworten.
So äußerte sich die CDU
Dr. Jan-Marco Luczak, bau- und wohnpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hat sich für eine differenzierte Betrachtung der Wohnungsmärkte in der Fläche ausgesprochen, weil es Wohnungsmangel in Städten, aber auch Regionen mit leerstehenden Wohnungen gebe: „Deswegen ist Transparenz auf dem Wohnungsmarkt so wichtig. Mietspiegel sind das zentrale Instrument, um Transparenz auf den Wohnungsmärkten herzustellen. Mietspiegel sind für Vermieter ebenso wie für Mieter enorm wichtig, sie machen transparent, was die marktübliche Miete ist.
Damit geben sie wichtige Orientierung und sind zugleich oftmals auch gesetzlich verbindlicher Rahmen für die Miethöhe. Wegen dieser herausragenden Funktion ist es wichtig, dass sie das tatsächliche Marktgeschehen abbilden […]. Um diese Funktion zu erfüllen, müssen Sie aktuell gehalten werden.“
So äußerte sich die Linke
Caren Lay, mietenpolitische Sprecherin der Linken, antwortete unter anderem: „Die Linke kritisiert seit Langem die fehlende Transparenz auf dem Immobilien- und Mietmarkt. […] Die bisherigen Instrumente zur Erfassung der Mieten im gesamten Bundesgebiet sind unzureichend, um die tatsächlichen Mieten darzustellen. […]
Die Linke befürwortet ein umfassendes Mietenkataster und damit eine zentrale Datensammlung über die tatsächlichen Mieten im gesamten Mietwohnungsbestand. […] Eine verpflichtende Übermittlung der Mieten an eine zentrale Sammelstelle in Form eines Mietenkatasters kann es auch kleineren Gemeinden ermöglichen, einen aktuellen Mietspiegel zu ermitteln.“
So äußerten sich die Grünen
Julian Pahlke, Grünen-Bundestagsabgeordneter aus Leer, nahm unter anderem wie folgt Stellung: „Die Transparenz des Mietmarktes, sowohl in den großen Städten wie auch auf dem Land, ist deutlich ausbaubar. Wir sehen seit Jahren nicht nur in den großen Städten, sondern auch in Ostfriesland deutliche Steigerungen bei den Mieten. […] Wenn wir regelmäßig aktuelle Zahlen haben, so würde uns etwa bei der Planung des sozialen Wohnungsbaus helfen.“
So äußerte sich die SPD
Johann Saathoff, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Emden (und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium) ließ unter anderem mitteilen: „Die Transparenz des Mietmarktes lässt aus meiner Sicht weiterhin zu wünschen übrig.“ Es gebe „kein Register, weder auf Bundes- noch auf Landes- oder Kommunalebene, in dem alle Mietverträge und damit das aktuelle Marktgeschehen abgebildet wären“. Und: „Wir befürworten Transparenz bei den Mieten, egal ob in der Fläche oder im urbanen Raum.“
So äußerte sich die FDP
Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, betonte: „Wichtig ist uns Freien Demokraten, dass Daten anonymisiert bleiben.“
So äußerte sich die AfD
Marc Bernhard, baupolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, äußerte sich unter anderem wie folgt: „Der Mietmarkt in Deutschland ist transparent. […] Mieten werden nicht durch Eigentümer verpflichtende Statistiken gesenkt, sondern durch gute Randbedingungen fürs Bauen, durch Kostensenkungen und eine gesteuerte, gesetzeskonforme Migration nach kanadischem Vorbild. […] Ich halte eine verpflichtende Erfassung von Mietpreisen für überflüssig und kontraproduktiv. Denn bei jedem Mietangebot steht auch der Mietpreis fest und zusätzliche Bürokratie führt nur dazu, dass weniger Wohnraum angeboten und zudem teurer wird.“
Transparenz-Mangel auf dem ostfriesischen Mietmarkt
Der Auricher Gutachterausschuss griff in seinem jüngsten Jahresbericht – mangels einer Übermittlungspflicht für Mietverträge – unter anderem auf Mietspiegel und Mietübersichten aus Ostfriesland zurück. Die Mietübersicht für den Landkreis Wittmund stammt aus dem Jahr 2014.
Sogenannte Mietspiegel gibt es derweil in Ostfriesland nur für die Städte Emden, Aurich und Norden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Mietspiegel nicht gleich Mietspiegel ist.
Was leisten bisherige Mietspiegel – und was nicht?
„Die üblichen Mietspiegel sind derzeit in ihrer Aussage sehr begrenzt, da sie nur auf Basis der Mieterhöhungen und (teureren) Wiedervermietungsmieten der letzten sechs Jahre berechnet werden“, kritisiert Linke-Sprecherin Lay. „Sie zeigen damit zwar das aktuelle Marktgeschehen an, sagen aber nichts über die tatsächlichen Mieten im Bestand in den Gebieten aus.“ Diese „ortsüblichen Vergleichsmieten“ lägen damit „vielmals weit über den nicht erfassten alten Bestandsmieten“ und würden damit „ insbesondere bei Wiedervermietung die Mietpreisspirale nach oben beschleunigen“.
Auf dieses Problem weist auch SPD-Abgeordneter Saathoff hin: „Solange die Mietspiegel nicht akkurat die Gesamtsituation der Mieten darstellen, ist eine jährliche oder gar unterjährige Aktualisierung nicht angemessen: damit würde der Mietspiegel nur laufend nach oben korrigiert werden, ohne dass älterer Bestand oder Sozialwohnungen angemessen berücksichtigt wären.“
Meldepflicht für Mieten als Basis für Marktuntersuchungen
Der Auricher Ausschuss-Chef Homes sieht eine Meldepflicht für Mieten wohlgemerkt nur als Grundlage, um den Mietmarkt „wesentlich transparenter“ untersuchen zu können. Das wäre sozusagen eine umfassende Mietenübersicht bezüglich der Neuverträge.
Grünen-Abgeordneter Pahlke fordert, dass „die im Koalitionsvertrag vereinbarte Stärkung des qualifizierten Mietenspiegels zügig umgesetzt“ wird. Danach müssten „die Mietverträge aus einem längeren Zeitraum, nämlich der letzten zehn Jahre, herangezogen werden“.
Andere Möglichkeiten für die Begründung von Mieterhöhungen – mit Vergleichsmieten – wollen die Grünen laut Pahlke „stark einschränken“. Die Mieten von neuvermieteten „Vergleichswohnungen“ werden laut der Leeraner Mieterbund-Chefin Anja Wurps von großen Wohnungsunternehmen oft zur Begründung von Mieterhöhungen herangezogen.
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